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Stimmen zu G20: "Das Demonstrationsrecht wurde schwer missbraucht"


Medien über den G20-Gipfel
"Das Demonstrationsrecht wurde schwer missbraucht"

dpa, wal

Aktualisiert am 09.07.2017Lesedauer: 4 Min.
Eine brennende Barrikade im Hamburger Schanzenviertel.Vergrößern des Bildes
Eine brennende Barrikade im Hamburger Schanzenviertel. (Quelle: David Young/dpa-bilder)

Nach dem G20-Gipfel in Hamburg stellt die internationale Presse Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem US-Präsidenten ein schlechtes Zeugnis aus. Massive Kritik richtet sich auch an die Randalierer. Die Pressestimmen:

"Times" (Großbritannien): "Trump hat sich selbst ins Abseits gestellt"

"Der US-Präsident hat sich mit seiner Entscheidung für den Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen, das gestern von 19 der G20-Staaten bekräftigt wurde, von seinen Amtskollegen abgewendet. Bei dem Gipfeltreffen musste er mit anhören, wie Chinas Präsident Xi Jinping sich als Vorkämpfer der Globalisierung präsentierte.

Angela Merkel, die als G20-Gastgeberin bei der Begegnung mit Wladimir Putin ihre Technik des Augenrollens perfektionierte, wird von einigen als die wahre Führerin der freien Welt gepriesen. Das ist nicht ernst zu nehmen. Merkel hat den Vorteil politischer Langlebigkeit, aber sie hat nie eine Neigung gezeigt, über die europäische Bühne hinauszugehen. Ihr Ziel ist es, die Europäische Union zu verteidigen und zu bewahren, die vorteilhaft für die deutschen Exporteure ist.

Und was Xi Jinping betrifft, so war China ein Vorkämpfer nicht der Globalisierung, sondern des Protektionismus und des Diebstahls von Technologien, und zwar bei einer erbärmlichen Menschenrechtsbilanz. Die Welt braucht keine Lektionen von China. Trump, der Xi Jinpings Rede mit versteinerter Miene zuhörte, scheint das auch so zu sehen."

"De Telegraaf" (Niederlande): "Demonstrationsrecht wurde schwer missbraucht"

"Migration, Klima, Handel, Terrorismus: Es stehen genügend wichtige Themen auf der Tagesordnung der G20 in Hamburg. Aber der durchschnittliche Fernsehzuschauer sieht vor allem randalierende Demonstranten, brennende Autos und Zerstörungen an Gebäuden. Allein schon das Motto der Kundgebung "Welcome to Hell" verhieß nichts Gutes. Demonstrationsfreiheit ist ein wichtiges Recht, das es zu schützen gilt, in Hamburg jedoch schwer missbraucht wurde.

Ein harter Kern von Demonstranten, selbsternannte Autonome, ist der Ansicht, dass die Anwendung von Gewalt nicht allein dem Staat vorbehalten ist. Sie meinen mit anderen Worten, sie hätten das Recht, um sich zu schlagen und das Eigentum anderer zu zerstören. Pardon, aber wenn alle Interessengruppen ihre Standpunkte mit Gewalt geltend machen, dann ist dies das Ende sowohl der Demokratie als auch des Rechtsstaats."

"La Repubblica" (Italien): Hamburg ist Geisel des Terrors

"Das Herz eines Hamburgs, das sich seit drei Tagen im Kriegszustand befindet, ist die Geisel des Terrors. Zwischen den Vierteln Sternschanze, Altona und St. Pauli brandschatzen Tausende G20-Gegner die zweitgrößte Stadt Deutschlands. Die digitale Generation, die von einer weniger unfairen Globalisierung träumt, blutet plötzlich aus an einer Vene, die von einer alten Gewalt durchlöchert ist, die sie weder verstehen noch aufhalten kann. Doch in den Restaurants, Supermärkten und Geschäften, die von Tausenden hinter den Kapuzen ihrer Jacken und Sturmhauben versteckten jungen Leuten zerstört wurden, sind keine Politiker zu finden. Es gibt keine dominierende politische Idee, keine gemeinsamen Ziele, keine historische Ideologie, kein rechts und kein links. Jede Gruppe kämpft ihre eigene Schlacht.

