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Klimakleber blockieren Flughäfen: Härtere Strafen als Lösung?


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Strafen für Flughafen-Kleber
Eine Verschärfung ist nötig

MeinungEine Kolumne von Sara Schurmann

02.08.2024Lesedauer: 5 Min.
Eine Klimaaktivistin wird in Berlin festgesetzt (Archivbild): Nach neuen Blockaden an Flughäfen fordern Politiker härtere Strafen.Vergrößern des Bildes
Eine Klimaaktivistin wird in Berlin festgesetzt (Archivbild): Nach neuen Blockaden an Flughäfen fordern Politiker härtere Strafen. (Quelle: Sean Gallup/getty-images-bilder)
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Klimaaktivisten geraten international immer stärker unter Druck. Nach den Blockaden an Flughäfen in Köln und Frankfurt fordern Politiker auch in Deutschland wieder härtere Strafen. Was bringt das?

Klimaaktivisten der "Letzten Generation" haben vergangene Woche die Flughäfen Köln/Bonn und Frankfurt am Main blockiert, jetzt auch den vor allem für Luftfracht wichtigen Airport von Leipzig. Der Flugverkehr musste zeitweise eingestellt werden, viele Flüge wurden annulliert und umgeleitet. Nun gibt es Forderungen nach härteren Strafen – doch wann ist das angemessen? Und was bringt das wirklich?

Mitte Juli wurden in Großbritannien vier Klimaaktivistinnen und -aktivisten von der Gruppe "Just Stop Oil", dem britischen Pendant zur "Letzten Generation", zu vier Jahren Haft verurteilt. Der Mitgründer von "Extinction Rebellion", Roger Hallam, muss sogar fünf Jahre ins Gefängnis. 2023 hatte die konservative Regierung auf die unliebsamen Klimaproteste mit Gesetzesverschärfungen reagiert, die es erlauben, auch friedliche Proteste mit bis zu zehn Jahren Haft zu bestrafen.

Sara Schurmann
(Quelle: Reinaldo Coddou H.)

Zur Person

Die Lage ist extrem ernst, aber nicht hoffnungslos. Nach diesem Motto erklärt die freie Journalistin Sara Schurmann die großen Zusammenhänge und kleinen Details der Klimakrise, so dass jede und jeder sie verstehen kann.
Etwa in ihrem Buch "Klartext Klima!" – und jetzt in ihrer Kolumne bei t-online. Für ihre Arbeit wurde sie 2022 vom Medium Magazin zur Wissenschaftsjournalistin des Jahres gewählt.

Die langen, mehrjährigen Haftstrafen für die Aktivisten von "Just Stop Oil" sind "in einer Demokratie nicht akzeptabel", sagte der UN-Sonderberichterstatter für Umweltschützer, Michel Forst, dem "Guardian". "Auch wenn es sich um eine störende Form des Protests handelt, und das lässt sich nicht leugnen, so ist er doch völlig gewaltfrei und hätte als solcher behandelt werden müssen." Er fürchte auch, dass sich Menschen, die sich für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen einsetzen wollen, sich das nach derart hohen Strafen nicht mehr trauen.

Auch in Deutschland wird schon seit einer Weile härter gegen Klimaproteste vorgegangen. In der Vergangenheit hat es unter anderem Razzien gegen Akteure der "Letzten Generation" und auch Fridays for Future gegeben. Im Atlas der Zivilgesellschaft 2023 wird nachgezeichnet, wie Klimaproteste weltweit immer stärker unter Druck geraten. Das Ranking wird von der gemeinnützigen Organisation Brot für die Welt herausgegeben. Auch Deutschland gilt darin als "beeinträchtigt", und nicht mehr als ein Staat mit einer "offenen" Zivilgesellschaft.

Umstrittene Präventivhaft

Demonstrationsverbote, zu wenig Schutz für Journalisten vor Gewalt auf Demonstrationen und der "unverhältnismäßige Druck" auf Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten werden unter anderem als Gründe genannt. Kritisiert wird, dass vor allem Angehörige der "Letzten Generation" in langwierige und menschenrechtlich umstrittene Präventivhaft genommen und Gerichte Haftstrafen ohne Bewährung verhängen würden. In Berlin wurde Mitte Juli nun eine 32-jährige Klimaaktivistin zu 16 Monaten ohne Bewährung verurteilt.

In Deutschland hatte die Unionsfraktion bereits 2022 gefordert, Klimaprotestaktionen auf Straßen und in Museen härter zu bestrafen und das auch durch Gesetzesänderungen möglich zu machen. Das Strafmaß etwa für gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, die Behinderung von Hilfe leistenden Personen und Sachbeschädigung in Zusammenhang mit Kunstwerken sollte demnach deutlich angehoben werden.

Bei einer Anhörung im Bundestag im Januar 2023 lehnten Experten dies mehrheitlich ab, es sei schlicht nicht nötig. Die vorhandenen Rechtsmittel würden in diesen Fällen ausreichen, um vorliegende Straftaten zu ahnden. Die Protestaktionen würden zwar mehrere Straftatbestände erfüllen, seien grundsätzlich aber von der Versammlungsfreiheit des Grundgesetzes gedeckt. Viele der Befragten warnten davor, gezielt einer Gruppe oder Bewegung mit einer Verschärfung des Strafrechts beikommen zu wollen.

