Tankerkrise in Golfregion Wann explodiert das Pulverfass?
Die Zwischenfälle in der Golfregion häufen sich in gefährlichem Maße. Der Iran hat einen unter britischen Flagge fahrenden Öltanker festgesetzt – außerhalb seines Territoriums. Der Konflikt droht außer Kontrolle zu geraten.
Die Konfrontation führender westlicher Länder mit dem Iran droht außer Kontrolle zu geraten. Iranische Revolutionsgarden haben in einer Meeresenge kurz hintereinander zwei britische Tanker festgesetzt; nur einer konnte kurze Zeit später weiterfahren. Im Schulterschluss mit den USA drohte Großbritannien dem Iran daher mit ernsthaften Konsequenzen.
In London kam der Nationale Sicherheitsrat (Cobra) am Abend zusammen. Dabei bestätigte der britische Außenminister Jeremy Hunt Berichte, dass der Tanker in den Gewässern des Omans gestoppt worden. Es bestehe weiterhin der Wunsch, die Situation nicht eskalieren zu lassen, schrieb Hunt auf Twitter. Teheran habe aber eindeutig gegen internationale Gesetze verstoßen. Das britische Parlament soll am Montag über die Ergebnisse des Treffens informiert werden.
Großbritanniens Verteidigungsministerin Penny Mordaunt hatte den Vorfall bereits zuvor als "feindliche Handlung" in den Gewässern des Omans bezeichnet, wie der britische Nachrichtensender Sky News berichtete. Ihr Ministerium wollte die Zitate allerdings nicht bestätigen. Die Regierung in London forderte britische Schiffe auf, die Straße von Hormus und umliegende Gewässer zu meiden.
Die Regierung von US-Präsident Donald Trump gab bekannt, Soldaten nach Saudi-Arabien - dem Erzfeind des Irans - zu verlegen. US-Medien zufolge geht es um bis zu 500 Soldaten. Die Verlegung dient nach Angaben des US-Zentralkommandos Centcom der Abschreckung. Zudem verlegte das US-Militär Aufklärungsflugzeuge, die im internationalen Luftraum operieren, in die Region. Trump will sich in der Krise eng mit der britischen Regierung abstimmen. Erst am Donnerstag hatte er erklärt, ein US-Marineschiff habe in der Straße von Hormus eine iranische Drohne zerstört. Die Führung in Teheran widersprach dem.
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Briten hoffen noch auf diplomatische Lösung
Hunt sprach am Samstag von einem riskanten iranischen Manöver. Die Aktion am Freitagabend deute darauf hin, dass der Iran einen "gefährlichen Weg des illegalen und destabilisierenden Verhaltens" beschreite, schrieb Hunt auf Twitter. Über mögliche Gegenmaßnahmen wollte das Außenministerium in London zunächst keine Auskunft geben.
Der britische Außenminister telefonierte noch am Samstag mit seinem iranischen Amtskollegen Mohammed Dschawad Sarif. Hunt brachte bei dem Gespräch nach eigenen Angaben seine "tiefe Enttäuschung" über die Situation zum Ausdruck. Die staatliche iranische Nachrichtenagentur IRNA teilte mit, Sarif habe bei dem Gespräch hingegen juristische Schritte gegen den beschlagnahmten Öltanker "Stena Impero" ins Spiel gebracht. "Der Stopp des britischen Tankers erfolgte wegen maritimer Verstöße und auf Wunsch der hiesigen Hafenbehörden", sagte Sarif den Angaben zufolge bei dem Telefonat.
Aus Hunts Sicht ist ein Vorfall im britischen Gibraltar wohl der Auslöser des iranischen Vorgehens. Dort war Anfang Juli ein Tanker aus dem Iran mit Öl, das für Syrien bestimmt gewesen sein soll, an die Kette gelegt worden. Die Lieferung verstoße gegen EU-Sanktionen, hieß es. Am Freitag ordnete der Oberste Gerichtshof Gibraltars an, das Schiff weitere 30 Tage festzuhalten, bis zum 20. August.
Die EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini zeigte sich einem Sprecher zufolge angesichts der Zwischenfälle tief besorgt und forderte die sofortige Freilassung des nun festgesetzten britischen Schiffs. "In einer bereits angespannten Lage bringt dies das Risiko einer weiteren Eskalation mit sich und untergräbt laufende Bemühungen, die gegenwärtigen Spannungen zu überwinden", hieß es.
