"Eine Reihe von Optionen" Tankerkrise: Briten prüfen Sanktionen gegen Iran
Der Iran macht keine Anstalten, den Öltanker "Stena Impero" freizugeben. In einem Brief an die UN erhebt Großbritannien schwere Vorwürfe – und erwägt die Wiederaufnahme von Sanktionen.
Kurz vor dem Wechsel an der Spitze seiner Regierung will Großbritannien den Iran nach den Tankervorfällen mit Strafmaßnahmen belegen. Die Regierung prüft laut Verteidigungsministerium eine "Reihe von Optionen". Außenminister Jeremy Hunt will das Parlament am Montagnachmittag über den Stand unterrichten. Nach Angaben britischer Medien wird erwogen, Vermögen des iranischen Staates einzufrieren.
Am Montag ist ein drittes Treffen des Nationalen Sicherheitsrates (Cobra) in London geplant. Dieses Mal wird auch Premierministerin Theresa May teilnehmen. Bei den ersten beiden Treffen war sie nicht persönlich dabei, sondern hat sich unterrichten lassen.
Der Iran hatte zuvor erneut einen britischen Öltanker in der Straße von Hormus festgesetzt, die "Stena Impero". Großbritannien forderte den Iran auf, den Tanker freizugeben. Die britische Verteidigungsministerin Penny Mordaunt sprach von einer "feindlichen Handlung" des Irans.
Brief an UN
Großbritannien hatte den Vorfall auch in einem Schreiben an den UN-Sicherheitsrat verurteilt. "Das Völkerrecht verlangt, dass das Recht auf Durchreise nicht behindert wird, und deshalb stellt die iranische Aktion einen illegalen Eingriff dar", heißt es in dem Brief, der auch an UN-Generalsekretär Antonio Guterres geschickt wurde. Der Tanker habe sich in omanischen Hoheitsgewässern befunden, als er von iranischen Streitkräften beschlagnahmt worden sei.
"Die derzeitigen Spannungen sind äußerst besorgniserregend, und unsere Priorität ist die Deeskalation. Wir suchen nicht die Konfrontation mit dem Iran", heißt es in dem Brief aus London an die UN weiter. "Aber es ist inakzeptabel und eskalierend, die Schifffahrt zu bedrohen, die ihr legitimes Geschäft über international anerkannte Transitkorridore abwickelt."
Brexit steht bevor
Die Krise trifft Großbritannien in innenpolitisch turbulenten Zeiten angesichts des Streits um den Brexit und des bevorstehenden Rücktritts der konservativen Regierungschefin May. Der auch in der eigenen Partei umstrittene frühere britische Außenminister Boris Johnson wird wohl am Mittwoch Mays Posten übernehmen.
London ließ zunächst offen, welche Strafmaßnahmen als Reaktion auf Irans Festsetzung des Tankers geprüft würden. Hunt – der im Rennen um das Amt des Premierministers Johnson herausfordert – hatte betont, Großbritannien wolle keine militärische, sondern eine diplomatische Lösung des Konfliktes. Das Ziel sei Deeskalation.
Der iranische Botschafter in Großbritannien, Hamid Baeidinedschad, schrieb am Sonntag auf Twitter, es gebe politische Kreise in London, die Spannungen jenseits des Tankerstreits wollten. Dies sei gefährlich und unklug. "Der Iran bleibt jedoch entschlossen und ist auf alle möglichen Szenarien vorbereitet", so der Diplomat.
Vergeltung für "Grace 1"?
Die iranische Seite behauptet, die "Stena Impero" sei in einen Unfall mit einem iranischen Fischerboot verwickelt gewesen und habe dessen Notruf ignoriert. Hintergrund der jüngsten Eskalation ist die Beschlagnahmung des iranischen Öltankers "Grace 1" vor Gibraltar durch die britische Regierung. Das Schiff soll iranisches Öl für Syrien transportieren – ein Verstoß gegen EU-Sanktionen. Die "Grace 1" liegt inzwischen seit einem Monat an der Kette.
Die 23 Besatzungsmitglieder der "Stena Impero" sind nach jüngsten iranischen Angaben wohlauf. Sie seien alle an Bord des Tankers in Sicherheit und bei guter Gesundheit, sagte der Chef der Hafen- und Seefahrtbehörde der Provinz Hormosgan, Allahmorad Afifipur, am Sonntag im staatlichen Fernsehen. Der schwedische Besitzer des Tankers kündigte an, sich um einen Besuch bei der Besatzung zu bemühen. Ein entsprechender Antrag werde bei den iranischen Behörden gestellt. Bei der Crew handelt es sich um 18 Inder sowie Seeleute aus Lettland, den Philippinen und Russland.
Maas ruft Iran zum Einlenken auf
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) warnte unterdessen vor einer Eskalation der Gewalt. "Es geht darum, Krieg zu verhindern", sagte Maas der "Bild am Sonntag". "Darauf sind alle Bemühungen mit den europäischen Partnern und den Staaten der Region gerichtet." Die Situation am Golf sei "noch ernster und gefährlicher geworden, als sie ohnehin schon war."
Maas rief den Iran zum Einlenken auf: "Gerade in Teheran muss man jetzt seiner Verantwortung gerecht werden und nicht weiter an der Eskalationsspirale drehen." Um den Konflikt zu entschärfen brauche es nun eine "kluge Diplomatie", die Gesprächskanäle offen halte und Wege zur Vertrauensbildung finde.
Auch die Nato äußerte sich besorgt über die "destabilisierenden Aktivitäten des Iran". Ein Sprecher des Verteidigungsbündnisses verurteilte die Beschlagnahme des britischen Tankers als Angriff auf die freie Schifffahrt.
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Die Straße von Hormus ist ein strategisch wichtiges Nadelöhr für den Transport von Erdöl. Rund ein Drittel des auf dem Seeweg transportierten Öls wird durch die Meerenge zwischen dem Iran und dem Oman befördert.
- Nachrichtenagenturen Reuters und AFP