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Brexit: Neuer Parlaments-Poker – Wer will was im im Unterhaus?


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Neuer Parlaments-Poker
Können die Abgeordneten den Chaos-Brexit verhindern?


Aktualisiert am 29.01.2019Lesedauer: 4 Min.
Theresa May und Jeremy Corbyn: Heute wird entschieden, wie es mit dem Brexit weitergehtVergrößern des Bildes
Theresa May und Jeremy Corbyn: Heute wird entschieden, wie es mit dem Brexit weitergeht (Quelle: K Parliament/Jessica Taylor/Handout/reuters)

Die Uhr tickt: In zwei Monaten ist Brexit-Day. Premierministerin May kämpft wieder um eine Mehrheit für ihren Deal mit der EU. Die Parlamentarier aber fordern Änderungen. Die wichtigsten Vorschläge im Überblick.

Kann die britische Regierung den Chaos-Brexit noch verhindern? Am heutigen Dienstag kämpft Premierministerin Theresa May ein weiteres Mal darum, ihren mit der EU ausgehandelten Deal doch noch durchs Parlament zu bekommen. Von den Abgeordneten will sie sich ein starkes Mandat für Nachverhandlungen zur schwierigen Irland-Frage holen. Offenbar unterstützt die Regierung einen Änderungsantrag, der den Backstop aus dem Vertrag tilgen soll.

Insgesamt stehen mehr als ein Dutzend Anträge zur Debatte, die die bisherige Position der Regierung entweder in Richtung eines härteren oder eines weicheren Brexits lenken sollen. Welche davon tatsächlich zur Abstimmung kommen, entscheidet der als eigenwillig geltende Parlamentspräsident John Bercow wohl erst vor der Parlamentssitzung. Die wichtigsten Anträge im Überblick.

Brexit verschieben

Als am aussichtsreichsten gilt der Antrag der Vorsitzenden des Innenausschusses im Unterhaus, Yvette Cooper. Die Labour-Abgeordnete und der konservative, frühere Staatsminister im Wirtschaftsministerium, Nick Boles, drängen auf eine Verlängerung der Frist für den Austritt Großbritanniens – falls bis Ende Februar kein Brexit-Abkommen zustande kommt.

Bislang peilt London den Austritt aus der Europäischen Union zum 29. März an – auf den Tag genau zwei Jahre, nachdem die britische Regierung offiziell ihre Austrittsabsicht an Brüssel übermittelt hatte. Die Zwei-Jahres-Frist wird in Artikel 50, Absatz 3 des EU-Vertrags definiert. May will eigentlich an diesem Datum festhalten. Der Vertrag räumt den EU-Staaten aber auch die Möglichkeit ein, die Frist zu verlängern. Cooper und Boles schlagen für den Fall eines No-Deal-Brexits einen Aufschub von einem Dreivierteljahr vor. Großbritannien würde dann die EU am 31. Dezember verlassen.

Zollunion und Abstimmung über den Brexit-Deal

Der Antrag von Oppositionsführer und Labour-Chef Jeremy Corbyn fordert mehr Mitsprache des Parlaments bei der Gestaltung des Brexit-Abkommens und eine Abstimmung über den dauerhaften Verbleib in der Zollunion. Corbyns Vorschlag würde bedeuten, dass Großbritannien die Europäische Union zwar politisch verlässt, in wichtigen Handelsangelegenheiten aber eng mit dem Festland verbunden bliebe. Es wäre weiterhin von Binnenzöllen befreit und würde mit den EU-Mitgliedstaaten gemeinsame Außenzölle definieren, bliebe in seinem Handlungsspielraum aber in der Handelspolitik beschränkt.

Corbyn will zugleich, dass die Abgeordneten die Möglichkeit erhalten, gegebenenfalls über die Ausrufung eines zweiten Referendums abzustimmen. Austrittsgegner sehen dies als einen wichtigen Schritt hin zu einer möglichen neuen Volksabstimmung über den Brexit – auch wenn führende Labour-Vertreter betonen, damit in keinem Fall ein zweites Referendum befürworten zu wollen.

