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Gartenexperte: "Bei diesen Gemüsearten kann es Probleme geben"


Gartenbauingenieur
"Bei diesen Gemüsearten kann es Probleme geben"

InterviewVon Ron Schlesinger

Aktualisiert am 21.03.2021Lesedauer: 5 Min.
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

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Gemüsegarten: Blattsalat (vorn) und Lauchzwiebeln (links hinten) gehören dazu.Vergrößern des Bildes
Gemüsegarten: Blattsalat (vorn) und Lauchzwiebeln (links hinten) gehören dazu. (Quelle: Shotshop/imago-images-bilder)

Besonders gut schmeckt Gemüse, wenn es selbst angebaut wird. Doch Salat und Co. setzen Trockenheit und Hitze arg zu. Gartenbauingenieur Martin Krumbein rät dennoch zu etwas mehr Gelassenheit.

Ob im Eimer auf dem Balkon oder im Gartenbeet: Gemüse selbst anzubauen ist leichter als gedacht. Doch die Folgen der Klimakrise machen auch manchem Hobbygärtner zunehmend das Leben schwer. Denn verwelkten Salat, mickrige Radieschen oder verschrumpelte Tomaten will niemand ernten.

Aber welche Gemüsearten kommen gut mit Sonne, Hitze und wenig Regen zurecht? Warum ist das so? Und wie stellen sich Kleingärtner auf veränderte Klimabedingungen ein?

Diese und andere Fragen stellen sich Mitarbeiter am Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum (TLLLR) in Erfurt. Ein Ziel ist, wärmeliebende Gemüsesorten ausfindig zu machen, die sich hierzulande zum Anbau im Garten eignen. Wir haben Diplom-Gartenbauingenieur Martin Krumbein gefragt, wie Hobbygärtner ihr Gemüsebeet fit für die kommende Saison machen können.

t-online: Herr Krumbein, wie verändert die Klimakrise den Gemüsegarten?

Martin Krumbein: Um etwas vorwegzunehmen: Da die meisten Gemüsearten – außer Spargel und Rhabarber – nur einjährig kultiviert werden, sind sie dem Klimawandel nicht so stark ausgesetzt wie zum Beispiel Obstbäume. Der Gemüseanbau im Kleingarten wird vor allem durch die jeweilige Witterung beeinflusst und erst in zweiter Linie und langfristig gesehen vom Klimawandel. Sicher sind die Veränderungen rasanter als man das von früheren Jahrtausenden vermutet, aber auch nicht immer geradlinig bei Temperatur, Niederschlag, Lichtstärke und Wind. Klima muss man immer langfristig betrachten und in manchen Regionen auf dieser Erde leben die Menschen nicht erst jetzt unter den bei uns zu erwartenden Bedingungen, sondern schon seit Hunderten von Jahren.

Dennoch will ich Ihnen die Frage stellen: Haben Sie schon auf das eine oder andere Gemüse verzichten müssen?

Ich baue einige Gemüsearten nicht mehr im Garten an wie Broccoli oder Blumenkohl. Der Grund dafür ist aber nicht das Klima, sondern Schädlinge wie die Weiße Fliege oder der Kohlerdfloh, ein Blattkäfer, der vor allem Radieschen, Rettich und Kohlarten befällt. Auch Melone und Süßkartoffel hatte ich mal probiert, aber gleich wieder eingestellt, weil beide in meinem Garten an einem Hang nicht gut wachsen.

Aber Schädlinge hängen doch mit der Klimakrise zusammen. Denn die Weiße Fliege stammt ja ursprünglich aus den Tropen und mag es warm und feucht.

Viele Schaderreger treten bei hohen Temperaturen verstärkt auf und vermehren sich auch schneller. Das gilt vor allem für tierische Schaderreger. Zwar mögen es nicht alle Tiere trocken und heiß, aber Käfer, Spinnmilben, Thripse, Wanzen, auch Läuse und manche Schmetterlingsart profitieren von Wärme, Trockenheit und fehlendem Regen.

Und wie wirkt sich das Klima auf Pilzkrankheiten wie Mehltau aus?

Bei pilzlichen Schaderregern ist die Situation nicht ganz so eindeutig. Hier brauchen viele Erreger genug Feuchtigkeit, um an beziehungsweise in die Kulturpflanze zu gelangen und zu wachsen. Manche Pilze wie der Echte Mehltau sind auch im Hochsommer zu finden, andere wie die Krautfäule bei Tomaten oder der Falsche Mehltau treten bei Trockenheit deutlich weniger auf. Also deshalb bitte beachten: bei empfindlichen Pflanzen so beregnen oder gießen, dass vor allem der Boden und nicht die Pflanzen selbst durchnässt werden.

Welche Gemüsearten werden wegen des Klimawandels besonders leiden, welche nicht?

Hier gibt es kein Entweder-oder. Verschiedene Gemüsearten werden immer zu bestimmten Jahreszeiten, zum Beispiel im Frühjahr bei Spätfrösten, im Hochsommer bei Hitze und Trockenheit, und natürlich auch an ungünstigen Standorten leiden. Ein Problem ist, dass die Arten, denen es bei Wärme im Sommer eigentlich richtig gut geht, trotzdem durch Fröste im April oder Mai gefährdet sind. Gerade wenn die Winter eher mild verlaufen, sind die Schäden oft größer.

Warum?

