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Chinas Corona-Propaganda: Das kranke System


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Chinas Corona-Propaganda
Das kranke System


Aktualisiert am 31.03.2020Lesedauer: 5 Min.
Wuhan: China will den Coronavirus besiegt haben. Doch es gibt Hinweise, dass Peking die zahlen beschönigt.Vergrößern des Bildes
Wuhan: China will den Coronavirus besiegt haben. Doch es gibt Hinweise, dass Peking die zahlen beschönigt. (Quelle: reuters)

China will die Corona-Krise überstanden haben. Doch die Hinweise verdichten sich, dass die Zahlen aus dem Land nicht stimmen. Ein Bild mit Urnen von Corona-Opfern weckt nun neue Skepsis.

Es sind Bilder aus China, die das Ausmaß der Corona-Katastrophe noch einmal verdeutlichen. In der Lagerhalle eines Bestattungsunternehmens in Wuhan sind Tausende Urnen zu sehen. Sie werden an die Familien der Toten geschickt, am 4. April ist in China Gräberfest, Angehörige vergraben an dem Tag traditionell ihre Toten.

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Doch im Epizentrum der Viruskrise werden von Bestattungsunternehmen in diesem Jahr ungleich viele Urnen geordert. Allein auf dem Bild, welches das chinesische Medienunternehmen "Caixin" in den sozialen Medien teilte, sind 3.500 Urnen zu sehen. Und es gibt insgesamt sieben Bestattungsunternehmen in der Elf-Millionen-Einwohner-Stadt Wuhan.

Eine politisch konstruierte Realität

In China sind laut Angaben der Behörden 3.308 Menschen durch das Coronavirus gestorben. Doch es verdichten sich immer mehr Hinweise darauf, dass die Zahlen der chinesischen Regierung nicht stimmen könnten. Peking hat die Krise offiziell für beendet erklärt, die chinesische Propaganda folgt dieser Marschrichtung. Diese Mundtot-Politik birgt globale Gefahren, aber während andere Teile der Welt unter der steigenden Infizierten-Zahlen leiden, versucht China die Deutungshoheit über die Krise zu gewinnen und sie international für Machtpolitik zu nutzen. Die gegenwärtige Rückkehr zum Alltag in China ist die Karikatur eines kranken Systems, welches sich komplett der politischen Ideologie unterordnet.

Nirgendwo wird die Divergenz zwischen Realität und politisch konstruierter Wirklichkeit in China so deutlich wie in Wuhan. Dort, wo die Corona-Krise ihren Ursprung nahm, öffnen seit letzter Woche wieder die Geschäfte, das öffentliche Leben soll langsam wieder in Fahrt kommen. Kindergärten und Schulen bleiben allerdings vorerst weiter geschlossen. Aber auch in der chinesischen Metropole scheint man den Zahlen nicht mehr wirklich zu glauben. "Einige Einwohner von Wuhan schätzen, dass die Zahl der Todesopfer um die 26.000 betragen könnte, basierend auf der Menge der Urnen, die in die Stadt geliefert und verteilt werden", schreibt das englische Magazin "Newsweek".

"Eine einzige Leichenhalle in Wuhan hat Berichten zufolge in zwei Tagen mehr Urnen bestellt, als die Kommunistische Partei Chinas im ganzen Land als tot gemeldet hat", schrieb auch der republikanische US-Senator Tom Cotton auf Twitter. "Ich bin sicher, Sie sind schockiert über die Beweise für die chinesischen Lügen."

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In der Nachbarprovinz Hubei gingen Menschen gewaltsam auf die Straße, nachdem die Abriegelung von Wuhan aufgehoben und die Verkehrswege wieder geöffnet wurden. Teile der chinesischen Bevölkerung glaubt die Corona-Propaganda der eigenen Regierung nicht. Sie teilen die Befürchtung, dass sich durch die Öffnung von Wuhan das Coronavirus im dem Land mit knapp 1,4 Milliarden Einwohnern weiter ausbreitet. Die chinesische Regierung versucht dem entgegenzuwirken, jeder Arbeiter aus Wuhan, der in Peking via Zug ankommt, wird beispielsweise getestet und muss 14 Tage in Quarantäne.

Corona-Infektionen werden nur noch "importiert"

Peking möchte mit einer möglichst schnellen Rückkehr zur Normalität die wirtschaftlichen Konsequenzen der Krise abmildern. Das System ist auf Wirtschaftswachstum ausgelegt, der Corona-Lockdown hat die Produktion in der Industrie um 13,5 Prozent im Vergleich zu den Monaten vor der Krise heruntergefahren, geschätzt fünf Millionen Menschen verloren ihren Arbeitsplatz.

Aber es geht noch um viel mehr. China inszeniert sich innen- und außenpolitisch als die starke Macht, die die Krise bestmöglich gemeistert hat. So will es auch ausländische Unternehmen dazu bringen, die Produktion in dem Land wieder aufzunehmen und eingefrorene Lieferketten zu reaktivieren.

