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70 Jahre Nato: Warum Deutschland ein Problem für das Bündnis ist


70 Jahre Nato
Warum Deutschland ein Problem für das Bündnis ist

dpa, Ansgar Haase

Aktualisiert am 03.04.2019Lesedauer: 4 Min.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei einem Nato-Manöver: Deutschland und die USA streiten über Rüstungsausgaben.Vergrößern des Bildes
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei einem Nato-Manöver: Deutschland und die USA streiten über Rüstungsausgaben. (Quelle: imago-images-bilder)
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Kurz vor dem 70. Jahrestag der Nato-Gründung könnte die Stimmung der Nato deutlich besser sein. Daran ist nicht nur der Krawallkurs von US-Präsident Donald Trump schuld. Auch in der Kritik: die Bundesregierung.

Noch vor wenigen Jahren wäre ein Nato-Geburtstag vermutlich eine ziemlich langweilige Veranstaltung gewesen. Die Festredner hätten in den höchsten Tönen den Zusammenhalt und die Stärke des "erfolgreichsten Militärbündnisses" gepriesen. Man hätte in Erinnerungen geschwelgt, an Russland Botschaften der Abschreckung gesandt und sich auf eine erfolgreiche Zukunft eingeschworen.

An diesen Mittwoch und Donnerstag, beim Außenministertreffen zum 70-jährigen Bestehen der Nato in Washington, wird es all das auch geben – aber dennoch wird alles ganz anders sein. Seit in den USA Donald Trump die Regierungsgeschäfte führt, herrscht im Bündnis tiefe Verunsicherung darüber, wie es weitergehen wird. Der Republikaner stellte öffentlich das Beistandsprinzip infrage und drohte aus Verärgerung über die seiner Meinung nach zu geringen Verteidigungsausgaben von Ländern wie Deutschland sogar mit einem Rückzug der USA aus dem Bündnis. Hinzu kommen Alleingänge in der Afghanistan- und Iran-Politik sowie in Fragen der Rüstungskontrolle.

Mehr Geld für Verteidigung

Der US-Präsident sehe die Europäer weniger als Bündnispartner denn als Wettbewerber und behandele sie manchmal sogar wie Gegner, kommentiert der langjährige Beigeordnete Nato-Generalsekretär Heinrich Brauß. Es bleibe zu hoffen, dass man spätestens nach dem Ende der Amtszeit von Trump zurück zu einer "Allianz unter Partnern und Freunden" finde, "die einander voll vertrauen können".

Ob das gelingt, dürfte allerdings nicht zuletzt von Deutschland abhängen. Um Trump zu beruhigen, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im vergangenen Jahr versprochen, die deutschen Verteidigungsausgaben bis 2024 auf 1,5 Prozent zu steigern. Die Antwort auf die Frage, wie das Ziel erreicht werden soll, blieb sie bislang aber schuldig.

USA verlangt von Deutschland mehr Einsatz

Die mittelfristige Planung von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sieht für das Jahr 2023 lediglich 1,25 Prozent vor. Demnach müssten die Verteidigungsausgaben von 2023 auf 2024 um einen zweistelligen Milliardenbetrag erhöht werden, wenn das Ziel erreicht werden soll.

Spätestens Ende des Jahres werde auch für die Amerikaner offensichtlich sein, dass Deutschland mit der jetzigen Finanzplanung nicht auf die angekündigten 1,5 Prozent komme, warnt Nato-Experte Brauß. Beim Gipfel im Dezember drohe es damit, erneut zum Schwur zu kommen.

Steht das Vertrauen auf dem Spiel?

Problem für die CDU ist, dass selbst Neuwahlen und ein anschließender Wechsel des Koalitionspartners kaum helfen dürften. Nach aktuellen Umfragen würde die Union aus CDU und CSU derzeit nur zusammen mit den Grünen auf eine Mehrheit im Bundestag kommen – und die lehnen starke Erhöhungen der Verteidigungsausgaben ab wie die SPD.

Hoffen kann Deutschland damit nur, dass Trump die Präsidentschaftswahl Ende 2020 verliert und ein äußerst nachsichtiger Nachfolger ins Amt kommt. Denkbar ist es allerdings, dass selbst ein Demokrat nicht eingehaltene Versprechen zu den Verteidigungsausgaben als Vertrauensbruch werten würde. Auch Trumps Vorgänger Barack Obama hatte schließlich schon höhere deutsche Verteidigungsausgaben gefordert.

Die Europapolitik der USA wird sich nicht ändern

"Was viele in Deutschland aus meiner Sicht nicht genügend würdigen, ist, dass wir nicht deswegen zwei Prozent des BIP für Verteidigung ausgeben müssen, weil Präsident Trump dies fordert, sondern weil es die Modernisierung und die Herstellung der vollen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr verlangen", sagte Brauß, der von 2013 bis 2018 Beigeordneter Generalsekretär der Nato für Verteidigungspolitik und Streitkräfteplanung war.

Der Generalleutnant a. D. warnt auch davor, allzu große Hoffnungen auf eine Rückkehr zu alten Zeiten zu hegen. Selbst wenn die Präsidentschaft von Trump bald Geschichte sein sollte, werde sich die aktuelle Europapolitik der USA wohl im Wesentlichen nicht ändern, prognostiziert er. Die Europäer müssten sehen, dass es zu einer globalen Kräfteverschiebung komme und dass sich die Amerikaner immer stärker Richtung China und Pazifik wendeten. Als künftige Weltmacht werde China für den gesamten Westen eine "kolossale Herausforderung" werden.

Gegenseitiger Schutz ist der Schlüssel des Bündnisses

Derjenige, der die schwierige Aufgabe hat, die Nato in diesen turbulenten Zeiten zusammenzuhalten, gibt sich problembewusst, aber optimistisch. Niemand könne dementieren, dass es derzeit schwerwiegende Differenzen zwischen Bündnispartnern gebe, räumte Stoltenberg am Montag ein. Es sei allerdings nicht das erste Mal seit Unterzeichnung des Nordatlantikvertrages in Washington am 4. April 1949, dass es Meinungsunterschiede gebe. Die Stärke der Nato sei, dass alle der mittlerweile 29 Alliierten trotz Differenzen bislang immer gemeinsam hinter der Kernaufgabe des Bündnisses gestanden hätten. Diese laute, sich gegenseitig zu schützen und zu verteidigen.


Mit Blick auf die Zukunft könnte dabei aber auch der Wunsch Vater des Gedankens sein. Erst im vergangenen Sommer erklärte Trump nämlich einem TV-Moderator, er habe sich auch schon gefragt, warum US-Soldaten im Fall eines Angriffes in ein kleines Land wie Montenegro gehen sollten. Trump rüttelte damit an eben jenen Grundfesten des Bündnisses, die Stoltenberg beschwört.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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