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Shinzo Abe ist tot: Japans Ex-Premierminister stirbt nach Attentat


Drama in Japan
Japanischer Ex-Regierungschef Shinzo Abe stirbt nach Attentat

Von dpa, t-online
Aktualisiert am 08.07.2022Lesedauer: 3 Min.
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Ex-Regierungschef stirbt nach Anschlag: Aufnahmen zeigen den Angriff auf Abe. (Aufnahmen können verstörend wirken.) (Quelle: t-online)

Der 67-Jährige war bei einer Wahlkampfrede angeschossen worden. Nun ist Shinzo Abe im Krankenhaus gestorben.

Der frühere japanische Ministerpräsident Shinzo Abe ist erschossen worden. Der 67-Jährige wurde am Freitag in der japanischen Stadt Nara Opfer eines Mordanschlags. Tatverdächtig ist ein 41 Jahre alter Japaner, der noch am Tatort festgenommen wurde. Medienberichten zufolge feuerte der Mann zweimal mit einer selbstgebauten Schusswaffe auf den früheren Regierungschef. Der rechtskonservative Politiker brach daraufhin zusammen, blutete in der linken Brust und am Hals.

Am Tatort spielten sich dramatische Szenen ab. Auf Videoaufnahmen von Reportern sind die beiden Schüsse zu hören. Helfer führten an dem auf der Straße liegenden Abe erste Herzmassagen durch. Zunächst soll der Politiker noch bei Bewusstsein gewesen sein. Nach Angaben japanischer Medien erlitt Abe dann einen Herz-Kreislauf-Stillstand. Er wurde mit einem Hubschrauber in ein Krankenhaus verlegt.

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Tatverdächtiger mit Abe "unzufrieden"

Der Anschlag soll von einem Ex-Mitglied der Selbstverteidigungsstreitkräfte des Landes verübt worden sein. Das berichtet der Sender NHK unter Berufung auf Quellen im Verteidigungsministerium. Der am Tatort festgenommene Japaner habe bis 2005 drei Jahre lang der Marine des Landes angehört.

Der Verdächtige hat laut Polizei die Tat bereits gestanden. Der Verdächtige gab an, dass er einen Groll gegen eine bestimmte Organisation hege und die Tat begangen habe, weil er glaubte, dass der ehemalige Ministerpräsident Abe eine Verbindung zu ihr habe," sagte ein hochrangiger Polizeibeamter am Freitag. Nähere Angaben dazu machte er zunächst nicht.

Nach Polizeiangaben gab der mutmaßliche Attentäter an, für den Angriff eine selbstgebaute Waffe verwendet zu haben. Dies habe er den Ermittlern gesagt, sagte ein Polizeivertreter. Die Untersuchung sei noch nicht abgeschlossen, aber die verwendete Waffe sei "eindeutig" nicht aus professioneller Herstellung, fügte er hinzu.

Weltweites Entsetzen

Die Tat löste weltweit Bestürzung aus. Japans Regierungschef Fumio Kishida verurteilte die Attacke als "barbarischen Akt". Die Tat sei "vollkommen unverzeihlich". Er hatte zuvor einen Wahlkampfauftritt in der nördlichen Präfektur Yamagata abgebrochen und war im Hubschrauber zu seinem Amtssitz in Tokio zurückgekehrt. "Es ist ein Angriff auf die parlamentarische Demokratie und kann nicht toleriert werden", sagte der Präsident des Abgeordnetenhauses, Hiroyuki Hosoda.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) twitterte, das Attentat mache ihn "fassungslos und tieftraurig". Sein "tiefes Mitgefühl" gelte der Familie des Politikers und seinem Amtskollegen Kishida. "Wir stehen auch in diesen schweren Stunden eng an der Seite Japans."

Merkel: "Japan und die Welt verlieren einen großen Staatsmann.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) äußerte ebenso wie der britische Premierminister Boris Johnson und der französische Präsident Emmanuel Macron Entsetzen über die Tat. "Meine Gedanken sind bei ihm und seiner Familie", twitterte Baerbock. "Frankreich steht an der Seite des japanischen Volks", teilte Macron mit.

Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich bestürzt über den Tod von Abe. "Japan und die Welt verlieren mit Shinzo Abe einen großen Staatsmann. Ich verliere mit ihm einen politischen Weggefährten", schrieb die CDU-Politikerin am Freitag in einer auf ihrer Internetseite veröffentlichten Erklärung. Abes Wort habe Gewicht gehabt. "Seine Entscheidungen waren verlässlich. Sein Humor half, Widerstände zu überwinden. Er war mir ein enger Kollege und Freund", betonte Merkel.

Ministerpräsident Japans mit längster Dienstzeit

Abe war der am längsten amtierende Ministerpräsident Japans. Von 2012 bis 2020 setzte Abe zahlreiche Reformen um, die unter dem Schlagwort "Abenomics" bekannt wurden. Mit einer aktiven Wirtschaftsförderung aus lockerer Geldpolitik, hohen Staatsausgaben und Reformen wollte er Japan aus der jahrzehntelangen Deflation und Stagnation führen.

Zwar hat die Nummer Drei der Weltwirtschaft unter Abe zwischenzeitlich die längste Wachstumsphase seit Jahren erlebt. Zudem kurbelte er den Tourismus an, der vor der Corona-Pandemie viel Geld ins Land brachte. Gleichzeitig aber hätten die "Abenomics" dazu geführt, dass die Gewinne in den vergangenen Jahren ungleich verteilt worden seien, beklagten Kritiker. Ein Drittel aller Beschäftigten ist ohne Festanstellung.

2020 trat Abe aus gesundheitlichen Gründen zurück, blieb aber auch danach eine prägende Kraft in der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP).

Japan wählt am Sonntag

In Japan finden am Sonntag Wahlen zum Oberhaus statt. Es wird erwartet, dass die LDP einen haushohen Sieg erringen wird. Damit könnte die Debatte um eine Verfassungsänderung an Fahrt gewinnen. Das Inselreich Japan hat mit die schärfsten Waffengesetze weltweit und gilt als eines der sichersten Länder der Welt überhaupt.

Abe gehörte zu den entschiedenen Verfechtern einer Revision der pazifistischen Nachkriegsverfassung. Er glaubte, dass Japans Verfassung nicht der einer unabhängigen Nation entspricht, da sie 1946 von der Besatzungsmacht USA aufgezwungen worden sei. Im Artikel 9 der Verfassung verzichtet Japan "für alle Zeiten auf den Krieg als ein souveränes Recht der Nation und auf die Androhung oder Ausübung von Gewalt als Mittel zur Beilegung internationaler Streitigkeiten".

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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