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Rechte Revolte in Brasilien: Wie viel Trump steckt dahinter?


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Revolte in Brasilien
Die Spur führt nach Florida

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns, Washington

Aktualisiert am 10.01.2023Lesedauer: 5 Min.
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Brasilien: Anhänger von Ex-Präsident Bolsonaro stürmen das Regierungsviertel. (Quelle: t-online)

Der Putschversuch gegen Brasiliens Demokratie gleicht nicht zufällig dem Sturm auf das US-Kapitol. Trumps Verbindungen zu Bolsonaro haben die rechte Revolte ermöglicht.

Den geistigen Brandsatz für Brasilien legte Trumps langjähriger Chefstratege Steve Bannon im November vergangenen Jahres. Bei einer Veranstaltung von Rechtsnationalisten in Mexiko pries er die Proteste gegen den neuen brasilianischen Präsidenten Lula da Silva, der die Wahl knapp gegen den bisherigen Amtsinhaber Jair Bolsonaro gewonnen hatte, als mutig. Brasilien habe das gleiche Problem wie die USA, sagte Bannon. Und: "Es wird sehr interessant, zu sehen sein, wie das ausgehen wird."

Einen Videoausschnitt dieser Anfeuerungen des Amerikaners verbreitete Bolsonaros Sohn Eduardo an seine viele Millionen Follower. Unterlegt mit portugiesischen Untertiteln, damit auch jeder Brasilianer die Botschaft von Bannon verstehen kann. Seit diesem Auftritt in Mexiko hat Bannon die gleichgesinnten rechten Netzwerke in Brasilien immer wieder in seiner Sendung "Bannon's War Room" aufgewiegelt.

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Das Ergebnis: Viele Hundert Bolsonaro-Anhänger stürmten am vergangenen Sonntag das brasilianische Parlament, den Präsidentenpalast und das Oberste Gericht – ein gewaltsamer Angriff auf die drei Grundsäulen der Demokratie. Sie hinterließen eine Schneise der Zerstörung.

Die Bannon-Bolsonaro-Propaganda aus dem Hause Trump hat endgültig verfangen. Denn der gewaltbereite Mob ging davon aus, dass der neu gewählte Präsident Lula da Silva die Wahl vom rechtsnationalen Amtsinhaber Jair Bolsonaro mithilfe manipulierter Wahlmaschinen gestohlen hat. Es ist das gleiche Lügenprinzip, das Bannon gemeinsam mit Trump über dessen Amtsnachfolger Joe Biden und die Demokraten in den Vereinigten Staaten verbreitet. Das ist kein Zufall, sondern folgt einem perfiden Plan.

Die Einheit der internationalen Rechten

Seit Jahren spinnen Trump und sein Umfeld ihre Fäden nach Südamerika und um die ganze Welt, bis nach Deutschland zur AfD und nach Ungarn zu Viktor Orbán. Ob über eigene rechte, soziale Netzwerke, Nationalisten-Konferenzen, über persönliche Einladungen oder Beratungstätigkeiten – der Trumpismus und seine Strategien werden gezielt exportiert und finden überall ihre Nachahmer. Bolsonaros Spitzname lautet daher schon lange: der "Trump aus den Tropen".

Es ist kein Wunder, dass der Sturm auf Brasiliens Institutionen an diesem 8. Januar dem Sturm auf das US-Kapitol vor zwei Jahren in Washington gleicht. Selbst einzelne Figuren, wie der "Büffelmann" aus dem Kapitol scheinen im Vorfeld der Proteste kopiert worden zu sein von einem brasilianischen "Indianer" mit Federschmuck. Das Bolsonaro- und das Trump-Universum sind schon lange zu einer Einheit der internationalen Rechten verschmolzen.

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Aber nicht nur die Erzählungen vom Wahlbetrug ähneln einander. Auch das Verhalten von Trump und Bolsonaro ist vergleichbar. Der Ex-Präsident Brasiliens nahm wie Trump bewusst nicht an der Vereidigung seines Nachfolgers teil. Auch er erkennt den Sieg seines Kontrahenten bis heute nicht an. Auf die Gewalt seiner Anhänger reagierte Bolsonaro ebenfalls erst nach Stunden. Und das nur, indem er sich eher allgemein von gewaltsamen Protesten distanzierte. Es wirkt, als würde hier eins zu eins das Playbook Donald Trumps verfolgt.

Beratung aus dem Hause Trump

Die Rolle des rechten Einpeitschers übernahm am Tag des gewaltsamen Massensturms in Brasília wieder Steve Bannon. Menschen mit purer Zerstörungswut bezeichnete Trumps ehemaliger Chef-Stratege auf der rechtsextremen Twitter-Alternative Gettr als "brasilianische Freiheitskämpfer". Dazu schrieb er immer wieder: "Lula hat die Wahlen gestohlen. Die Brasilianer wissen das." Präsident Lula beschimpfte er als "kriminellen, marxistischen Atheisten". Eine Botschaft, die insbesondere an die Millionen von evangelikalen Anhängern Bolsonaros gerichtet ist.