Sie treffen sich dank der sozialen Medien, lernen im Internet, wie sie sich ausrüsten. Es gibt einen einzigen gemeinsamen Zweck: die Attacke auf "ein System, das uns ausschließt und uns demütigt"."

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"The Observer" (Großbritannien): "Von Spitzenpolitikern wird zuviel erwartet"

"Schlagzeilen haben in jüngster Zeit nahegelegt, dass Angela Merkel als Führerin der westlichen Welt angesehen werden sollte - statt Donald Trump. Für viele ist Merkel de facto zur Präsidentin Europas und zur globalen Bannerträgerin fortschrittlicher Politik geworden. Das ist eine schwere Bürde. Aber irgendwie ist das auch einfältig. Merkel selbst weist die Rolle der Retterin klugerweise von sich. (...) Während es zutrifft, dass wir von einzelnen Spitzenpolitikern zu viel erwarten, stimmt auch, dass viele von ihnen oft nicht einmal ein Mindestmaß dessen leisten, was wünschenswert ist und gebraucht wird.

So hätte Trump - statt sich vor einer mit Bussen herangeschafften Menschenmenge in Warschau als Vorkämpfer der westlichen Zivilisation zu brüsten - seiner Führungsrolle gerecht werden können, indem er bedingungslose Friedensgespräche mit Nordkorea eröffnet oder sich glaubhaft für einen palästinensischen Staat eingesetzt hätte. Oder wie wäre es mit einem gemeinsamen Plan zur Beendigung des Gemetzels in Syrien gewesen - anstelle persönlicher Machtspielchen mit Wladimir Putin in Hamburg? Es ist höchste Zeit, dass wir uns von dem irreführenden Konzept eines "starken Anführers" verabschieden."

"NZZ" (Schweiz): "Kritik der G20-Demonstranten zielt ins Leere"

"Neben "Wachstum und Handel" ging es in Hamburg um nachhaltige Entwicklung, um Klimaschutz, um Afrika, um die Stärkung der Frauen. Dennoch haben Zehntausende von Demonstranten den Gipfel der G20-Länder als Hauptadressat ihrer Proteste auserkoren. Für sie sind solche Treffen an allen Übeln der Globalisierung schuld: steigende Ungleichheit, Ausbeutung der Natur, Auswüchse des Finanzkapitalismus.

Die Liste lässt sich beliebig verlängern, genauso wie jene der Gewalttaten der vergangenen Tage. Doch all die wütenden Demonstranten täuschen sich. Als das G20-Treffen 1999 aus der Taufe gehoben wurde, ging es in erster Linie darum, die Globalisierung zu zähmen. (...) Auch die Kritik der Demonstranten am angeblich diktatorischen Vorgehen zielt ins Leere. Bisher galt an G20-Gipfeln das Konsensprinzip, also eben nicht das Recht des Stärkeren. Das ist oft sehr harzig und resultiert in Wortwolken, deren Tragweite nur Eingeweihte verstehen. Aber das Resultat ist eine Politik des steten Tropfens, der den Stein höhlt, getragen von Nationen, die zwei Drittel der Weltbevölkerung und vier Fünftel der globalen Wirtschaftsleistung repräsentieren."

"Die Presse" (Österreich): "China und Russland füllen das Trump-Vakuum"

"Für Staaten wie China und Russland, die bisher allein schon aufgrund ihrer autoritären Ausrichtung keinen glaubwürdigen globalen Führungsanspruch stellen konnten, ist Donald Trump ein Geschenk des Himmels. Eifrig stoßen sie in das Vakuum, das er mit seinem Rückzug aus internationaler Verantwortung hinterlässt. (...) China und Russland ist jedes Mittel recht, um den Westen zu spalten und zu schwächen. Denn das erhöht ihr Gewicht in der Welt. Nur deshalb dienen sie sich nun Europa als Partner an. Als Alternativen zum Bündnis mit Amerika taugen die Autokratien jedoch nicht."

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