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Flug MH17: Separatisten schaffen angeblich Leichen vom Absturzort weg


Vernichtung von Beweisen?
Kiew: Separatisten schaffen Leichen vom Absturzort weg

Von t-online, afp, dpa
Aktualisiert am 19.07.2014Lesedauer: 5 Min.
Pro-russische Separatisten wühlen im Gepäck der Opfer von Flug MH17.Vergrößern des Bildes
Pro-russische Separatisten wühlen im Gepäck der Opfer von Flug MH17. (Quelle: ap-bilder)
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Die ukrainische Regierung hat den pro-russischen Separatisten vorgeworfen, Beweise am Absturzort der malaysischen Passagiermaschine zu vernichten. Die Aufständischen wollten mit Lastwagen Wrackteile über die russische Grenze bringen. Zudem hätten die militanten Gruppen 38 Leichen von der Absturzstelle nach Donezk geschafft.

Die Separatisten wollten "Beweise ihrer Mitwirkung an dem Unglück vertuschen", hieß es in der Mitteilung. Bereits zuvor hatten die Aufständischen verhindert, dass sich die internationalen OSZE-Beobachter frei an der Absturzstelle bewegen können. Die Leichen wollten sie offenbar selbst obduzieren lassen, hieß es.

Auch die malaysische Regierung beklagt mangelnde Schutzvorkehrungen am Absturzort: "Es gibt Hinweise, dass wichtiges Beweismaterial nicht am Ort gesichert wird", sagte Verkehrsminister Liow Tiong Lai in Kuala Lumpur.

Ukrainische Rettungskräfte haben nach dem Absturz der malaysischen Passagiermaschine bislang 186 Leichen entdeckt. Ein Großteil der rund 25 Quadratkilometer großen Absturzfläche sei bereits abgesucht worden, teilte ein Sprecher des Katastrophenschutzministeriums mit. Die Aufständischen hätten den Rettungskräften zwar erlaubt, nach den Opfern zu suchen, aber: "Die Rebellen haben alles weggebracht, was sie gefunden haben."

Regierungstruppen auf dem Vormarsch

Eine Sprecherin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatte zuvor gesagt, die Beobachter seien am Freitag zwar nahe an die Absturzstelle herangekommen und hätten auch Wrackteile gesehen. Frei bewegen können hätten sie sich aber nicht. Bewaffnete hielten sie demnach auf, ein den Beobachtern angekündigter Anführer sei nicht erschienen.

Bei den Kämpfen im Osten des Landes haben die Regierungstruppen unterdessen nach eigenen Angaben Teile der Stadt Lugansk wieder unter ihre Kontrolle gebracht. Verteidigungsminister Waleri Geletej habe dies Präsident Petro Poroschenko mitgeteilt, erklärte das Präsidialamt in Kiew. Lugansk hat fast 500.000 Einwohner. Es ist neben Donezk die zweite große Hochburg der pro-russischen Separatisten, die seit Monaten gegen die ukrainischen Regierungstruppen kämpfen.

Die Armee habe den Südosten der Stadt wieder unter Kontrolle, erklärte das Verteidigungsministerium. Auch der Flughafen werde wieder vollständig von Regierungstruppen kontrolliert. Bislang hatten die Regierungstruppen zwar das eigentliche Flughafengelände unter ihrer Kontrolle, die Zugänge jedoch nicht.

Union hält Bundeswehr-Einsatz für denkbar

Inzwischen hält die Union einen UN-Blauhelmeinsatz in dem umkämpften Gebiet für denkbar - mit deutscher Beteiligung. "Wir brauchen jetzt schnellstmöglich einen international überwachten Waffenstillstand", sagte Unionsfraktionsvize und Außenexperte Andreas Schockenhoff der "Rheinischen Post". Es könne nicht angehen, dass es immer wieder Feuerpausen gebe, die nur von einer Seite eingehalten würden. "Wir sind jetzt in einer Phase, in der wir über einen Blauhelmeinsatz unter dem Dach der Vereinten Nationen mit einem entsprechenden Mandat nachdenken müssen."

Eine Beteiligung der Bundeswehr an einem solchen UN-Einsatz schloss Schockenhoff nicht aus: "Wenn eine solche Mission zustande kommen sollte, würde auch Deutschland gefragt sein."

Merkel telefoniert mit Obama

Unterdessen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel mit US-Präsident Barack Obama zu dem Fall telefoniert. Obama sprach auch mit dem britischen Premierminister David Cameron, Polens Premierminister Donald Tusk und Australiens Premierminister Tony Abbott, teilte das Weiße Haus mit. Alle fünf Politiker wollen demnach eine schnelle internationale Untersuchung, um die Hintergründe des Absturzes der malaysischen Maschine mit 298 Toten zu klären. Mit Merkel sprach Obama auch über die neuen Sanktionen der USA und der EU gegen Russland.

