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Boris Johnsons "Partygate": Statt Geburtstagstorte gibt es Scherbenhaufen


Keine Geburtstagstorte für Ex-Premier?
Britisches Unterhaus: Boris Johnson ist ein Lügner

Von dpa, aj

Aktualisiert am 20.06.2023Lesedauer: 4 Min.
Boris Johnson in einer Konditorei: Sein Geburtstagskuchen löste den "Partygate"-Skandal aus.Vergrößern des BildesBoris Johnson in einer Konditorei: Seine Feierei mit Geburtstagskuchen löste vor drei Jahren den "Partygate"-Skandal aus. (Quelle: WPA Pool/Gettyimages)

Ausgerechnet an seinem 59. Geburtstag: Das britische Unterhaus hat einen vernichtenden Bericht über die"Partygate"-Lügen von Boris Johnson angenommen.

Die jüngsten Nachrichten aus Großbritanniens Politik klingen eher nach einem Scherbenhaufen als nach Geburtstagsfeierei: Ausgerechnet an Boris Johnsons 59. Geburtstag wurde im Unterhaus in London über den vernichtenden Bericht eines Ausschusses zur "Partygate"-Affäre abgestimmt.

Das Ergebnis: Das britische Parlament hält den ehemaligen Premierminister für einen Lügner. Nur sieben Abgeordnete von Johnsons konservativer Partei votierten gegen den Entschluss, aber 118 dafür. Die Mehrheit der 352 Abgeordneten starken Tory-Fraktion enthielt sich – darunter Premier Rishi Sunak und die meisten prominenten Kabinettsmitglieder. Als Antwort beschimpfte Johnson lautstark die Mitglieder des Ausschusses, darunter mehrere konservative Abgeordnete.

Insgesamt stimmten 354 Abgeordnete zu, das House of Commons hat 650 Sitze. Das Votum gilt als symbolisch und hat kaum direkte Auswirkungen, weil Johnson sein Mandat bereits zuvor niedergelegt hatte. Das Unterhaus entzog ihm mit der Abstimmung aber den Parlamentspass, der ehemaligen Abgeordneten eigentlich zusteht.

Scherbenhaufen statt Geburtstagstorte

Auch Johnsons Geburtstag vor drei Jahren hatte sich als schicksalhaft herausgestellt. Weil er sich trotz Corona-Kontaktbeschränkungen mit Torte feiern ließ, erhielt er von der Polizei später eine Geldstrafe – als erster amtierender Premier der britischen Geschichte. Wie sich herausstellte, war das kein Einzelfall: In den Regierungsgebäuden wurde gezecht und gefeiert, während das Land im Lockdown verharrte.

Doch als Bilder und Augenzeugenberichte an die Öffentlichkeit kamen, stritt Johnson alles ab. Alle Regeln seien befolgt worden, behauptete er im Parlament. Als das nicht mehr zu halten war, gab er an, nichts von den Feiern mitbekommen zu haben. Als klar wurde, dass er selbst mitgefeiert hatte, vertrat er den Standpunkt, nicht gemerkt zu haben, dass es sich um illegale Feiern handelte. Der Ausschuss nahm ihm nichts davon ab.

Nur wenige Vertraute verteidigten Johnson

Bei der Debatte ging es nun darum, ob sich das Parlament das Untersuchungsergebnis zu eigen macht und Sanktionen gegen Johnson verhängt. Einer vom Ausschuss empfohlenen Suspendierung von 90 Tagen kam Johnson zuvor, indem er sein Mandat niederlegte. Die Strafe fiel deutlich höher aus, weil Johnson den Ausschuss zuvor als "kangaroo court" (Willkürgericht) geschmäht hatte. Er fühlt sich als Opfer einer politisch motivierten Hexenjagd von Brexit-Gegnern und persönlichen Feinden.

Doch schließlich verteidigten nur wenige Johnson-Vertraute den Ex-Premier. Johnson hatte seine Leute zurückgepfiffen – auch, weil sich eine deutliche Mehrheit gegen ihn abzeichnete, denn eine Fraktionspflicht gab es diesmal nicht. Viele Tory-Abgeordnete, darunter Johnsons Nachfolgerin Liz Truss, kreuzten gar nicht erst im House of Commons auf. Andere warben offen um Zustimmung. Von einem "kleinen, aber wichtigen Schritt, das Vertrauen der Menschen in die Abgeordneten wiederherzustellen" sprach Johnsons Vorgängerin Theresa May.

Opposition wirft Sunak Führungsschwäche vor

Johnsons Skandale setzen auch den amtierenden Premierminister Rishi Sunak unter Druck. Egal, welche Themen sich Sunak vornimmt und über was er sprechen möchte – die Rede kommt immer wieder auf den skandalumwitterten Ex-Regierungschef. Die Zeitung "Guardian" kommentierte: "Johnsons Vermächtnis verfolgt Sunak." Der Amtsinhaber brachte es nicht über die Lippen, seinen einstigen Chef öffentlich zu kritisieren. Das könnte ihn nun selbst beschädigen.

Denn Sunak selbst verpasste die Debatte im Unterhaus. Der Regierungschef empfing zur gleichen Zeit den schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson. Wie er im Falle eines Votums abstimmen würde, ließ Sunak auch auf mehrfache Nachfragen offen. "Es ist wichtig, dass sich die Regierung nicht einmischt, denn es ist eine Sache des Parlaments und der Abgeordneten als Einzelpersonen, nicht als Mitglieder der Regierung", sagte der Premier in einem ITV-Interview.

Die Opposition warf dem Premier umgehend Führungsschwäche vor. "Wenn der Premierminister noch nicht einmal in der Lage ist Führung zu beweisen, wenn es darum geht, Lügner zur Rechenschaft zu ziehen, wie kann er erwarten, dass die Bürger dieses Landes ihm in anderen Dingen vertrauen", sagte die Labour-Abgeordnete Thangam Debbonaire.

Penny Mordaunt sitzt fast alleine auf der Regierungsbank

So saß die für Parlamentsfragen zuständige Ministerin Penny Mordaunt fast alleine auf der Regierungsbank. Beobachter sprachen von einem peinlichen Eindruck für Sunak, der zu seinem Amtsantritt mehr Integrität versprochen hatte.

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Dabei ist Sunaks Vorsicht durchaus angebracht. Zwar hat Johnson kaum noch Verbündete in der Tory-Fraktion, und auch die Briten insgesamt wollen einer Yougov-Umfrage zufolge vom Ex-Premier nicht mehr viel wissen. Doch dieselbe Umfrage ergab auch, dass Johnson bei konservativen Wählern noch immer beliebter ist als Sunak, den viele an der Parteibasis für das Aus des Populisten verantwortlich machen. "Wie hältst du es mit Boris?" dürfte mit Blick auf die für 2024 geplante Parlamentswahl für viele Tory-Kandidaten zur Gretchenfrage werden. Der geschmähte Ex-Premier hat wiederholt deutlich gemacht, dass er seine politische Karriere noch nicht für beendet hält.

Weil er bereits aus dem Parlament ausgeschieden ist, hat die Abstimmung im Unterhaus keinen großen Konsequenzen für ihn. Ansonsten wäre er wegen seines Verhaltens für 90 Tage als Abgeordneter suspendiert worden.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und afp
  • Berichterstattung von BBC News
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