"Säuberungswelle" in russischer Armee: "General Armageddon" festgenommen?

Auch "Financial Times" berichtet

"General Armageddon" soll festgenommen worden sein

Wo ist Sergej Surowikin, der angeblich vom Wagner-Aufstand gewusst haben soll? Der hochrangige General soll in Haft und verhört worden sein. Seine Rolle bei Prigoschins Putschversuch bleibt undurchsichtig.

Nachdem die russische Zeitung "Moscow Times" eine entsprechende Recherche veröffentlicht hat, berichtet auch die "Financial Times", dass der hochrangige russische General Sergej Surowikin verhaftet worden sein soll. Dessen Festsetzung sei infolge des Wagner-Aufstands vom vergangenen Wochenende erfolgt, berichtet die Zeitung mit Sitz in London am Donnerstag. Vergangenen Freitag hatten Söldner des Wagner-Chefs Jewgeni Prigoschin eine Meuterei gestartet, die bis Samstag dauerte.

Die "Moscow Times" hatte sich auf zwei Quellen berufen, die dem russischen Verteidigungsministerium nahestehen, die US-Zeitung zitiert nun anonym drei eigene Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sein sollen. Hintergrund sei, so die Zeitung, dass der Kreml jetzt gegen Sympathisanten der Wagner-Söldner vorgehe.

Jedoch bleibt Surowikins Rolle bei der Meuterei undurchsichtig: Bislang ist nicht klar, ob der General als Mitverschwörer des von Prigoschin angeführten Aufstands am Samstag angeklagt oder einfach zum Verhör festgenommen wurde. Auch ist unbekannt, wo er sich derzeit aufhält.

Das russische Recherchemedium "iStories" berichtet, Surowikin sei verhört, aber wieder frei gelassen worden. Entgegen anderer Meldungen befinde er sich nicht im Moskauer Untersuchungsgefängnis Lefortowo, so "iStories".

Was wusste Surowikin?

Auf welcher Seite aber steht Surowikin? Während des Aufstands hatte er Prigoschin in einem Video noch zur Aufgabe aufgefordert. Die "New York Times" berichtete in dieser Woche, dass Surowikin von Jewgeni Prigoschins Plänen, sich gegen die russische Militärführung auflehnen zu wollen, gewusst haben soll. Ob er den Kreml gewarnt hatte, ist nicht bekannt.

Nach Informationen der "Financial Times" ist Surowikin seit Samstag nicht mehr öffentlich gesehen worden. Auch der russische Journalist Alexej Wenediktov schreibt auf Telegram, die Familie von Surowikin hätte seit drei Tagen keinen Kontakt zu ihm gehabt.

Der Kreml wies den Bericht der "New York Times", wonach Surowikin in die Putsch-Pläne eingeweiht gewesen sein soll als "Spekulation" zurück. "Es gibt jetzt um diese Ereignisse herum viele unterschiedliche Spekulationen und Tratsch", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen.

Laut mit der Angelegenheit vertrauten US-Beamten, die mit der "New York Times" gesprochen haben, soll Surowikin sehr wohl mit Prigoschins Plänen sympathisiert haben. Westliche Geheimdienste wüssten aber nicht mit Sicherheit, ob er dem Aufstand in irgendeiner Weise geholfen habe, erklärten drei der Insider. Lesen Sie hier mehr zu den Berichten über eine mögliche Unterstützung Prigoschins durch Surowikin.

Putin könnte Surowikin allerdings behalten wollen, sollte der Kremlchef zu dem Schluss kommen, dass Surowikin nur von den Plänen wusste, Prigoschin aber nicht geholfen habe. Hochrangige US-amerikanische Beamte vermuteten, dass eine Allianz zwischen Surowikin und Prigoschin erklären könnte, warum Prigoschin nach der Revolte noch am Leben sei, berichtet die "New York Times".

"General Armageddon"

Surowikin ist in Russland ein angesehener Militär, der nach der ukrainischen Gegenoffensive im vergangenen Jahr half, die Verteidigungslinien zu stärken. Er war im Januar als oberster Befehlshaber in der Ukraine abgelöst worden, hat aber weiter Einfluss auf die Führung der Kriegsoperationen und ist bei den Truppen beliebt. Seine rücksichtslose Kriegsführung im Syrien-Krieg brachte ihm von den russischen Medien den zynischen Spitznamen "General Armageddon" ein.

Surowikin gilt als Offizier mit großer Erfahrung in Kriegen: Er war bereits im Bürgerkrieg in Tadschikistan in den 1990er-Jahren sowie dem zweiten Tschetschenien-Krieg in den 2000er-Jahren und in Syrien ab 2015 im Einsatz. Der "Held Russlands" war 2017 zum Befehlshaber der Weltraumtruppen ernannt worden.

Kriegsblogger sprechen von "massiver Säuberungswelle"

Kriegsblogger des russischen Blogs Rybar berichteten in dieser Woche über eine "massive Säuberungswelle" im russischen Militär infolge des rund 24-stündigen Aufstands der Söldnertruppe Wagner. Die Leibgarde von Kremlchef Wladimir Putin untersuche derzeit, ob sowohl die Führungsebenen als auch Offiziere und Soldaten im Militär loyal seien, hieß es in einer Nachricht auf Telegram. "Die Unterstützung der Gruppe Wagner ist zum Prüfstein für die russischen Streitkräfte geworden", so Rybar.

Auch die renommierte US-Denkfabrik "Institute for the Study of War" spekulierte, dass der Kreml möglicherweise nun das Militär auf Verräter in den eigenen Reihen überprüfe.

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Der Aufstand der Söldnertruppe Wagner hatte am Wochenende den Kreml erschüttert. Die Rebellen hatten zunächst das Militärhauptquartier der Armee im südrussischen Rostow am Don unter ihre Kontrolle gebracht. Dort wurden sie Berichten zufolge von Zivilisten bejubelt. Danach rückten sie in Richtung Moskau vor.