Gerichtshof für Menschenrechte Russland reicht Beschwerde gegen die Ukraine ein
Moskau hat erstmals eine Beschwerde gegen die Ukraine beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht. Die Ukraine protestiert: Russland betreibe "Gehirnwäsche".
Russland hat im Konflikt mit der Ukraine erstmals eine Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg gegen das Nachbarland eingereicht. Dabei geht es um eine ganze Reihe an Vorwürfen, wie aus einem am Donnerstag in Moskau veröffentlichten Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft hervorgeht. Beklagt wird etwa eine Diskriminierung der russischsprachigen Bevölkerung in der Ukraine – zum Beispiel durch ein Verbot von Fernseh- und Radiosendern und Internetportalen in russischer Sprache.
Die Ukraine wies die Vorwürfe umgehend zurück. Der "Aggressorstaat" Russland verwechsle den Gerichtshof offenbar mit einer Propaganda-Show im russischen Staatsfernsehen, sagte der ukrainische Justizminister Denys Maljuska. Russland betreibe "Gehirnwäsche", werde aber juristisch eine Niederlage vor Gericht erleben.
Russland: Ukraine trägt Mitschuld an MH17-Abschuss
Konkret verantwortlich macht Russland die Ukraine in der Beschwerdeschrift etwa für den "Absturz" der malaysischen Passagiermaschine MH17 am 17. Juli 2014 im Kriegsgebiet im Osten. Demnach hatte die Ukraine damals den Luftraum über dem Kampfgebiet nicht gesperrt und dadurch den Tod von 298 Menschen verursacht. Das Flugzeug wurde nach Erkenntnissen internationaler Ermittler von prorussischen Separatisten in der Ostukraine abgeschossen.
Russland beklagt zudem, dass die Ukraine die Trinkwasser-Versorgung der Bevölkerung auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim verhindert. Nach der international kritisierten russischen Annexion der Halbinsel 2014 hatte die Ukraine den nördlichen Krim-Kanal blockiert.
Vorwürfe auch wegen proeuropäischer Maidan-Proteste
Unter den insgesamt zehn Beschwerdepunkten steht zudem die "Verantwortung der Behörden der Ukraine für den Tod der friedlichen Bevölkerung". Konkret geht es um Tote bei der proeuropäischen Revolution 2014 auf dem Maidan in Kiew, um die Opfer bei einem Brand in einem Gewerkschaftshaus in Odessa sowie bei den Kämpfen in der Ostukraine. Tausende Ukrainer seien nach Russland geflüchtet.
Die Beschwerde beim EGMR solle die internationale Aufmerksamkeit auf die "groben und systematischen Menschenrechtsverstöße" in der Ukraine lenken. Kremlsprecher Dmitri Peskow betonte, dass Russland das Recht darauf habe, von dem Gericht eine Reaktion auf "diese negativen Prozesse" in der Ukraine zu bekommen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Sitz im französischen Straßburg gehört zum Europarat. Die von der EU unabhängigen Organe setzen sich für den Schutz der Menschenrechte in den 47 Mitgliedstaaten ein. Russland ist Mitglied des Europarats.
- Nachrichtenagentur dpa