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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wagner in Venezuela Jetzt kommen Putins Höllenhunde
Nicolás Maduro geht nach der umstrittenen Wahl in Venezuela mit Gewalt gegen Demonstranten vor, um seine Macht zu sichern. Dabei hilft ihm wohl Putins Söldnertruppe.
Eine Gruppe von mehr als 50 Männern von Polizei und Nationalgarde sichert eine Absperrung. Sie tragen schwere Schutzausrüstung und werden von einem Einsatzleiter unterrichtet. Ihm hört auch ein Mann in Tarnuniform zu, der ein unverkennbares Wappen auf der Schulter trägt: den Totenkopf der Wagner-Gruppe. Diese Szene ist auf einem Video aus Venezuela zu sehen, das auf X geteilt wurde. Es lässt vermuten, dass die russischen Söldner den Machterhalt von Präsident Nicolás Maduro sichern sollen.
Am Sonntag wurde in Venezuela gewählt. Die Wahlbehörde gab daraufhin bekannt, dass Maduro mit sieben Prozentpunkten Vorsprung gewonnen hätte und weitere sechs Jahre im Amt bleiben wird. Die Opposition aber reklamiert den Wahlsieg für sich. Und auch mehrere südamerikanische Staaten, Deutschland und die USA haben Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl geäußert. Seitdem kam es zu heftigen Protesten im ganzen Land, bei denen laut der regierungsunabhängigen Organisation Foro Penal bislang mindestens elf Demonstranten starben und Hunderte Menschen festgenommen wurden.
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Russland erkennt Maduros Sieg an
Russland steht dagegen fest an Maduros Seite. Wladimir Putin hat dem Amtsinhaber bereits zum Wahlsieg gratuliert. "Wir sehen, dass die Opposition die Niederlage nicht akzeptieren will, aber wir glauben, dass sie das tun muss", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Die autoritäre Regierung in Caracas erhielt zudem Unterstützung von ihren Verbündeten in China, Kuba und Nicaragua.
Das Video mit dem Wagner-Mann ist nicht der erste Hinweis auf die Tätigkeit der Söldner für Maduros Regime. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, operiert Wagner bereits seit Jahren in Venezuela. 400 Söldner der Privatarmee seien demnach im Januar 2019 in Caracas gelandet, um den Präsidenten zu schützen.
Maduro war schon nach den letzten Präsidentschaftswahlen im Mai 2018 wegen Betrugsvorwürfen heftig in Kritik geraten. Der damalige Oppositionsführer und Vorsitzende der Nationalversammlung Juan Guaidó hatte sich dann im Januar 2019 selbst zum Interimspräsidenten erklärt und dafür unter anderem die Unterstützung der USA und vielen weiteren Demokratien erhalten.
Wagner wohl schon seit 2019 in Venezuela
Als Reaktion darauf habe Russland Maduros Sicherheit gewährleisten wollen und die Privatarmee entsendet, schrieb Reuters. Der Kreml dementierte den Einsatz. Zudem kamen weitere Zweifel an dem Bericht auf. Die einzige namentlich genannte Quelle, Jewgeni Schabajew, sei "ziemlich dubios", schrieb die "Welt". Der Mann gebe sich als Anführer einer Wagner-nahen Einheit von Kosaken aus, habe der Zeitung aber kein Foto seiner Truppe präsentieren können. Außerdem sehe der dünne und groß gewachsene Schabajew nicht wie ein Ex-Militär aus.
Die Zweifel an der Quelle für den Einsatz von Wagner in Venezuela hatte die "Föderale Nachrichtenagentur" (FAN) ausgelöst. Das kremlfreundliche Onlinemedium stellte Jewgeni Schabajew in einer groß angelegten Diffamierungskampagne als einfachen Maschinenbauer dar, der seine gesamte Biografie erfunden habe. Er sei ein pathologischer Lügner, schrieb die "Föderale Nachrichtenagentur" (FAN). Hinter dem Medium stand jedoch damals ein alter Bekannter, der Wagner einst personifizierte.