Wie sehr das Bolsonaro-Umfeld mit dem Trump-Umfeld verbunden ist, bemühen sich die Akteure auch gar nicht zu verstecken. Man wähnt sich in einem gemeinsamen globalen Kampf gegen linke Marxisten. Bei einem Besuch in der US-Hauptstadt Washington im Jahr 2019 twitterte Bolsonaros Sohn Eduardo einst ein Foto mit Bannon, und schrieb, wie gut dieser Austausch gewesen sei. Zuletzt schrieb im November 2022 die "Washington Post" darüber, dass Bannon es sei, der die Bolsonaro-Familie nach der verlorenen Wiederwahl über die kommenden zu unternehmenden Schritte beraten würde.

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Die engen Bande mit Brasiliens Rechtsextremen reichen eindeutig in Trumps Mar-a-Lago-Domizil im US-Bundesstaat Florida. Bolsonaros Sohn Eduardo war hier schon öfter zu Gast, tauschte sich mehrfach mit Trump selbst und dessen Sohn Eric aus und traf noch viele weitere Trumpisten. Ein Foto von 2018 zeigt ihn als Bewunderer eines Porträts von Donald Trump in Mar-a-Lago.

Putsch-Pläne aus Florida?

Ausgerechnet nach Florida ist kurz vor der Vereidigung von Lula da Silva auch Ex-Präsident Jair Bolsonaro geflogen. Dort wolle er sich für ein bis drei Monate in Kissimmee, südlich von Orlando aufhalten, hieß es. Auf zahlreichen Videos sieht man Bolsonaro, wie er seine Fans in den USA regelmäßig mit kleinen Auftritten auf der Straße, in Fastfood-Restaurants oder im Supermarkt erfreut. Laut unbestätigten Medienberichten hatte Bolsonaro zu Silvester auch einen Besuch in Mar-a-Lago bei Trump geplant. Ob es wirklich dazu kam, ist nicht bestätigt. Trump selbst muss in den brasilianischen Angelegenheiten auch gar nicht mehr in Erscheinung treten.

Brasilianische Medien sammeln derzeit Belege dafür, dass der Aufstand von Brasília möglicherweise in Florida geplant wurde. Denn ausgerechnet Anderson Torres, der bolsonarotreue Sicherheitsminister des Bundesdistrikts Brasilia, hält sich derzeit in den USA auf. Er reiste vor Kurzem nach Orlando – also genau dorthin, wo sich Jair Bolsonaro momentan aufhält. Auffällig: Auch der rechte US-Verschwörungsideologe Ali Alexander kündigte jetzt an, nach Florida zu reisen. Er hatte bereits Ende Oktober auf Trumps sozialem Netzwerk "Truth Social" seine "Brüder in Brasilien" zum Militärputsch aufgerufen.

Längst nicht nur Steve Bannon soll den Bolsonaro-Clan beraten. Mit Jason Miller, dem Gründer der rechten Twitter-Alternative Gettr, pflegt ein weiterer politischer Berater Donald Trumps engen Kontakt mit den Brasilianern. Das Land ist neben den USA der wichtigste Markt für dessen Onlineplattform Gettr. Seit Jahren reist Miller für die rechte Vernetzung um die Welt und traf in Berlin unter anderem auch Beatrix von Storch im Deutschen Bundestag. In ihrem Bücherregal damals zu sehen: ein Foto des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro. t-online berichtete darüber.

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Rechtsnationalismus als Franchise-Idee

Ein weiterer Exportschlager rechtsnationaler Ideen nach Brasilien, die schließlich in anti-demokratischen Plänen münden, kommt ebenfalls aus dem Trump-Umfeld. Es sind eben jene rechtsnationalen Konferenzen, auf denen auch Steve Bannon im Mexiko sprach. Die "Conservative Political Action Conference" (CPAC) war ursprünglich ein halbjährlich veranstaltetes Treffen von Amerikas Rechtskonservativen in Washington.

Während der Pandemie zog man mit dem Zirkus aus Trumpisten, QAnon-Anhängern und religiösen Rechten nach Florida. Dort gab es keine Maskenpflichten. Die CPAC hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr zu einer riesigen Vernetzungsplattform der internationalen Rechten entwickelt, eine Art Franchise-Marke des internationalen Rechtskonservatismus. Organisator ist Matt Schlapp, verheiratet mit Mercedes Schlapp, die einst die Leiterin der strategischen Kommunikation des Ex-Präsidenten Donald Trump gewesen ist.

Schlapp exportierte das CPAC-Konferenzformat inzwischen in die ganze Welt. Im Mai vergangenen Jahres zog man in Orbáns Hauptstadt Budapest. Im Juni fand CPAC dann in São Paulo statt. Ganz vorne mit dabei: Eduardo Bolsonaro, der Sohn des damaligen Präsidenten. Zu den wichtigen Themen der Konferenz gehörte der propagierte Kampf gegen den "Terror des Kommunismus".

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Sehr wahrscheinlich werden sich zur rechten Revolte von Brasília keine Schriftstücke finden lassen, die eindeutige Anweisungen von Bolsonaro oder gar von Trump belegen werden. Auch das ist ein Prinzip des Trumpismus und seines Exports. Es muss nur ausreichend viel kommuniziert werden über Provokateure, die genau wissen, wie sie Zweifel säen und die Massen aufwiegeln. So etwas geschieht nicht per Befehl und auch nicht über Nacht. Es ist das langjährige Werk von vielen Gleichgesinnten, die sich kennen, sich austauschen und einander fördern.

Verwendete Quellen
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