Berichte über Neuinfektionen stehen diesem politischen Willen im Weg. Lediglich die Nationale Gesundheitskommission gibt ein regelmäßiges Update, andere Quellen für Zahlen gibt es nicht: Letzte Woche gab es demnach über 500 Menschen, die neu mit dem Coronavirus infiziert wurden, doch laut der chinesischen Behörde wurden diese Fälle allesamt aus dem Ausland "importiert". Zu Beginn dieser Woche spricht die Kommunistische Partei (KP) von 31 Neuinfizierten, davon wären 30 importiert.

Ideologische Kontrolle der Corona-Krise

Es spricht vieles dafür, dass die chinesische Administration diese Wirklichkeit konstruiert. Laut einem Bericht von "Caixin" gebe es in Wuhan täglich Dutzende neue Infektionen. Diese werden aber trotz positiver Tests nicht gezählt, weil sie keine Symptome zeigen würden. Über 80 Prozent der mit dem Coronavirus erkrankten Menschen haben keine oder kaum Symptome, trotzdem können sie das Virus weiter verbreiten.

Hinzu kommt, dass Menschen von den Krankenhäusern in Wuhan abgewiesen werden sollen. Der Hongkonger Sender "RTHK" zitiert dafür eine anonyme Quelle, die die gegenwärtigen Maßnahmen nicht als "medizinische", sondern als "politische Behandlung" beschreibt.

Die chinesischen Zahlen sind demnach im besten Fall geschönt, die Jubelbilder aus Wuhan über die Rückkehr des normalen Lebens reine chinesische Propaganda. Der Kommunistischen Partei geht es aktuell darum, die Krise ideologisch zu kontrollieren.

China könnte zum Profiteur der Krise werden

Das Vorgehen ist nicht neu. Bereits Ende November und Anfang Dezember meldeten Ärzte und Journalisten in der Provinz Wuhan vom Ausbruch eines neuartigen SARS-Virus. Doch anstatt zu reagieren, lud die chinesische Polizei die Menschen vor, warf ihnen gefährliche Stimmungsmache vor und machte sie mundtot. Die chinesische Regierung versuchte, die Krise zu vertuschen, Staatschef Xi Jinping war laut eigener Darstellung erst seit dem 7. Januar 2020 über den Ausbruch informiert, der erste offizielle Fall wurde allerdings schon am 1. Dezember 2019 verzeichnet. Auch diese Darstellung ist demnach höchst zweifelhaft.

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Hätte China schneller reagiert, hätte das Ausmaß der Pandemie abgeschwächt werden können, auch im Ausland. Doch anstatt eigene Versäumnisse einzugestehen oder Konsequenzen für die Wildtiermärkte, den wahrscheinlichen Ursprung der Corona-Pandemie, zu ziehen, versucht China die Krise nun außenpolitisch zu instrumentalisieren.

China gibt sich als Weltenretter und teilweise funktioniert dieses Kalkül. Peking schickt tonnenweise medizinische Ausrüstung in besonders vom Virus betroffene Staaten wie Italien, Spanien oder die USA. Die Hilfe und vor allem das Wissen um das Virus werden dankbar angenommen. Als die chinesischen Hilfsflugzeuge in Serbien landen, küsst der serbische Präsident Aleksandar Vučić sogar die chinesische Flagge.

Derartige Szenen sind Gold wert für die chinesische Propaganda. Die USA geben immer weitere Teile ihres weltweiten Führungsanspruchs auf, China möchte diese Lücke füllen. Ausgerechnet das Coronavirus könnte nun Wegbereiter für das chinesische Streben nach mehr Einfluss sein.

Deutungskampf mit den USA

Der Machtkampf illustriert sich in dem Kampf um die Deutungshoheit der Krise zwischen China und den USA. Die US-Regierung und allem voran Präsident Donald Trump spricht durchweg vom "Wuhan-" oder vom "China-Virus", womit er hauptsächlich betonen will, dass die Bedrohung aus China kommt. Ein Vertreter des chinesischen Außenministeriums äußerte dagegen öffentlich, dass das US-Militär das Coronavirus verbreitet hat. Während die Zahl der Infektionen und die der Todesopfer weltweit steigt, geht es auf der internationalen Bühne um Macht und Einfluss.

Trotzdem ist internationale Unterstützung in der gegenwärtigen Krise für viele Länder wichtig. Eine große Hilfe im Kampf gegen das Coronavirus wäre allerdings vor allem eine transparente Informationspolitik seitens der chinesischen Regierung. Vertuschungen haben zum Ausmaß der Corona-Krise beigetragen, weitere Vertuschungen oder Beschönigungen der Infiziertenzahlen könnten zu einer zweiten Corona-Welle aus China führen, wenn die Nationalstaaten ihre Grenzen wieder öffnen.

Und es liegt im Interesse der gesamten internationalen Gemeinschaft, dieses Szenario zu verhindern. Die Bilder aus Wuhan sind dafür ein mahnendes Beispiel. Bis die chinesische Regierung ihre aktuelle Deutung der Krise aufgibt, sind die offiziellen Zahlen aus dem Land in jedem Fall eines: mit Vorsicht zu genießen.

Verwendete Quellen
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