Presseschau zur Kavanaugh-Wahl "Dies ist der 'American Way' und es ist ein hässlicher Weg"
Brett Kavanaugh ist am Ziel, nach einer wochenlangen, zermürbenden Schlammschlacht ist er Richter am Supreme Court. Ein Blick in die internationale Presse.
Die "Washington Post" kommentiert die Berufung Kavanaughs an den Supreme Court so: "Kavanaughs Berufung unter diesen Bedingungen wird das linke Spektrum erzürnen und die ohnehin angeschlagene Legitimität des Gerichts weiter schwächen. Aber Kavanaugh unter diesen Umständen zu verhindern, hätte das rechte Lager erzürnt und die Blaupause geliefert, um künftige Kandidaten zu verhindern.
Doch den Opfern sexueller Gewalt wird mit dieser Wahl vermittelt: Ihr könnt euch hervorwagen, in einem traumatisierenden öffentlichen Prozess aussagen, Todesdrohungen erhalten und in den sozialen Medien niedergemacht werden – am Ende ist alles umsonst."
Die in London erscheinende "Sunday Times" schreibt: "Dies ist der ,American Way' und es ist ein hässlicher Weg. Präsident Trump hat nun zwar einiges zu feiern. Amerikas Wirtschaft läuft auf Hochtouren und der Supreme Court ist vollgepackt mit Konservativen. Doch das Land ist sogar noch stärker gespalten als bei seiner Wahl zum Präsidenten.
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Dabei waren seine nach anfänglicher Zurückhaltung geäußerten abfälligen Kommentare über die Anhörung von Professor Christine Blasey Ford angesichts seiner eigenen Playboy-Vergangenheit durchaus nicht hilfreich. Trump hat nicht zum ersten Mal von der Mobilisierung seiner Basis profitiert."
In der "Neuen Zürcher Zeitung am Sonntag" ist zu lesen: "Sex, Gewalt, Lügen, knallharte Machtpolitik. Die Affäre um Richter Brett Kavanaugh hat alle Bestandteile einer TV-Serie. Dies allein ist jedoch weder neu noch beunruhigend. Die Frage ist indes, wie sich der Fall auf die Zwischenwahlen auswirken wird.
Derzeit schreiben Auguren viel darüber, ob nun die Demokraten oder doch die Republikaner vom Richterdrama profitieren werden. Wichtiger ist aber die Frage: Wie viele Amerikaner werden überhaupt noch wählen gehen? Der Lärm, die Hysterie, die Polarisierung haben in den USA ein Niveau erreicht, das nicht nur mobilisiert, sondern auch lähmt und betäubt. Nach dem Fall Kavanaugh dürften sich noch mehr Wähler von der Politik abwenden. Und das ist tatsächlich beunruhigend."
Die "Süddeutsche Zeitung" meint: "Es gibt in diesem – so deutlich muss es gesagt werden – dreckigen Spiel keine Sieger. Brett Kavanaugh wird seinen Lebenszeit-Job am höchsten Gericht der USA antreten. Aber sein Ruf ist ruiniert. Nicht allein wegen der Vorwürfe, in seiner Jugend drei Frauen sexuell belästigt zu haben. Ob die Vorwürfe wahr sind, wird er mit sich selbst und seiner Familie ausmachen müssen. Beweisen lässt sich nichts mehr. Es ist vor allem sein desaströser Auftritt vor dem Senat in der Sache, der gezeigt hat, dass dieser Mann nicht die notwendige charakterliche Größe für das Amt besitzt.
Als Richter am Supreme Court wird Kavanaugh Entscheidungen fällen müssen, die Einfluss auf das Leben aller US-Amerikaner haben können. Wie sollen die Menschen einem Richter vertrauen, der es nicht schafft, in so einer Anhörung ehrlich und wahrhaftig mit seiner Vergangenheit umzugehen? Er wird noch in Jahrzehnten an diese Wochen im Sommer 2018 erinnert werden. Ihm ging es am Ende nicht um das Land. Es ging ihm nur noch um sich selbst."
In der in Rom erscheinenden Zeitung "La Repubblica" ist zu lesen: "Donald Trump hat gewonnen, er platziert seinen Kandidaten am Supreme Court, den ultrakonservativen Richter Brett Kavanaugh. Den klarsten Kommentar dazu formuliert die republikanische Senatorin, deren Stimme für den Richter entscheidend war. ,Wir haben den Boden berührt', sagt Susan Collins. Die Debatte über diese Nominierung war die Karikatur eines Wahlkampfs.'
Es ist eine Analyse, die jeder teilt, von rechts und von links, auch aus gegensätzlichen Gründen. Amerika zieht aus dieser Schlacht zerrissener denn je hervor. Das Vertrauen in eine der angesehensten Institutionen – den Obersten Gerichtshof – ist an einem historischen Tiefpunkt angelangt."
- dpa