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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.G20-Gipfel in Rom Es wurde immer unerträglicher
Auf dem G20-Gipfel konnten einige Konflikte gelöst werden. Doch die Weltgemeinschaft versagt ausgerechnet im Angesicht der großen Probleme. Das gefährdet uns alle.
Es ist ein fatales Signal, das vom G20-Gipfel in Rom ausgeht: Die größten Industriestaaten der Welt sind offensichtlich unfähig, der Zerstörung eben dieser Welt als Gemeinschaft zu begegnen. Das ist die brutale Erkenntnis nach der Abschlusserklärung am Sonntag.
Die G20-Staaten wurden sich ausgerechnet in den großen Fragen nicht einig. Unter anderem bei der Bekämpfung der Klimakrise blieb es bei vagen Absichtserklärungen. Einige Staaten haben immer noch nicht begriffen, dass die Erderwärmung ein existenzbedrohendes Problem ist, das schnelles Handeln erfordert – besser heute als morgen.
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So kommt ausgerechnet zu Beginn der Klimakonferenz in Glasgow ein herber Dämpfer von den G20: Obwohl sie für 80 Prozent der Emissionen verantwortlich sind, fehlen im Abschlusskommuniqué neue Zusagen, konkrete Pläne oder verbindliche Zielvorgaben. Was ursprünglich rein sollte, wurde im Zuge der Verhandlungen wieder gestrichen.
G20-Staaten versagen bei den großen Themen
Im Laufe des Gipfels wurde es immer unerträglicher. Von Version zu Version wurde das Papier verwässert. Der G20-Gipfel hätte eine Steilvorlage für die Klimakonferenz sein können, diese Chance wurde verpasst. Klimaaktivisten und -forscher sind zu Recht fassungslos und wütend. Es blieb am Ende nicht mehr als das allgemeine Bekenntnis zum 1,5-Grad-Ziel aus dem Pariser Klimaabkommen. Wie es erreicht werden soll, bleibt unklar.
Länder wie China blockieren aus machtpolitischen Gründen einen schnelleren Fortschritt in der Klimafrage. Sie machen das Notwendige, um die Katastrophe doch noch zu verhindern. Wie auch Saudi-Arabien, Russland und Indien verweigert sich China zum Beispiel der Zusage, bis 2050 klimaneutral zu werden.
Stattdessen denken diese Staaten vor allem an ihre eigenen Volkswirtschaften und nehmen damit billigend in Kauf, die Welt mit in den Abgrund zu reißen.
Das klingt dramatisch. Es ist aber auch die klimapolitische Realität, mit der sich die Politik auseinandersetzen muss.
Die reichen Staaten sollten beim Klimaschutz vorangehen, erklärte der chinesische Präsident Xi Jinping schließlich auf dem Gipfel. Die Aussage kommt von einem Staatsführer, der den Verteidigungshaushalt seines Landes mittlerweile auf 252 Milliarden US-Dollar erhöht hat. Das ist an Hohn kaum zu überbieten – auch China weiß, dass es ohne seine Mithilfe keine Chance beim Erreichen der Klimaziele gibt.
Doch die Bankrotterklärung der internationalen Gemeinschaft beschränkt sich nicht nur auf die Klimafrage, auch in der Corona-Pandemie tun sich die G20-Staaten unnötig schwer. Vehement hatten Organisationen und Experten die Aufhebung der Impfstoffpatente gefordert, denn während man auch in Deutschland bereits Booster-Impfungen verteilt, haben viele Menschen in Entwicklungsländern nicht einmal die erste Impfung in Aussicht.
Auch Deutschland gehört dabei zu den Bremsern. Es sind vor allem die großen Industriestaaten, die die Rechte ihrer Pharmaunternehmen verteidigen. Zwar sicherte die Bundesrepublik in Rom erneut eine Spende von Millionen Impfstoffdosen für Entwicklungsländer zu, aber der globale Kampf gegen die Pandemie könnte durch eine Aufhebung der Patente deutlich beschleunigt werden. Mit mehr Geimpften weltweit wäre auch die Gefahr geringer, dass sich neue, gefährlichere Varianten entwickeln.
Wichtige Lösungen in einigen Streitfragen
Die Ergebnisse des G20-Gipfels in Rom bei den zentralen Themen Klimakrise und Corona-Pandemie sind am Ende ein Desaster. Eigentlich sollte von dem Treffen ein Zeichen für die Stärkung der internationalen Zusammenarbeit ausgehen, die Staaten waren lange auf einem guten Weg dahin. Zum Schluss sind sie jedoch in den großen Fragen gescheitert.
Immerhin einige überraschende Erfolge gab es doch: Der Zollstreit zwischen den USA und der Europäischen Union wurde entschärft. Es gibt Bewegung im Atomstreit mit Iran und eine globale Mindestbesteuerung soll ab 2023 gelten – ein Meilenstein für die Weltwirtschaft. Auch der französische Präsident Emmanuel Macron sprach nach der U-Boot-Eiszeit wieder mit seinem amerikanischen Amtskollegen Joe Biden. Die USA und das deutsche Duett aus Angela Merkel und Olaf Scholz sprachen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, der in der vergangenen Woche noch ihre Botschafter aus der Türkei werfen wollte.
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Diese Einigungen und Dialoge haben die Hoffnung geweckt, dass sich die Weltgemeinschaft beim ersten G20-Gipfel nach Donald Trump wieder in eine bessere Richtung bewegen könnte – hin zu mehr Zusammenarbeit und zu weniger Nationalismus.
Auf Anhieb ist das nicht gelungen. Eines ist klar: Eine kleine Lösung, eine Koalition der Willigen etwa, funktioniert in der Klimakrise nicht, das Coronavirus oder die Erderwärmung kennen auch keine diplomatischen Winkelzüge. Deshalb begehen die Bremser und Verharmloser in diesen Fragen schon lange keinen Kavaliersdelikt mehr.
Die Welt kann diese zentralen Probleme nur gemeinsam lösen. Nach dem G20-Gipfel in Rom muss man teilweise sagen: leider.
- Beobachtungen vom G20-Gipfel in Rom
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP