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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kabelsabotage in der Ostsee Dänische Marine stoppt verdächtigen China-Frachter
Der Frachter "Yi Peng 3" hat angehalten, in direkter Nähe hält sich die dänische Marine auf. Das Schiff wird verdächtigt, für die Beschädigungen der Internetkabel in der Ostsee verantwortlich zu sein.
Über viele Stunden sind verschiedene Schiffe der dänischen Marine dem chinesischen Frachter "Yi Peng 3" durch den Großen Belt zwischen Fünen und Seeland gefolgt. Nun hat ein Patrouillenboot das 225 Meter lange Schiff offenbar nördlich von Seeland festgesetzt.
Das Schiff wird verdächtigt, für die Beschädigungen der Internetkabel in der Ostsee verantwortlich zu sein. Es war vor einigen Tagen im russischen Ust-Luga aufgebrochen und hatte als Zielhafen das ägyptische Port Said angegeben.
Experten stießen schon früh auf den Frachter
Deutsche Behörden sind mit dänischen, schwedischen und finnischen Behörden im Austausch, wollten die mutmaßliche Rolle der "Yi Peng 3" auf Anfrage von t-online aber nicht kommentieren. Das Bundesverteidigungsministerium geht von Sabotage aus. Das Bundesinnenministerium verwies auf die Ermittlungen in Finnland und Schweden.
Schon am Dienstagmorgen wiesen Experten, die sich mit der Beobachtung des Ostseeraums auf Grundlage von öffentlich verfügbaren Daten beschäftigen, im Internet-Kurznachrichtendienst Bluesky auf die mögliche Rolle der "Yi Peng 3" für die mutmaßliche Sabotage hin. Sie hatten schon im Oktober 2023, als die Gaspipeline Balticconnector zwischen Finnland und Estland beschädigt wurde, frühzeitig den chinesischen Frachter "Newnew Polar Bear" korrekt als Verursacher identifiziert.
Verlangsamte der ausgeworfene Anker das Schiff?
Nun kommen die Benutzer "Gary Gnutter", "Pekka Lund" und "auonsson" zu dem Ergebnis, die "Yi Peng 3" habe in der Zeit, als die Schäden an den Internetkabeln C-Lion1 und BCS East-West Interlink am Sonntag und Montag auftraten, die Kabel an den fraglichen Stellen überfahren. Jeweils habe das Schiff dabei an Geschwindigkeit verloren und auffällige Kursänderungen vorgenommen.
Beides brachten die Accounts in einen Zusammenhang mit der mutmaßlichen Sabotage. Das gleiche Phänomen war bereits im Fall der "Newnew Polar Bear" im vergangenen Jahr beobachtet worden. Vermutlich war es darauf zurückzuführen, dass damals der vorsätzlich ausgeworfene Anker des Schiffs auf den physischen Widerstand der Pipeline stieß.
Der estnische Sicherheitsforscher Erik Kannike wies im Kurznachrichtendienst X darauf hin, erst in diesem Monat habe der chinesische Eigentümer Ningbo Yipeng Shipping das Schiff erworben.
"Yi Peng 3" kommt zum Stillstand – und ankert
Anscheinend kommen die Behörden nun insgesamt zu einem ähnlichen Ergebnis: "Die Schweden sehen sich dieses chinesische Schiff genau an", zitierte am Dienstagabend die "Financial Times" eine ungenannte Quelle, die mit den schwedischen Ermittlungen vertraut sein soll. Ein Sprecher der Bundespolizei sagte auf Anfrage von t-online, man sei nicht mit dem Schiff befasst.
Am Dienstagabend kam die "Yi Peng 3" dann aber laut der öffentlichen Schiffsdatenbank "Vesselfinder" ab etwa 20 Uhr nördlich der dänischen Insel Seeland zum Stillstand. Kurz vor 21 Uhr bewegte es sich nur noch mit weniger als 1 Knoten Geschwindigkeit in dänischen Gewässern fort. Wenige hundert Meter in internationalen Gewässern hielt es den Daten zufolge dann an, "Vesselfinder" zeigte seinen Status anschließend als "ankernd" an.
In einiger Entfernung hielt sich dabei das Patrouillenboot "P525" der dänischen Marine auf, das den Frachter seit Stunden beschattete, und schien die "Yi Peng 3" nun langsam zu umrunden. Ein weiteres Schiff der dänischen Marine, die "HDMS Søløven", hatte Kurs auf die Stelle genommen und erreichte sie um kurz nach 23 Uhr, wo es vor Anker ging. Es ist zur Unterstützung von Tauchern beispielsweise beim Räumen von Minen oder Munition vorgesehen. Die "P525" entfernte sich anschließend. Das dänische Verteidigungsministerium reagierte auf eine Anfrage von t-online bislang nicht.
Auch die "Newnew Polar Bear" war vergangenes Jahr von Nato-Marine begleitet worden, bis sie die Ostsee verließ. Damals hieß es, es habe nicht genug Beweise für eine Kontrolle gegeben. Der finnische Verteidigungsminister Antti Häkkänen versicherte am Dienstag öffentlich, ein solcher Fall werde sich nicht wiederholen. Die Behörden im Ostseeraum seien bereit, die Fahrt eines verdächtigen Schiffs notfalls zu stoppen.
Update, 19.11.2024, 23.32 Uhr: In einer vorherigen Version des Artikels wurde der Sicherheitsforscher Kannike weiterführend wiedergegeben, laut russischer Hafendaten sei ein russischer Staatsbürger noch immer Kapitän der "Yi Peng 3". Ein Journalist des "Stern" widerlegte das anhand der Daten wenig später. Bei dem genannten Mann habe es sich um den Hafenlotsen gehandelt.
- Eigene Recherchen