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Nordkorea: Warum Kim plötzlich das Treffen mit Trump infrage stellt


Wende oder nur Taktik?
Warum Kim plötzlich das Treffen mit Trump infrage stellt

t-online, Von Finn Mayer-Kuckuk

Aktualisiert am 16.05.2018Lesedauer: 3 Min.
Kim Jong Un in einer Limousine: Der nordkoreanische Machthaber hat das Treffen mit US-Präsident Donald Trump infrage gestellt.Vergrößern des Bildes
Kim Jong Un in einer Limousine: Der nordkoreanische Machthaber hat das Treffen mit US-Präsident Donald Trump infrage gestellt. (Quelle: ZUMA Press/dpa-bilder)
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Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un droht plötzlich damit, den Gipfel mit US-Präsident Donald Trump abzusagen.

Eine Analyse unseres Asien-Korrespondenten Finn Mayer-Kuckuk

Es klingt wie eine plötzliche Wende in den Nordkorea-Verhandlungen: Kim Jong Un stellt auf einmal das für Juni geplante Gipfeltreffen mit Donald Trump infrage. Begründet wird das unter anderem mit den gemeinsamen Militärübungen Südkoreas und den USA in der Region, die ungeachtet der Annäherungen weitergehen. Darüber berichtete t-online.de bereits im Tagesanbruch.

Kim Kye Gwan, ein stellvertretender Außenminister des Landes, sagt außerdem: "Wenn die US-Regierung unfair von uns verlangt, unsere Kernwaffen aufzugeben, haben wir kein Interesse mehr an solchen Gesprächen."

Anders ausgedrückt: Nordkorea will den mit Spannung erwarteten Gipfel platzen lassen, wenn die USA zu hart auf atomare Abrüstung drängen.

Diese Position mag zunächst wie ein Sinneswandel aussehen – doch sie kommt nicht überraschend. Nordkorea hatte nie eine völlige Abrüstung angeboten, auch wenn die US-Regierung dieses von ihr gewünschte Ergebnis schon vor Beginn der Verhandlungen vorweggenommen und als Fakt dargestellt hat.

Kim will seine Verhandlungsposition stärken

"Kim ist darauf bedacht, eine starke Verhandlungsposition aufrecht zu erhalten", sagt Go Myong Hyun, Politikwissenschaftler am Asan Institute for Policy Studies in Seoul. Doch beide Seiten hegen völlig unterschiedliche Erwartungen, warnt er. Während die USA einen schnellen, vollständigen und unumkehrbaren Ausstieg aus allen Atomaktivitäten im Sinn haben, wolle Kim sein Arsenal schön langsam abbauen.

"Das würde dem Norden Zeit geben, seine Position als Nuklearstaat zu zementieren und sogar zum alten Stil der Provokationen zurückzukehren", sagt Experte Go. In der Geschichte der atomaren Abrüstung habe noch nie ein Land plötzlich freiwillig auf seine Waffen verzichtet. Es sei unwahrscheinlich, dass ausgerechnet Kim hier den Anfang mache.

Das Treffen von US-Präsident Donald Trump mit Kim soll am 12. Juni in Singapur stattfinden. Es war möglich geworden, weil Kim sich am Neujahrstag plötzlich zu Gesprächen bereit erklärt hatte. Ein Gipfeltreffen mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In im April war von der Atmosphäre her positiv verlaufen. Doch bei der Begegnung im Grenzgebiet ging es vor allem um Symbole, weniger um ganz konkrete Schritte.

Markige Worte aus den USA

Donald Trump hatte bereits damit angegeben, dass er die Nordkoreaner praktisch im Alleingang bezwungen habe. John Bolton, Trumps als Hardliner bekannter Sicherheitsberater, forderte bereits offen eine vollständige Zerstörung aller Kernwaffen und Raketen, bevor an eine Aufhebung von Sanktionen überhaupt zu denken sei.

Später schlug er in leichter Abmilderung dieser Position vor, Nordkorea könne die Waffen "in Tennessee" unter Verschluss lagern lassen – was auf dasselbe hinausläuft. Außerdem müsse Nordkorea seine Kernphysiker und Waffeningenieure ins Ausland schicken. All das hat Nordkorea offenbar gar nicht gefallen. Der abgeschottete Staat zeigt sich in der jetzigen Mitteilung ausdrücklich unzufrieden über die Äußerung Boltons.

Abschaffung der Atomwaffen hat Nordkorea nie angeboten

Das Missverhältnis zwischen dem, was Kim bisher angeboten hat, und dem, was gerade die USA aus seinen Worten herausgehört haben (wollen), wurde in den vergangenen Wochen immer größer. Auch wenn westliche Politiker das gerne gehört hätten: Kim hat in Wirklichkeit nie angeboten, die vorhandenen Bomben aufzugeben. Er hat bloß davon gesprochen, mit Atomtests aufzuhören. Begründung: Das Entwicklungsprogramm sei abgeschlossen, die Waffenkammer gut gefüllt. Nordkorea sei jetzt eine Atommacht.

Aus US-Sicht ist dagegen klar, dass die Nordkoreaner keine Wirtschaftshilfe erhalten, wenn sie genau dieses Arsenal nicht abbauen. Bolton unterstellte Nordkorea auch, ein "normales Land" werden zu wollen, das sich öffnet und in den Welthandel einbezogen sein wird. Auch das hat Kim nie gesagt.

Für Regionalexperten steht außer Frage, dass Kim weiter unumstritten in einem Reich herrschen will, das ihn als Gott verehrt. "Die überzogenen Erwartungen sind die größte Gefahr für den US-Nordkorea-Gipfel", schrieb der Sicherheitsexperte Victor Cha vom Center for Strategic and International Studies in Washington auf Twitter.

Abrüstung, ja – nur in welchem Zeitraum?

Der Rückzieher vom Mittwoch bringt nun wieder etwas mehr Realismus in die Situation. Es war immer klar, dass Kim kein einfacher Verhandlungspartner sein würde. Seine Friedensangebote waren bisher an verdächtig wenig Bedingungen geknüpft und klangen zu freundlich, um wirklich aus Nordkorea zu kommen.

Doch mit der aktuellen Entwicklung ist mitnichten alles verloren. Trump, der Geschäftsmann, kann Kim gegenüber immer noch Kompromisse machen, um zu einem Abschluss zu gelangen. Der wichtigste Faktor ist die Zeit: Abrüstung, ja – aber über wie viele Jahre gestreckt? Kim kann allem zustimmen, das keine sofort überprüfbaren Ergebnisse erfordert. Schließlich kann er dann seine Meinung immer noch ändern und sein Atomprogramm unter einem Vorwand wieder anfahren.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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