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Ostsee-Sabotage: Es braucht besseren Schutz der Datenkabel


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Sabotage in der Ostsee
Das ist unsere empfindliche Stelle

MeinungEin Gastbeitrag von F. Gehringer, Konrad-Adenauer-Stiftung

25.11.2024Lesedauer: 4 Min.
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Das Frachtschiff "Yi Peng 3": Es steht im Verdacht, Datenkabel in der Ostsee beschädigt zu haben. (Quelle: IMAGO/Mikkel Berg Pedersen/imago)
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Vergangene Woche wurden Unterseekabel im Ostseeraum beschädigt, Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius sprach von Sabotageakten. Was es jetzt zum Schutz der Dateninfrastruktur benötigt.

Nur wenige Stunden, nachdem vergangene Woche bekannt wurde, dass mit dem C-Lion1 und dem BCS East-West zwei Unterseedatenkabel im Ostseeraum beschädigt wurden und die Verbindungen abbrachen, äußerten sich das Auswärtige Amt und das finnische Außenministerium besorgt über die Beschädigungen. Gezielte Einwirkungen auf die Unterseekabel schlossen sie indes nicht aus.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius sprach von Sabotageakten. Die genauen Hintergründe sind bislang noch unklar.

Verletzlichkeit der Infrastruktur ist vielschichtig

Unterseedatenkabel sind Teil der kritischen Infrastruktur, da sie eine besonders wichtige Bedeutung für die Funktionsfähigkeit unseres alltäglichen Lebens haben, nicht hinreichend vor (äußeren) Einwirkungen geschützt sind und immer mehr in den Fokus geopolitischer Akteure geraten. Derzeit werden etwa 98 Prozent des internationalen Datenverkehrs über Unterseekabel übertragen. Nur ca. zwei Prozent des Verkehrs verlaufen über Satelliten. Der weltweite Datenbedarf steigt täglich. Zwischen 2023 und 2027 könnte sich dieser nahezu vervierfachen, so Schätzungen. So kurbeln Cloud Computing und Künstliche Intelligenz den Bedarf weiter extrem an.

Neben Ankern und Schleppnetzen können künftig auch klimatische Veränderungen die Infrastruktur bedrohen. Veränderte Korridore von Wirbelstürmen, Seebeben und der Anstieg des Meeresspiegels führen möglicherweise zu schädigenden Überschwemmungen und Sturmfluten.

Auch zunehmende geopolitische Spannungen machen Unterseekabel zur Zielscheibe im Rahmen hybrider Kriegsführung. Durch die Störung des Datenverkehrs können große Verunsicherung und wirtschaftliche Schäden hervorgerufen werden. Russland kartografiert über Jahre mehr oder weniger unbemerkt mit "Forschungsschiffen" den Ostseeraum und betont in seiner Militärdoktrin die Bedeutung von Sabotageakten auf Infrastrukturen in frühen Konfliktstadien. Auch China verkehrt in der Region.

(Quelle: KAS)

Zur Person

Ferdinand Gehringer ist Referent für Innere und Cybersicherheit bei der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin. Er beschäftigt sich unter anderem mit Cybersicherheit, dem Schutz kritischer Infrastruktur und hybriden Bedrohungen.

Strategische Knotenpunkte und Ballungen sind Hochwertziele

Der Ausfall eines Kabels wirkt sich nicht erheblich aus. Die Daten suchen sich einen anderen Weg entlang der alternativen Kabelstrukturen, die bestehen. Problematisch kann es allerdings werden, wenn mehrere Kabelverbindungen in einer Region ausfallen oder gar kumulativ beschädigt werden.

Ein besonders interessantes Ziel sind daher strategische Knotenpunkte und Ballungen. An einigen Stellen auf der Welt, zum Beispiel in Marseille oder Singapur, bündeln sich viele Kabelverbindungen und gelangen an Land. Im Roten Meer etwa liegen viele Kabelverbindungen in geringem Abstand zueinander. Mehrere Kabel können an diesen Stellen zeitgleich beschädigt werden.

Gleichzeitige Ausfälle können erhebliche Auswirkungen auf den internationalen Datenverkehr und damit auf staatliche und wirtschaftliche Funktionen haben. Daher müssen diese Knotenpunkte und Ballungen besonders geschützt werden.