Die Gehölze haben dann schon frisch ausgetrieben oder geblüht. Mancher Gemüsegärtner lässt sich zudem vom reichen und sehr zeitigen Angebot an Jungpflanzen im Gartencenter verleiten, pflanzt bisweilen viel zu früh und die Setzlinge erfrieren. Probleme gibt es aber auch, wenn den Pflanzen länger anhaltende Hitzeperioden zu schaffen machen. Gemüsearten, die eher an das maritime Klima angepasst sind, wie Kohlarten und Salate, können über ihr großes Blattwerk viel Wasser verlieren. Den Kohl schützt die Wachsschicht der Blätter noch gut, aber bei den Salaten kann es Probleme geben, das gilt auch für Spinat und Feldsalat.

Was heißt das für den Gemüsegärtner?

Man sollte immer die Bedingungen am Standort beachten und auf einen Anbau von diesen bestimmten Arten im Hochsommer verzichten.

Die Klimaerwärmung bringt auch manche Vorteile, zum Beispiel heißere Sommer, mildere Winter. Lohnt es sich, mediterrane Gemüsearten im Garten auszuprobieren?

Auf jeden Fall. Wir haben auf unserem Freigelände neben den gängigen Sorten Tomate, Gurke, Zucchini und Kürbis seit einigen Jahren auch Versuche mit Paprika, Chili, Wassermelone und Süßkartoffel laufen und einen ordentlichen Ertrag. Bei der Süßkartoffel hat sich beim Anbau beispielsweise Mulchfolie bewährt. Sie bietet im Frühjahr zusätzlichen Frostschutz, vor allem an den Eisheiligen. Und im vergangenen Jahr haben wir sogar Okra angebaut.

Das sind die Schoten, die wie eine Mischung aus grünen Bohnen und Stachelbeere schmecken. Momentan ist aber immer noch die Tomate das Lieblingsgemüse der Deutschen: Was setzt ihr in Zeiten der Klimakrise besonders zu?

Beim Profianbau im Gewächshaus sind es einige sehr aggressive und schwer beziehungsweise gar nicht zu bekämpfende Schaderreger, wie Viren und Bakterien. Zudem setzen Raupen von Schadschmetterlingen aus dem mediterranen Raum der Tomatenpflanze zu. Im Kleingarten sind es fehlende Nährstoffe im Boden sowie die Folgen von Wassermangel, Trockenheit und Hitze.

Wie reagieren Pflanze und Tomaten darauf?

Das kann dazu führen, dass das Fruchtgewebe regelrecht zerstört wird, meist an der oberen, der Sonne zugewandten Schulter der Tomatenfrüchte. Diese färbt sich entweder gelb und bleibt hart oder wird hell und weich, wie gekocht.

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Welche Krankheiten nehmen zu?

Zum Beispiel die Bakterienwelke, bei der sich an den Tomatenstängeln helle bräunliche Streifen zeigen. Oder die Korkwurzelkrankheit, die durch den Pilz Pyrenochaeta lycopersici verursacht wird. Auch hier welken die Blätter. Blüten und Tomatenfrüchte werden abgestoßen.

Auch die Blütenendfäule nimmt zu. Sie ist meist an schwarzen Flecken an der Unterseite der Tomatenfrüchte zu erkennen. Das ist aber keine Krankheit oder ansteckende Fäule, sondern ein Versorgungsproblem mit Kalzium. Bei langer Trockenheit mit Wassermangel schafft es die Pflanze nicht mehr, genug Kalzium von der Wurzel über den Spross in die Früchte zu transportieren. Die Folge ist, dass die Früchte an der Blütenansatzstelle – daher der Name – eintrocknen. Wenn man die befallenen Teile abschneidet, kann der Rest der Frucht verzehrt werden. Seltener kann die Fäule auch im Inneren der Frucht vorkommen.

Gibt es Tomatensorten, die stressresistenter sind als andere?

Ja, allerdings sollte man sich die Sorten nicht nur nach einem Faktor aussuchen. Wenn man eine wohlschmeckende für den Garten entdeckt hat und diese gut trägt, wird man sie lieber anbauen als eine robuste Sorte, die nicht schmeckt oder anfällig für Krankheiten ist.

Man hört immer häufiger von nachhaltigem Gemüseanbau: Was heißt das überhaupt?

Nachhaltigkeit ist eigentlich ein Begriff, der aus der Forstwirtschaft stammt. Hier ist gemeint, dass immer nur so viel Holz entnommen wird, wie nachwachsen kann. Beim nachhaltigen Gemüseanbau geht es darum, die dem Boden bei der Ernte entzogenen Stoffe wie Wasser oder Nährstoffe wieder zurückzugeben. Ziel ist, die Bodenfruchtbarkeit und vor allem dessen Leistungsfähigkeit zu erhalten.

Das heißt, man sollte lieber organischen Dünger vom eigenen Kompost für das Gemüse verwenden?

Ja, im Bio-Anbau ist man da meist schon weiter fortgeschritten, da es sich hier im Idealfall um einen Kreislauf handelt. Hier verzichtet man komplett auf moderne Pflanzenschutzmittel und setzt auf pflanzliche Biomasse, Gründüngung und tierische Abfälle als organische Bodendüngung.

Dem kann man im Kleingarten am einfachsten mit einer gut angelegten Kompostwirtschaft nahekommen. Wer zudem Kleintiere oder Schafe hält, kann seine Bodenqualität noch mehr verbessern.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Krumbein.

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