Ich weiß nicht, wie diese Expertinnen und Experten die aktuellen Aktionen an Flughäfen bewerten würden, aber hier besteht aus meiner Sicht der Unterschied. Die Aktionen in Köln und Frankfurt von Mitte Juli waren nicht die ersten. Im Mai etwa hatte die Gruppe den Flughafen in München lahmgelegt, zu Beginn der Pfingstferien, und auch dort erhebliche Behinderungen herbeigeführt. Innenministerin Nancy Faser (SPD) hatte daraufhin in enger Abstimmung mit Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) an einer Verschärfung des Luftsicherheitsgesetzes gearbeitet. Mitte Juli wurde diese nun von der Bundesregierung vorgestellt.

Demzufolge soll ein neuer Straftatbestand eingeführt werden, um das "vorsätzliche, unberechtigte Eindringen unter anderem auf das Rollfeld und die Start- und Landebahnen eines Flughafens" unter Strafe zu stellen, wenn dadurch die "Sicherheit des zivilen Luftverkehrs beeinträchtigt" wird. Laut Gesetzentwurf könnte das künftig mit bis zu zwei Jahren Gefängnis oder einer Geldstrafe bestraft werden. Bislang gab es dafür lediglich ein Bußgeld.

Als ich das zum ersten Mal las, war ich ehrlich gesagt überrascht. Eine Verschärfung erscheint mir hier nicht nur nachvollziehbar, sondern nötig. Auch wenn ich Proteste an Flughäfen grundsätzlich gut nachvollziehen kann, stellt sich ja nicht zuletzt die Frage: Wenn die Protestierenden von der "Letzten Generation" das hinbekommen – wer könnte dann da noch alles eindringen und eventuell weit Schlimmeres machen als zu stören und zu protestieren? Die Aktionen haben in dem Sinne auch eine Gesetzeslücke aufgezeigt. Das Luftsicherheitsgesetz zu verschärfen, zielt potenziell viel weiter, als drastische Klimaproteste zu kriminalisieren.

Aber was bringt es überhaupt, Klimaaktivisten wegzusperren?

Geht es darum, die wirtschaftlichen Kosten zu vermeiden, die Staus, ausfallende oder verschobene Flüge und Polizeieinsätze mit sich bringen? Wenn das Ziel ist, Kosten zu sparen, wäre es mit Blick auf den menschengemachten Klimawandel sinnvoller, effektiven Klimaschutz zu betreiben und die Erderhitzung zu stoppen. Denn auch wenn Klimaschutz selbst kostet, so ist doch klar, dass kein Klimaschutz noch viel teurer wird und schon heute einen immensen wirtschaftlichen Schaden anrichtet. Die Folgen der Erderhitzung treiben die Kosten für Lebensmittel in die Höhe (so bei Kartoffeln und Olivenöl), beeinträchtigen Lieferketten (wenn zu wenig Wasser im Panamakanal oder im Rhein ist und zu viel Wasser auf Autobahnen) und beschädigen Unternehmen und deren Betriebsmittel (etwa einen Zulieferer von Porsche oder bei der Deutschen Bahn).

Oder geht es darum, die Schäden und Störungen der Zivilgesellschaft zu vermeiden? Auch das ist nachvollziehbar, scheint aber wenig konsequent zu sein, wenn man bedenkt, welche Schäden und Störungen Extremwetter in Deutschland schon heute anrichten. Eigenheime werden bei Starkregen geflutet, Dächer von Stürmen abgedeckt, Küsten beschädigt. Hitze verbiegt Gleise und Brücken, belastet unsere Gesundheit und die unserer Haustiere. Selbst beim Fußballgucken sind Fans Gefahren ausgesetzt und können nicht einfach nur abschalten. Steigt die Erderhitzung weiter, werden viele Extremwetterlagen künftig noch häufiger und stärker auftreten.

Aktivistinnen und Aktivisten kann man wegsperren, die Störungen des allgemeinen "Weiter so" in der Gesellschaft und der Politik kurzzeitig weiter ignorieren. Doch die Erderhitzung stoppt das nicht.

Bringen die hohen Strafen zumindest den Klimaaktivistinnen und -aktivisten etwas? Mit gewaltfreien Aktionen Gesetze zu brechen und sich anschließend der Justiz zu stellen, gehört schließlich zur Strategie der Gruppen. Sie versuchen, Aufmerksamkeit und Sympathien zu gewinnen, wenn ihre Aktionen unverhältnismäßig stark bestraft werden. Nach den Hausdurchsuchungen in Deutschland etwa gab es erstmals größere Soli-Demos für die "Letzte Generation", öffentlich solidarisierten sich Teile der Klimabewegung, die die Wahl der Mittel der Gruppe zuvor scharf kritisiert hatten. Der UN-Generalsekretär ließ die Razzien von einem Sprecher kritisieren.

Ob die Straferhöhung für Flughafen-Blockaden in der Urlaubszeit eine große Welle der Solidarität auslöst, ist fraglich, auch weil die (mediale) Aufmerksamkeit für die langen Haftstrafen derzeit insgesamt relativ gering ausfällt. In Großbritannien sieht das ein bisschen besser aus. Eine Umfrage im Auftrag einer gemeinnützigen Organisation, die Proteste und soziale Bewegungen erforscht, ergab, dass 61 Prozent der Befragten die Strafen für die fünf Klimaaktivisten als "hart" empfanden. 12 Prozent fanden die Strafen zu milde.

Verwendete Quellen
  • Eigene Überlegungen
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