Video | Kabelsabotage in der Ostsee: Überwachungskamera filmt chinesisches Schiff
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Quelle: t-online

Maßnahmen zum Schutz und zur Vorsorge müssen endlich vorankommen

Nach den Beschädigungen des deutsch-finnischen Kabels reagierten die betroffenen Nato-Staaten relativ schnell und begannen mit der Überwachung verdächtiger Schiffe, so auch des chinesischen Frachters "Yi Peng 3". Im Vergleich zu den Vorfällen um Baltic Connector 2023 oder Nordstream 2 ist dies bereits ein Fortschritt. Auch die klare Kommunikation des Außenamtes – von Pistorius und Faeser – ermöglicht es, die Bevölkerung stärker zu sensibilisieren und, sobald weitere Erkenntnisse vorliegen, die Reaktion gegen einen möglichen Saboteur zu verschärfen.

Ein vollumfänglicher Schutz der Infrastruktur ist nicht möglich. Doch zusätzliche Genehmigungsauflagen sollten für mehr Sicherheit sorgen. Die Schutzmaßnahmen im Entwurf des KRITIS-Dachgesetzes sind nicht ausreichend – Anforderungen für eine robustere Ummantelung der Kabel müssen erhöht und die Betreiber zum Anbringen von mehr Sensoren und Kameras im Bereich der Infrastruktur verpflichtet werden.

Bislang gibt es nur wenige Spezialschiffe zur Reparatur der Kabel

Auch die bessere Vorbereitung auf Störungen und Beschädigungen ist unerlässlich. Um das Risiko großflächigerer Ausfälle zu vermeiden, müssen redundante Satellitenverbindungen weiter ausgebaut werden. Vor allem muss auch die EU endlich mehr in die Infrastruktur investieren, um auch die große Abhängigkeit von Big-Tech-Unternehmen zu verringern, die derzeit weit überwiegend in den Ausbau der Kabelinfrastruktur investieren.

Projekte wie "Nato Heist" müssen vorangetrieben werden. Hier soll die Datenübertragung im Falle eines größeren Angriffs auf die Kabelinfrastruktur auf Satelliten umgelenkt werden. Staatliche Resilienzpläne sollten besonders wichtige Datenübertragungen priorisieren, sodass diese Verbindungen bei einem großflächigeren Ausfall aufrechterhalten bleiben.

Außerdem müssen die bisher geringen Reparaturkapazitäten ausgebaut werden. Es stehen nur wenige Spezialschiffe für die Reparatur der Kabel zur Verfügung. Kommt es zu großen und flächendeckenden Beschädigungen, verzögern sich die Reparaturen um viele Monate. So könnten auch die Reparaturkapazitäten selbst zum Ziel von Sabotage werden und, kombiniert mit der Störung der Datenverbindung, die Ausfallzeiten erheblich verlängern.

Es braucht ein umfassendes Lagebild

Zugleich braucht es endlich ein umfassendes Lagebild, um schneller reagieren zu können. Die Daten der Schiffe (zum Beispiel Radar), von Aufklärern, Drohnen, von Satellitenbildern und von den Betreibern der Unterseekabel müssen in einem Lagebild zusammenlaufen. Mit technologischen Mitteln, wie Sensoren, Flächenecholoten, Infrarotkameras oder Laserlichtquellen, lässt sich auch unter Wasser ein noch besseres Bild erzeugen, das für den Schutz und die schnelle Reaktion auf Vorfälle unerlässlich ist.

Der Informationsaustausch zwischen Betreibern und Sicherheitsbehörden, auch grenzüberschreitend, ist dabei noch deutlich ausbaufähig und wirft die grundlegende Frage der angemessenen Lastenteilung zwischen privaten Betreibern und Staaten auf.

Zudem braucht es eine fähigkeitsspezifische Verteilung der Zuständigkeiten. Derzeit sind die Zuständigkeiten für den Schutz der kritischen Infrastruktur nicht entsprechend verteilt. Die zuständigen Polizeibehörden verfügen über eingeschränkte Fähigkeiten, vor allem unter Wasser. Die Marine hingegen darf nur auf Antrag tätig werden.

Bei den Vorfällen der vergangenen Woche im Ostseeraum reagierten die Nato-Mitgliedstaaten schneller als noch Jahre zuvor. Doch sind die Vorkehrungen zum Schutz von Unterseekabeln und die Maßnahmen für das Auffangen von Ausfällen bisher noch nicht ausreichend. Zumal das Risiko für weitere Vorfälle steigt. Es wird allerhöchste Zeit, umfassendere Maßnahmen zu ergreifen.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben die Meinungen der Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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