Jewgeni Prigoschins Aufstieg
Jewgeni Prigoschin war bis zu seinem Tod Anführer der Söldnertruppe – und Inhaber eines Medienkonglomerats, zu der auch die Föderale Nachrichtenagentur gehörte. Der Mann genoss lange Putins Vertrauen und stieg mithilfe von Staatsaufträgen vom Gastronomen zum Oligarchen auf. Er machte die Gruppe Wagner zur Privatarmee im Dienste des russischen Staates, deren Einsätze geheim gehalten wurden.
Die paramilitärische Einheit unterstützte ab 2014 die Separatisten im Donbass und ist seit Russlands Invasion auch an schweren Kämpfen im Ukraine-Krieg beteiligt. Die Gruppe hatte mehr als 50.000 Kämpfer in der Ukraine, wie das britische Verteidigungsministerium 2023 schätzte, und rekrutierte Kämpfer teils direkt aus Gefängnissen.
Wagner in Afrika
Besonders aktiv ist die Gruppe in afrikanischen Ländern, wo sie russische Interessen durchsetzt, autoritäre Regime unterstützt und dafür Zugang zu Rohstoffen erhält. So kämpft Wagner beispielsweise im Sudan für die Militärregierung und erhält dafür Abbaugenehmigungen für Goldminen. In Mali sind die Kämpfer im Auftrag der herrschenden Militärjunta wohl an schweren Verbrechen wie Folter, Vergewaltigungen und Hinrichtungen beteiligt, vermutet der UN-Menschenrechtsrat.
Zudem ist Wagner wohl in elf weiteren afrikanischen Ländern tätig und an Menschenrechtsverletzungen beteiligt. Mehr über die Aktivitäten der Söldnergruppe in Afrika lesen Sie hier. Außerdem ist die Arbeit der Söldner in Syrien, Irak, Afghanistan, Sri Lanka und Belarus nachgewiesen. Der Einsatz in Venezuela wäre der einzige auf dem amerikanischen Kontinent.
Die Entsendung von Wagner-Söldnern gilt als wahrscheinlich, denn Russland unterhält enge wirtschaftliche und militärische Verbindungen mit dem lateinamerikanischen Land. Moskau ist einer der größten Gläubiger der venezolanischen Regierung. Seit 2006 hat Russland rund 17 Milliarden US-Dollar an Krediten an Caracas vergeben, berichtet die "Deutsche Welle".
Die Söldnertruppe nach Prigoschins Tod
Jewgeni Prigoschin zettelte im Juni 2023 einen Aufstand an, der sich gegen die russische Militärführung und das Verteidigungsministerium richtete. Er marschierte in Richtung Moskau, brach den Putsch am folgenden Tag wenige Hundert Kilometer vor der russischen Hauptstadt ab. Zwei Monate später kamen Prigoschin sowie Mitglieder der Wagner-Führungsriege bei einem bis heute ungeklärten Flugzeugabsturz ums Leben.
Sein damals 25-jähriger Sohn, Pavel Prigoschin, trat die Nachfolge seines Vaters an. Er wurde neuer Chef der Wagner-Gruppe und erbte einen Großteil des Reichtums, darunter Immobilien und etwa 100 Millionen Euro, wie aus dem öffentlich gewordenen Testament Prigoschins hervorging. Der neue militärische Kommandeur der Söldner soll allerdings Anton Elizarow, Kampfname "Lotus", sein.
Nach dem gescheiterten Putsch wurden die Söldner der russischen Armee untergeordnet. Inzwischen rekrutiert Wagner wieder für die eigene Truppe und entsendet Söldner nach Afrika und in die Ukraine, wie die "Moscow Times" berichtete. In Afrika firmiert die Gruppe nach einer Umstrukturierung mittlerweile unter dem Namen Afrikakorps.