Deutschland und Frankreich zeigten sich solidarisch mit Großbritannien. "Die Bundesregierung verurteilt die Festsetzung von zwei Handelsschiffen im Golf auf das Schärfste", erklärte ein Sprecher des deutschen Außenministeriums. "Dies ist ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die zivile Schifffahrt, der eine ohnehin angespannte Lage gefährlich weiter verschärft."
Die betroffene Meerenge im Golf von Oman ist eine der wichtigsten Seestraßen der Welt. Fast ein Drittel des globalen Ölexports wird durch die Straße von Hormus verschifft.
Irans Außenminister Sarif erklärte auf Twitter, es sei der Iran, der im Persischen Golf und in der Straße von Hormus die Sicherheit garantiere. "Anders als die Piraterie in der Straße von Gibraltar dient unsere Maßnahme im Persischen Golf dazu, die maritimen Regeln zu bewahren", so Sarif. Großbritannien müsse aufhören, "ein Zubehör des Wirtschaftsterrorismus der USA" zu sein.
Zwischenfall belastet den Ölpreis
Die arabischen Golf-Anrainerstaaten reagierten zunächst ungewöhnlich ruhig auf die Vorfälle. Die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien, die als regionale Gegenspieler des Irans gelten, schwiegen zunächst. Lediglich das kleine Königreich Bahrain verurteilte die Beschlagnahmung des britischen Tankers aufs Schärfste.
Der Zwischenfall am Golf belastete die Börsen und trieb den Ölpreis nach oben. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent legte zuletzt um 1,14 US-Dollar auf 63,07 Dollar zu.
Die Iranischen Revolutionsgarden hatten nach eigenen Angaben zunächst den unter britischer Flagge fahrenden Öltanker "Stena Impero" gestoppt und in Richtung iranischer Küste gebracht. Zur Begründung hieß es, der Tanker habe internationale Vorschriften missachtet. Die Behörden der Provinz Hormusgan teilten mit, die "Stena Impero" sei in den Hafen von Bandar Abbas eskortiert worden.
Trump: "Wir werden sehen, was passiert"
Die schwedische Reederei Stena Bulk, der das Schiff gehört, teilte dagegen mit, der Tanker habe sich an sämtliche internationalen Vorschriften gehalten. Mehrere kleinere Boote und ein Hubschrauber hätten sich genähert, als der Tanker in internationalen Gewässern gefahren sei. Nach iranischen Angaben stammen 18 der 23 Besatzungsmitglieder der "Stena Impero" aus Indien. Drei kommen demnach aus Russland und je einer von den Philippinen und aus Lettland. Die Besatzungsmitglieder waren nach Angaben ihrer Reederei wohlauf.
Kurz nach dem ersten Zwischenfall wurde ein zweiter Tanker in Richtung Iran abgedrängt. Es handelte sich um einen Öltanker des algerischen Staatsunternehmens Sonatrach. Die "Mesdar" fährt unter liberianischer Flagge und wird vom britischen Schiffsverwalter Norbulk Shipping geführt. Das algerische Energieunternehmen teilte mit, die "Mesdar" sei nach der Passage der Straße von Hormus von der iranischen Küstenwache gezwungen worden, in Richtung iranischer Gewässer zu fahren. Das Schiff sei im Auftrag eines chinesischen Unternehmens in Richtung Tanura in Saudi-Arabien unterwegs gewesen, um Rohöl zu laden. Das algerische Energie- und Außenministerium seien unverzüglich eingeschaltet worden. Wie die Firma mitteilte, wurde die "Mesdar" nach dreieinhalb Stunden wieder freigegeben. Die bewaffneten Sicherheitskräfte hätten das Schiff verlassen.
Die halbstaatliche iranische Nachrichtenagentur Fars berichtete zu diesem Vorfall, die Besatzung sei routinemäßig von der Marine über die Umweltvorschriften im Persischen Golf aufgeklärt worden.
US-Präsident Trump beauftragte unterdessen den republikanischen Senator Rand Paul, eine Aufnahme von Gesprächen mit dem Iran auszuloten. Der Senator habe seine Hilfe angeboten, erklärte Trump. "Wir werden sehen, was passiert."
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Trump hatte im Mai 2018 das Atomabkommen mit dem Iran einseitig aufgekündigt und danach harte Wirtschaftssanktionen gegen die Islamische Republik verhängt. Diese sollen das Land von den Finanz- und Ölmärkten abschneiden. Die USA und der Iran unterhalten keine diplomatischen Beziehungen.
- Nachrichtenagentur dpa