Pressestimmen zur US-Wahl "Seine zweite Amtszeit könnte spektakulär werden"
Er ist zurück im Weißen Haus: Donald Trump hat die US-Präsidentschaftswahlen gewonnen. Die internationale Presse ist darüber geteilter Meinung.
Donald Trump hat es geschafft. Bei der US-Präsidentschaftswahl in der Nacht auf Mittwoch konnte sich der Republikaner gegen seine demokratische Konkurrentin Kamala Harris durchsetzen.
Trump versprach im Wahlkampf die "größte Deportation der Geschichte" von Migranten aus den USA, das Ende des russischen Krieges in der Ukraine sowie hohe Einfuhrzölle und Steuersenkungen. Auch leugnet der Republikaner die Klimakrise und kündigte einen drastischen Ausbau der Öl- und Erdgasförderung der USA an.
Embed
Solche Aussagen und Ziele polarisieren – und das nicht nur die USA. Auch die internationale Presse ist geteilter Meinung darüber, wie Donald Trumps erneute Wahl zu bewerten ist.
Niederländische Zeitung erwartet "spektatuläre" Amtszeit
Die niederländische Zeitung "NRC" glaubt, Trumps zweite Amtszeit könnte "spektakulärer werden als die zwischen 2016 und 2020". Denn in der republikanischen Partei habe er kaum noch Kritiker. So könne er "eine Grenzmauer bauen, Millionen illegaler Einwanderer deportieren" und "Handelsschranken errichten", schreibt "NRC".
Besonders hebt die niederländische Zeitung Trumps Fähigkeit hervor, "alle möglichen religiösen Gruppen für sich zu gewinnen", ohne selbst religiös zu sein. Außerdem habe er es durch ein altmodisches Bild von Männlichkeit geschafft, "ausgerechnet" junge Männer anzuziehen.
Belgische Zeitung beschwört europäische Einheit
Die belgische Zeitung "De Tijd" warnt Europa nach Trumps Wahl zum US-Präsidenten vor einem "unberechenbaren Partner im Weißen Haus". Europa habe für Trump eine untergeordnete Bedeutung, sein Blick schweife eher nach China, "das er für eine größere Gefahr hält als Russland". Außerdem warnt die Zeitung vor einem möglichen Friedensplan des Republikaners für die Ukraine. "Die Wahrscheinlichkeit, dass davon vor allem Russland profitieren wird, ist groß", schreibt "De Tijd".
Trumps Rückkehr sollte den europäischen Politikern klarmachen, "dass sie an einem Strang ziehen müssen", heißt es weiter. "In Erwartung von Trump II sollten sie Maßnahmen ergreifen, um ihre Leitplanken zu verstärken, falls die Konfrontation mit Washington außer Kontrolle gerät."
Trump habe in seiner ersten Amtszeit bereits gezeigt, dass er "nicht sonderlich an internationaler Zusammenarbeit interessiert" sei, schließt "De Tijd".
Trump als "Bestatter der US-Demokratie"
Ein düsteres Bild zeichnet der australische "Sydney Morning Herald" in seiner Bewertung von Trumps Wiederwahl. Das amerikanische Volk habe die Demokratie als "gescheitertes Experiment" aufgegeben. Trump habe mehrfach klargemacht, dass er Wahlergebnisse nicht akzeptiert. "Doch die meisten amerikanischen Wähler haben bei der Wahl am Dienstag in vollem Bewusstsein für ihn gestimmt", schreibt der "Sydney Morning Herald".
Sieben von zehn Amerikanern seien sich des Risikos, mit einer Stimme für Donald Trump die Demokratie zu untergraben, bewusst gewesen, heißt es weiter. "Dennoch haben die meisten Wähler ihm bereitwillig die Macht überlassen." Wenn George Washington der Vater der amerikanischen Demokratie sei, habe sich Trump als ihr Bestatter beworben – "und ist nun in der Lage, diese Aufgabe zu erfüllen", heißt es im "Sydney Morning Herald"
"NZZ" kritisiert Ampel-Regierung nach Trump-Wahl
Die "Neue Zürcher Zeitung" ("NZZ") lässt nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten kein gutes Haar an der deutschen Bundesregierung. Die Ampel habe alles auf einen Sieg von Harris gesetzt – "einen Plan B hatte sie anscheinend nicht, schreibt die "NZZ". Trumps Sieg offenbare nun "schonungslos die Versäumnisse der deutschen Regierung". Sie hätte Joe Bidens Präsidentschaft nutzen müssen, um sich von den USA unabhängig zu machen.
Vor allem die Verteidigungspolitik sei unzureichend auf eine zweite Amtszeit Trumps vorbereitet, kritisiert die "NZZ". Deutschland habe die Bundeswehr vernachlässigt – "schließlich konnte man sich stets auf die Schutzmacht USA verlassen".
Sollten sich die USA wie erwartet weniger in der Nato engagieren, könnte Kanzler Scholz (SPD) zu Europas wichtigstem Mann in Sachen Verteidigung werden. Bisher verhalte er sich jedoch nicht so. Er versuche seit Jahren, Putin mit seinen Entscheidungen nicht zu verärgern. "Einen Zauderer an der Spitze kann sich Europa in Zeiten des Krieges jedoch nicht leisten", urteilt die "NZZ".
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa