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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Neue Erfolgsmeldungen Kampf gegen Corona: So schlagen sich andere Länder
Über eine Million Infizierte, Zehntausende Tote: Der Kampf gegen das Coronavirus hält die Welt im Atem. Während viele Länder noch vor dem Höhepunkt der Pandemie-Welle stehen, gibt es aus anderen Nationen erste Erfolgsmeldungen. Doch ist das Virus dort wirklich schon besiegt?
Die Kanzlerin ist dieser Tage um mahnende Worte nicht verlegen: "Das Virus kennt keine Feiertage", sagte sie Mitte der Woche in einer Audio-Pressekonferenz. Sie meint: auch bis Ostern kann es in Deutschland keine Entwarnung im Kampf gegen das Coronavirus geben. So bleibt das öffentliche Leben in der Bundesrepublik auf ein Mindestmaß reduziert.
Andere Länder sind da schon weiter. Aus Fernost kommen täglich Erfolgsmeldungen: Die Infizierten-Zahlen steigen kaum noch, das Virus scheint mancherorts bereits besiegt. Doch stimmt das wirklich? Ein Überblick darüber, wie weit die Welt schon im Kampf gegen Corona gekommen ist – und wo es noch was zu tun gibt.
Italien: "Wir müssen aufpassen"
Die italienische Regierung sah sich in dieser Woche dazu gezwungen, die rigorosen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus zu verlängern. Bis nach Ostern gelten hier nun für 60 Millionen Menschen die schärfsten Ausgangsbeschränkungen in Europa. Dass die bitter nötig sind, zeigen die Zahlen der Infizierten: Weit über 110.000 Menschen sind in Italien positiv auf das Coronavirus getestet worden, fast 14.000 Menschen sind an der Lungenkrankheit bereits gestorben.
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Doch nach all den Maßnahmen gab es zuletzt auch deutliche Zeichen der Hoffnung. So stieg die Zahl der Neuinfizierungen nicht mehr so stark wie in den Wochen zuvor. Ebenfalls eine gute Meldung: Der Druck auf die Kliniken scheint abzunehmen – bei den Menschen auf der Intensivstation kamen zur Mitte der Woche nur 12 Patienten hinzu. Laut Statistiken der Johns-Hopkins-Universität gelten in Italien bereits über 18.000 Menschen als geheilt. Auch der für die Kliniken so wichtige Zeitraum, bis sich die Infiziertenzahlen in einem Land verdoppeln, ist in Italien nun auf 16 Tage gestiegen. Ein Wert, den sich Kanzlerin Merkel auch für Deutschland wünscht, momentan liegt er in Deutschland aber bei rund neun Tagen. Das könnte die vollkommen überlasteten Krankenhäuser im Norden Italiens entlasten – und damit die Todesfälle senken.
Der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte zeigte sich daher zuversichtlich und glaubt, dass es nun gelinge, die medizinische und wirtschaftliche Notsituation im Land zu meistern. Allerdings mahnte Conte auch: "Wir müssen nur aufpassen, auch wenn die Zahl der Infizierten jetzt zurückgeht, dass nicht alle Bemühungen umsonst waren." Auch andere Experten wiesen darauf hin, dass diese Entwicklung über eine längere Phase andauern müsse, bevor von einer echten Entwarnung gesprochen werden kann.
Spanien: Kurve stabilisiert
Noch am Donnerstag hat Spanien eine neue Rekordzahl an Todesopfern durch das Coronavirus vermelden müssen. Innerhalb von 24 Stunden seien 950 Menschen gestorben, die Gesamtzahl liege nun bei mehr als 10.000 Toten, teilten die Gesundheitsbehörden mit. Jedoch gäben die Statistiken der vergangenen Tage auch Grund zu Optimismus, sagte Gesundheitsminister Salvador Illa. "Die Daten zeigen, dass die Kurve sich stabilisiert hat, wir haben den Höhepunkt erreicht und eine Verlangsamung hat begonnen." Die Situation in den Krankenhäusern bleibt aber weiter kritisch.
Gleichzeitig kletterte aber auch die Zahl der geheilten Patienten auf eine Höchstmarke: Seit Mittwoch wurden über 4.000 Menschen als gesund entlassen. Von den mehr als 112.000 verzeichneten Infizierten gelten somit fast 27.000 als geheilt. Der Anstieg der Infiziertenzahl im Vergleich zum Vortag liege nun bei acht Prozent, "vor einer Woche waren es noch 18 Prozent", rechnete Illa vor. "Um aus dem Tunnel herauszukommen, ist die Beteiligung aller erforderlich", betonte der Minister mit Blick auf die strengen Ausgangsbeschränkungen für die knapp 47 Millionen Spanier, die erst einmal bis zum 11. April gelten.
Dänemark: Tippelschritte hin zur Normalität
Dänemark war schnell: Schon am 14. März machte der Nachbarstaat im Norden seine Grenzen dicht, eine Woche früher als Deutschland. Und auch mit den anderen Maßnahmen preschte Dänemark voran – Läden und Restaurants schlossen früher als hierzulande, auch die Versammlungsverbote setzte der skandinavische Staat rascher durch.
