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Nahost: Wie weit geht Israels Präsident Netanjahu gegen den Iran?


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Netanjahu und Israels Feinde
Der Inbegriff der Maßlosigkeit

MeinungEine Kolumne von Gerhard Spörl

Aktualisiert am 03.10.2024Lesedauer: 3 Min.
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Benjamin Netanjahu: Wie weit geht der israelische Premierminister im Konflikt mit Iran? (Quelle: IMAGO/Sergei Guneyev)
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Israel droht Iran nach dem Raketenangriff mit Vergeltung. Die Mullahs haben genügend Uran für eine Atombombe. Wie weit wird Benjamin Netanjahu gehen?

Amerikanische Kriegsschiffe halfen dabei, die anfliegenden 180 iranischen Raketen abzuschießen. Außerdem sind drei Lenkwaffenzerstörer in der Region und noch ein Flugzeugträger ist auf dem Weg dorthin. Insgesamt 40.000 US-Soldaten sind über den Nahen Osten verteilt, von Irak bis Kuwait.

Die Weltmacht befindet sich in einer undankbaren Doppelrolle. Sie garantiert einerseits die Existenz des Staates Israel, der sich von Feinden umzingelt sieht, und erhöht die militärische Präsenz in der Gegend. Sie vermag andererseits so gut wie keinen Einfluss auf Benjamin Netanjahu auszuüben. Waffenstillstand und Geiselaustausch in Gaza: abgelehnt. Warnung vor Bodenoffensive in Gaza: abgetan. Warnung vor Bodenoffensive im Libanon: nebbich!

Israel gegen den Rest der Welt. Netanjahus historischer Auftritt vor der Uno bestand aus einer Suada der Verachtung für diese Institution, gegen die sich viel sagen lässt, außer dass es nichts Besseres gibt. Wer nicht für Israel eintritt, verfällt seinem Bannspruch wie António Guterres, der Uno-Generalsekretär, der nun nicht mehr ins Land einreisen darf. Wer ist der oder die nächste?

Netanjahu hat die Eskalationsdominanz

Benjamin Netanjahu ist der Inbegriff der Maßlosigkeit. Wir gegen sie, Gut gegen Böse: Seinem Denken haftet etwas Archaisches an. Kritik verbietet er sich in negativen Superlativen. Der Scoop mit den präparierten Pagern und Walkie Talkies und der Mord an Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah bestätigen ihm, dass Israel in der Region beispiellos überlegen ist und keine Verbündeten braucht. Sie bemühen sich ja freiwillig um Ausgleich mit Israel wie Saudi-Arabien oder Katar. Und sie beteiligen sich sogar am Abfangen der iranischen Raketen, wie Jordanien.

Netanjahu hat die Eskalationsdominanz im Nahen Osten. In den Geschichtsbüchern wird später einmal stehen, dass ihm dieses Massaker vor ziemlich genau einem Jahr nach und nach die Gelegenheit bot, nicht nur die Hamas, sondern auch die Hisbollah entscheidend zu schwächen. Immer schon traute man ihm auch einen Schlag gegen Iran zu und er redete oft genug davon, dass Israel den Iran mit allen Mittel daran hindern müsste, Atommacht zu werden. Jetzt sagte er, Iran werde einen hohen Preis für den Raketenangriff zahlen. Welchen?

Hat Iran die Bombe?

Iran ist offenbar nicht mehr weit davon entfernt, genügend waffenfähiges Uran für Atomsprengköpfe anzureichern. Aber selbst wenn spaltbares Material im rechten Maß vorhanden sein sollte, dauert es eine gewisse Zeit, eine nukleare Waffe zu bauen. Hilfe bekommt Iran von Freunden wie Russland, Nordkorea oder China. Alles scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis Iran so weit ist.

Das Uran wird in einer unterirdischen Anlage in Natanz angereichert, im trockenen Landesinneren, 225 Kilometer südöstlich Teherans. Natanz wäre das bevorzugte Ziel im Fall der Fälle, genauso wie das Nukleartechnische Zentrum in Isfahan. Kann man sich aber vorstellen, dass Israel entsprechende Waffen besitzt, um etwa Bunker zu sprengen? Muss man sich sogar vorstellen, nach der Erfahrung der letzten Tage.

Unterschiede zwischen innen und außen

Draußen in der Welt wird Netanjahu als kriegslüstern wahrgenommen, als ein Mann, für den Ausgleich, Frieden oder Diplomatie keine Kategorien darstellen. Draußen in der Welt wird Netanjahu als ein inhumaner Politiker kritisiert, der 120 Geiseln preisgibt, weil sein höheres Gut die Befreiung von Feinden in Gaza und im Libanon bleibt.

Drinnen in Israel sieht es anders aus. Der Erfolg spricht für Netanjahu und deshalb steht wohl noch immer eine größere Mehrheit hinter ihm. Sie findet es richtig, die arabischen Bauern aus dem Westjordanland zu vertreiben. Auch findet sie es richtig, dass die Hamas zerschlagen wird, sodass der Raketenbeschuss im Süden Israels aufhört. Sie findet es ohnehin richtig, dass die Hisbollah dezimiert wird, dank der Findigkeit des Mossad.

Invasionen sind ein Risiko

Invasionen sind allerdings immer ein unkalkulierbares Risiko mit hohem Blutzoll. Und der Libanon ist seit dem Bürgerkrieg in den Siebzigerjahren, als das komplizierte Gebilde mit seiner Machtteilung für Maroniten und Drusen, Muslime und Christen dahinsiechte, ein Torso. Nur deshalb konnte die schiitische Hisbollah in kurzer Zeit mit iranischer Begleitung zum entscheidenden Machtfaktor im Libanon aufsteigen.

Was aber wird aus diesem Land nach einer Bodenoffensive und, nehmen wir mal an, ohne Hisbollah? Gut möglich, dass die von Netanjahu geschmähte Uno stärker ins Spiel kommen müsste.

Netanjahu braucht einen Plan

Krieg ist immer einfach. Aber was kommt danach? Großzügige Sieger sorgen dafür, dass die Demütigung für den Verlierer nicht zu tief reicht, weil ja sonst die Saat für den nächsten Krieg gelegt wird. Umsichtige Kriegsherren verfügen über einen Plan, wie die neue Ordnung danach gestaltet werden kann.

Weder Benjamin Netanyahu noch das von ihm geprägte Israel geben Anlass zu Hoffnung, dass sie den Grundstein für einen anderen, einen weniger kriegsgeplagten Nahen Osten legen wollen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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