Zeitlimit für die Schließung der irischen Grenze

Der Tory-Abgeordnete und Brexit-Befürworter Andrew Murrison fordert, ein Datum für das Ende des sogenannten Backstops in das Austrittsabkommen aufzunehmen. Die Regelung soll nach der Vorstellung des Vorsitzenden des Parlamentsausschusses für Nordirland-Fragen am 31. Dezember 2021 enden.

Der Backstop zielt darauf ab, eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland zu vermeiden. In der Übergangsphase nach dem 29. März sollen in Verhandlungen die künftigen Beziehungen zwischen London und Brüssel sowie der Status an der Grenze auf der irischen Insel austariert werden. London bleibt während dieser Phase in einer Handels- und Zollunion mit der EU. Scheitern die Verhandlungen, bliebe der Status auf unbestimmte Zeit erhalten. Nordirland soll außerdem eine Art Sonderstatus erhalten, in dem einige Regeln für den EU-Binnenmarkt fortbestehen.

Brexit-Hardliner lehnen das kategorisch ab. Sie fürchten einerseits einen Schaden für die Integrität des Vereinigten Königreichs, und sehen andererseits die Gefahr, Großbritannien könnte dauerhaft in eine Zollunion mit der EU gezwungen werden. Murrison und seine Unterstützer wollen mit dem Antrag Druck auf Brüssel ausüben. Bei einer breiten Zustimmung, so das Kalkül, könnte die EU beim Thema Backstop zum Entgegenkommen bewegt werden, um den Brexit-Deal doch noch zu retten.

Kein Brexit ohne Deal

Caroline Spelman und Jack Dromey wollen verhindern, dass Großbritannien ohne Abkommen aus der EU ausscheidet. Nachdem sie bereits einen Brief an die Premierministerin geschrieben haben, der von 225 Parlamentariern unterzeichnet wurde, bringen sie nun einen entsprechenden Antrag ins Unterhaus ein. "Wir sind überzeugt, dass es einen parteiübergreifenden Konsens gibt, einen No-Deal-Brexit zu verhindern", schreiben Spelman und Dromey. "Dieser Antrag will eine klare Botschaft aussenden: Kein Brexit ohne Deal."

Mehr Rechte für Abgeordnete

Tory Dominic Grieve fordert für die Zeit bis zum Brexit ein erweitertes Antragsrecht und mehr Aufmerksamkeit für die einfachen Abgeordneten des Unterhauses, die sogenannten Backbenchers. An sechs Sitzungstagen sollen sie die Agenda des Parlaments bestimmen können. Normalerweise genießen hier die Frontbenchers Vorrang – also der Premierminister, sein Kabinett sowie der Oppositionsführer und sein Schattenkabinett.

Grieves Ziel ist es, die Debatte über den Brexit zu erweitern. So könnten etwa kontroverse Themen wie die künftige Gestaltung der britischen Handelsbeziehungen zur EU, die Frage eines zweiten Referendums oder die Folgen eines No-Deal-Brexits intensiver diskutiert werden. Auch eine Debatte über eher randständige Szenarien wie ein Abkommen mit der EU nach kanadischem Vorbild oder eine Assoziation ähnlich der Norwegens wäre dann möglich. Die Abgeordneten Hilary Benn und Frank Field wollen Testabstimmungen abhalten, um zu sehen, für welche Vorschläge und Konzepte es Mehrheiten gibt.

Zweites Referendum

Der Parteichef der Liberalen, Sir Vince Cable, will die Regierung drängen, ein zweites Referendum über den Verbleib in der EU abzuhalten. "Der Brexit ist zu einer nationalen Peinlichkeit geworden, und die Menschen sind zunehmend beschämt davon", sagt Cable. Deshalb wollten er und seine Partei den Menschen das letzte Wort über den Brexit geben.

Andere Parlamentarier, die ebenfalls einen Verbleib in der EU befürworten, wie die Konservativen Sarah Wollaston und Philip Lee oder die Labour-Abgeordneten Luciana Berger und Chuka Umunna, halten sich aktuell zurück – aus taktischen Gründen. Sie wollen warten, bis ihr Vorhaben realistische Chancen auf eine Mehrheit hat.

Verwendete Quellen
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