Mette Frederiksen, die dänische Ministerpräsidentin, stand wegen der strikten Auflagen anfangs stark in Kritik. Doch inzwischen zahlt sich ihr entschlossenes Vorgehen aus: Der Anstieg der Fallzahlen in dem skandinavischen Land hat deutlich abgenommen, am Donnerstag wurden 3.290 bestätigte Infektionen gemeldet, 104 Menschen starben bislang an einer Covid-19-Erkrankung. Die Zahlen verdoppeln sich derzeit nur noch alle neun Tage, das ist deutlich langsamer als zunächst befürchtet worden war. Deswegen wagte Frederiksen zu Beginn der Woche erstmals einen optimistischen Ausblick: Wenn sich die positive Entwicklung fortsetze, könnte das Land nach Ostern schrittweise in die Normalität zurückkehren. Die Ministerpräsidentin schob allerdings nach, dass das nur unter einer Bedingung gelingen könne: dass sich die Bevölkerung weiterhin an die strengen Regeln hält.
Bald könnte Dänemark die Auflagen also langsam lockern. Denkbar wäre beispielsweise, dass die Zeitpunkte für Schul- und Arbeitsbeginn variieren, um Menschenansammlungen zu entzerren. Ganz normal wird also auch die vorläufige Normalität nicht ausfallen. Und bis das Land die Grenzen wieder öffnet, dürfte noch einige Zeit vergehen.
China: Erfolgsgeschichten – mit Vorsicht zu genießen
In China nahm die Coronavirus-Epidemie ihren Anfang – nun kommen von dort die momentan größten Erfolgsmeldungen. Nachdem sich das Virus in der Provinz Hubei zunächst wie ein Tsunami ausgebreitet und mehr als 80.000 Menschen infiziert hatte, vermelden die Behörden seit einigen Tagen nur noch wenige Neuinfektionen. Diese sollen meist aus dem Ausland "importiert" worden sein. Zwar sind diese Zahlen mit Vorsicht zu genießen – warum erklärt Außenpolitik-Redakteur Patrick Diekmann hier – doch es scheint, als habe China das Virus erfolgreich eindämmen können.
Danach sah es lange Zeit nicht aus: Zwei Monate lang standen Millionen Menschen in Hubei unter strikten Ausgangssperren, die Millionenmetropole Wuhan wurde sogar komplett vom Rest des Landes abgeriegelt. Während zunächst nur die Ausreise nicht mehr erlaubt war, wurden später nach und nach die Regeln verschärft. Zunächst gab es Beschränkungen im Autoverkehr, dann durfte überhaupt niemand mehr auf die Straßen. Auch in der gesamten Provinz Hubei hatte am 23. Januar schrittweise die Schließung begonnen. In immer mehr Städten wurden dann Beschränkungen verhängt.
Diese werden nun nach und nach wieder gelockert. Doch trotz aller Erfolgsmeldungen, ist die Angst vor einem erneuten Ausbruch immer noch groß. Deshalb sind die Einschränkungen für die Bevölkerung in Hubei nach wie vor groß: So darf aus jedem Haushalt nach wie vor nur eine Person auf die Straße gehen – und dies für maximal zwei Stunden am Tag. Wer in Supermärkte oder in einem Bahnhof will, muss vor dem Eingang nachweisen können, dass er gesund ist. Diese "grüne Gesundheitskarte" wird von den Behörden ausgestellt – und kann jederzeit widerrufen werden. Zudem müssen die Bürger der Provinz eine App auf ihrem Smartphone nutzen, die Corona-Fälle ortet. Auch Arbeiten ist nur unter strengen Auflagen wieder möglich.
Südkorea: Keine Beschränkungen, aber überwacht wird fast jeder
Südkorea gilt als das Vorzeigeland innerhalb der westlichen Industriestaaten. Das Land setzte im Kampf gegen das Virus auf umfangreiche Tests – und konnte so Infizierte einfacher aufstöbern und so auf Ausgangsbeschränkungen für die gesamte Bevölkerung verzichten. In dem Land ist bei rund 10.000 Menschen eine Erkrankung an Covid-19 nachgewiesen, etwas über 160 Menschen starben. Nachdem es im Februar kurzzeitig auch einmal über 900 Neuinfektionen an einem Tag gegen hatte, scheint sich im März ein deutlicher Abwärtstrend eingestellt zu haben. Zuletzt hatte sich die Zahl den Behörden zufolge bei etwa 100 "stabilisiert".
Doch auch diese Erfolge haben ihren Preis: Der Staat sucht mittels Smartphone- und Kreditkarten-Daten nach Infizierten, deren Bewegungsprofile über Apps öffentlich zugänglich sind. Arbeitnehmer müssen mehrfach am Tag Fieber messen. Dort, wo sich Infizierten-Fälle häufen, sind ganze Wohnblöcke dicht.