Die Kanzlerin und der russische Präsident Wladimir Putin hätten bei einem weiteren Telefonat darin übereingestimmt, dass eine Kommission unter Leitung der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) "rasch Zugang zur Absturzstelle" der Maschine der Malaysia Airlines (MH 17) erhalten müsse, "um die Umstände des Absturzes zu klären und die Opfer zu bergen", erklärte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter in Berlin.

Alle 283 Passagiere und 15 Besatzungsmitglieder der Malaysia- Airlines-Boeing waren bei dem Absturz am Donnerstag ums Leben gekommen, unter ihnen auch 193 Niederländer und 4 Deutsche.

"Das passiert wegen russischer Unterstützung"

Nach US-Erkenntnissen ist es sehr wahrscheinlich, dass moskautreue Kräfte die Maschine abgeschossen haben. Wer hinter dem Absturz steckt, ist noch immer unklar. Laut US-Präsident Barack Obama sind dafür aber sehr wahrscheinlich moskautreue Kräfte verantwortlich. Die Boden-Luft-Rakete, die das Flugzeug abgeschossen habe, sei aus einem von pro-russischen Separatisten kontrollierten Gebiet abgefeuert worden, sagte Obama. "Wir wissen noch nicht genau, was passiert ist", räumte er ein. Es wäre aber nicht das erste Mal, dass ein Flugzeug von den Aufständischen abgeschossen worden sei.

Indirekt wies Obama Russland eine Mitverantwortung zu. "Das war kein Unfall. Das passiert wegen russischer Unterstützung." Ohne diese sei es den Separatisten nicht möglich, "so zu funktionieren, wie sie funktionieren". Die Regierung in Moskau wies alle Vorwürfe zurück - und machte ihrerseits die ukrainische Führung mitverantwortlich.

Steinmeier "unglaublich wütend"

Direkte Anschuldigungen gegen Kremlchef Wladimir Putin vermied Obama. Man dürfe keine voreiligen Schlüsse ziehen, sagte er. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power, hatte eine Verstrickung Russlands in den Abschuss von Flug MH17 angedeutet. "Wir können nicht ausschließen, dass russisches Personal beim Betrieb dieser Systeme geholfen hat", sagte sie bei einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats in New York. Russland wies die Vorwürfe zurück. "Wir verweisen alle Schuld an die Regierung in Kiew", sagte Moskaus UN-Botschafter Vitali Tschurkin.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) äußerte sich in der "Bild am Sonntag" "unglaublich wütend" darüber, dass "so etwas mitten in Europa wieder denkbar geworden ist". Steinmeier verzichtete auf eine direkte Schuldzuweisung für den Absturz. Es mache letztlich keinen Unterschied, "ob der Abschuss volle Absicht oder ein schreckliches Versehen war". Wer "solche Waffen" einsetze, nehme "die Katastrophe in Kauf". Es sei zu befürchten, dass sich die russischen Separatisten "auch jetzt, angesichts der fürchterlichen Katastrophe, nicht an die grundlegendsten Regeln unserer Zivilisation halten", sagte Steinmeier.

Keine tragbare Rakete

Die Boeing 777-200 kann nach Ansicht von US-Experten nur von einer hoch komplexen Waffe getroffen worden sein. Wie die Zeitung "Wall Street Journal" schrieb, reichten tragbare Raketen, die von der Schulter abgefeuert werden, nicht aus, ein Verkehrsflugzeug in 10.000 Metern Höhe zu treffen.

Das in den 1980er-Jahren entwickelte Lenkwaffen-System "Buk" (Buche) kann Ziele in Höhen bis zu 25.000 Metern treffen. In Medienberichten hieß es, die Separatisten seien im Besitz der Waffe. Die pro-westliche Führung der Ukraine wies dies zurück. Aus Sicht Kiews führt die Spur deshalb nach Russland. Aus Moskau kam umgehend das Dementi. Russland habe weder das Flugabwehrsystem noch sonstiges Kriegsgerät in das Nachbarland geschafft, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.

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Malaysias Transportminister hat unterdessen Medienberichte zurückgewiesen, das abgestürzte Flugzeug sei womöglich vom Kurs abgewichen. "Die Flugroute war so etwas wie eine Autobahn am Himmel", sagte Liow Toing Lai in Kuala Lumpur. "Es war eine Route, die die internationalen Luftfahrtbehörden festgelegt haben. ... Die Maschine ist nie in gesperrtem Luftraum geflogen", versicherte er. Alle Beteiligten hätten alle Regeln eingehalten.

Deutschland an Bergung beteiligt

Deutschland beteiligt sich an einem Einsatz zur Bergung und Identifizierung der Opfer. Das Bundeskriminalamt wird dazu zunächst zwei Experten entsenden. Auch die internationale Polizeiorganisation Interpol schickt nach eigenen Angaben ein Spezialteam.

Über dem umkämpften Osten der Ukraine war am Donnerstag eine Passagiermaschine mit etwa 300 Menschen an Bord abgestürzt. Die Boeing 777 der Malaysia Airlines war auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur, als sie etwa 40 Kilometer von der ukrainisch-russischen Grenze entfernt verunglückte.

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