USA: Todesfälle wie in Weltkriegen könnten bevorstehen
Nachdem das Coronavirus in den letzten Wochen besonders in Europa grassierte, trifft es seit geraumer Zeit die Vereinigten Staaten mit voller Wucht. Über 245.000 Menschen sind mittlerweile in den USA infiziert, allein in der Millionenstadt New York über 1.500 an den Folgen des Virus gestorben. US-Präsident Donald Trump erwägt nun, auch innerhalb der Bundesstaaten Reiseeinschränkungen zu verhängen. Am Freitag vermeldeten die Behörden über 1.000 Todesopfer an einem Tag – die höchste Zahl, die es bislang innerhalb von 24 Stunden in einem Land gab.
Im besonders heftig von der getroffenen US-Bundesstaat New York halten sich die Bürger nach Ansicht von Gouverneur Andrew Cuomo indes weiterhin nicht streng genug an die Kontaktbeschränkungen. "Wer muss noch sterben, damit ihr versteht, dass ihr eine Verantwortung habt?", sagte Cuomo bei einer Pressekonferenz. Er verkündete, deshalb die Spielplätze in New York City zu schließen.
Die Vereinigten Staaten agieren zunehmend verzweifelt: So wirft ein französischer Politiker den USA vor, für Frankreich bestimmte Lieferungen von Schutzmasken in China aufzukaufen. Renaud Muselier, Präsident der Region Provence-Alpes-Côte d'Azur, sagte dem Fernsehsender BFMTV, dass für Frankreich bestimmte Maskenlieferungen von einem anderen Land auf dem Rollfeld chinesischer Flughäfen gekauft worden seien. Auf Nachfrage bestätigte Muselier, dass es sich dabei um die USA gehandelt habe. Seinen Angaben zufolge wurde der dreifache Preis für die Sendung bezahlt, die Masken seien nun weg. Zwar dementierte die US-Regierung das Vorgehen, Vorwürfe, die USA würden anderen Ländern Schutzausrüstung vor der Nase wegkaufen werden aber auch aus Deutschland und Kanada laut.
- New Yorks Gouverneur Cuomo: Der Anti-Trump
Das Weiße Haus befürchtet bis zu 240.000 Tote im Land. Trump sprach in einer Pressekonferenz von Todeszahlen wie "in Weltkriegen". Auch die "New York Times" schreibt, dass die Zahl der Toten in den kommenden Wochen und Monaten im glimpflichsten Fall die der gefallenen Amerikaner in den Kriegen in Korea und Vietnam übertreffen werden.
Dass Trump bei der Bekämpfung des Virus nun Vollgas gibt, zeigt aber auch: Offenbar hat seine Regierung den Ernst der Lage erkannt. Nachdem Trump das Virus zunächst noch als "Hoax" (also als "Scherz" bezeichnet hatte), schwört er die Bevölkerung jetzt auf harte Maßnahmen ein. Wenn alles gut geht, können die USA so hoffentlich das Schlimmste verhindern.
Iran: 70 Prozent der Wirtschaft sind lahmgelegt
Der Gottesstaat ist von der Pandemie besonders hart getroffen. 3.160 Tote zählt das Land, über 50.000 sind infiziert. Davon befinden sich 4.000 in einem kritischen Zustand, wie die Behörden mitteilten. Nach Einschätzung von Präsident Hassan Ruhani könnte der Kampf gegen das Virus noch Monate dauern. "Ich muss hier noch mal klarstellen, dass wir nicht sagen können, wann die Krise endgültig beendet ist. Es könnte Monate dauern, sogar bis zum Ende des (persischen) Jahres (März 2021)", sagte Ruhani am Donnerstag. Bis jetzt gelte der Ausnahmezustand bis zum 8. April.
Der Corona-Krisenstab werde am Sonntag entscheiden, ob die scharfen Kontaktbeschränkungen auch danach verlängert werden müssten, betonte Ruhani nach Angaben des Präsidialamts. Medienberichten zufolge hat die Corona-Krise 70 Prozent der ohnehin schon von harten US-Sanktion im Atomstreit krisengeschüttelten iranischen Wirtschaft lahmgelegt.
Mindestens bis zum 8. April lautet die Devise des Krisenstabs: zu Hause bleiben und Kontakte vermeiden. Bis dahin darf auch nur ein Drittel der Beamten zur Arbeit. Um eine Ansteckungswelle zu verhindern, wurden auch Schulen, Universitäten, Kinos, Theater und sogar das Parlament sowie die für schiitische Gläubige bedeutenden heiligen Stätten des Landes geschlossen. Auch alle Geschäfte außer Supermärkten und Apotheken mussten schließen. Sogar Zeitungen sollen vorerst nicht mehr gedruckt werden und nur online erscheinen.
Immerhin scheinen die Maßnahmen erste Wirkung zu zeigen: Die Kurve der Infizierten flacht langsam ab. Zuletzt verdoppelte sich ihre Anzahl nur noch alle 9 Tage. Selbst für den krisengebeteulten Golfstaat könnte es also bald bergauf gehen – zumindest gesundheitlich.
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP
- Eigene Recherchen