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Rheumatisches Fieber: Symptome, SPECK-Kriterien und Therapie


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Spätfolge nach Rachenentzündung
Diese Symptome weisen auf rheumatisches Fieber hin


Aktualisiert am 29.10.2021Lesedauer: 6 Min.
Kind mit Fieber: An rheumatischem Fieber erkranken vor allem Kinder und Jugendliche.Vergrößern des Bildes
Kind mit Fieber: An rheumatischem Fieber erkranken vor allem Kinder und Jugendliche. (Quelle: ArtistGNDphotography/getty-images-bilder)

Die Halsschmerzen sind längst abgeklungen, doch plötzlich treten neue Symptome auf: Als seltene Spätfolge eines Infekts mit Streptokokken kann sich rheumatisches Fieber entwickeln. Wir erklären, was das ist und was hilft.

Definiton: Was ist rheumatisches Fieber?

Rheumatisches Fieber ist eine Krankheit, die etwa zwei bis drei Wochen nach einer überstandenen Infektion mit bestimmten Bakterien (Streptokokken) auftreten kann. Wie der Name schon sagt, geht sie unter anderem mit Fieber einher. Zudem entwickeln sich Entzündungen, etwa an Herz und Gelenken.

Auslöser der Symptome sind nicht die Keime selbst, sondern ein Fehler des Immunsystems: Die vom Körper gebildeten Abwehrstoffe (sogenannte Antikörper), die eigentlich die Erreger bekämpfen sollten, richten sich gegen den Körper selbst. Fachleute bezeichnen das rheumatische Fieber daher auch als Autoimmunreaktion: "Auto-" heißt "selbst". Die Antikörper greifen vor allem Nerven, Herz und Gelenke an. Dadurch entzünden sich diese Gewebe.

Das Risiko, an rheumatischem Fieber zu erkranken, ist aber äußerst gering – es kommt hierzulande sehr selten vor: Schätzungen zufolge erkranken in Deutschland nur einer von einer Millionen Einwohnern daran.

In Entwicklungsländern ist die Erkrankung ein größeres Problem. Der Grund dafür ist wahrscheinlich, dass Infekte mit Streptokokken dort insgesamt häufiger vorkommen und die Bedingungen für eine rasche Genesung schlechter sind: Die Menschen leben zum Teil in sehr beengten und unhygienischen Verhältnissen und haben keinen Zugang zu guter medizinischer Versorgung. Dadurch kommt es häufiger zu schweren und langwierigen Krankheitsverläufen.

Welche Symptome verursacht rheumatisches Fieber?

Rheumatisches Fieber äußert sich ein bis vier Wochen nach einem überstandenen Infekt mit Streptokokken durch spürbare Symptome. Typisch sind dann

  • Fieber sowie
  • Abgeschlagenheit und Müdigkeit.

Welche Symptome noch auftreten, hängt von den betroffenen Organen beziehungsweise Strukturen ab:

  • Bei den meisten Erkrankten (etwa 75 von 100) entzünden sich die Gelenke und/oder das Herz.
  • Bei 25 von 100 Erkrankten betrifft die Krankheit vor allem das Nervensystem, was unter anderem zu unkontrollierten Bewegungen und Muskelschwäche führt. Der Fachbegriff für dieses Krankheitsbild lautet Chorea minor.

Eine Gelenkentzündung (Arthritis) äußert sich vor allem durch Schwellungen und Schmerzen im Gelenk. Die betroffenen Gelenke können außerdem warm und gerötet sein. Die Arthritis beginnt für gewöhnlich in einem großen Gelenk, etwa einem Ellenbogen, Fußgelenk oder Knie.

Einige Tage später "springt" sie dann auf ein anderes großes Gelenk über – etwa vom Fußgelenk zum Knie und dann zum Hüftgelenk. In der Regel sind beim rheumatischen Fieber also nur wenige Gelenke gleichzeitig entzündet.

Eine Entzündung des Herzens, genauer gesagt des Herzmuskels, des Herzbeutels und der Herzklappen, macht sich unter anderem durch Herzklopfen, Herzrasen, Atemnot und Schmerzen in der Brust bemerkbar. Da das Herz seine Aufgabe nicht mehr richtig erfüllen kann, sind die Erkrankten zudem körperlich weniger belastbar, fühlen sich also schnell erschöpft.

Bei Chorea minor, der selteneren Verlaufsform des rheumatischen Fiebers, zeigen sich die Symptome erst einige Zeit später – mitunter Monate nach dem Infekt. Da die Entzündungen das zentrale Nervensystem beeinträchtigen können, können vielfältige Störungen auftreten, zum Beispiel:

  • unkontrollierbare, ruckartige Bewegungen, etwa der Arme, Finger, Beine und Füße, die alltägliche Handgriffe und Bewegungsabläufe erschweren können
  • Muskelzuckungen am Kopf (häufig einseitig)
  • Muskelschwäche und verminderte Reflexe
  • Verhaltensstörungen
  • innere Unruhe
  • schwankende Gemütszustände

Zusätzlich kann sich das Herz entzünden, was aber bei dieser Verlaufsform meist nicht sofort zu spürbaren Symptomen führt.

Symptome der Haut

Bei wenigen Erkrankten (etwa 10 von 100) beginnt das rheumatische Fieber mit Entzündungen in der Haut, die oft vom Rumpf – etwa am Oberbauch und Rücken – ausgehen und sich schubweise ausbreiten. Sie führen zu ringförmigen Rötungen und manchmal zu Knötchen unter der Haut.

Rheumatisches Fieber im Erwachsenenalter

Bei Erwachsenen kann rheumatisches Fieber nach einer Rachen- und/oder Mandelentzündung auftreten. Solche Entzündungen kommen relativ häufig vor und äußern sich vor allem durch Halsweh.

Trotzdem muss man sich bei Halsschmerzen normalerweise keine Sorgen machen, an rheumatischem Fieber zu erkranken. Denn erstens sind für Halsentzündungen meist Viren verantwortlich. Rheumatisches Fieber kann sich jedoch nur entwickeln, wenn die Entzündung durch Streptokokken, also Bakterien verursacht wurde.

Zweitens führen auch Infekte mit Streptokokken nur sehr selten zu rheumatischem Fieber: Schätzungen zufolge erkrankt in Deutschland nur einer von einer Million Einwohnern daran.

Deshalb bekommen Erwachsene, die mit Halsschmerzen zum Arzt gehen, in der Regel keine Antibiotika verordnet. Die Mittel können zwar das Risiko für rheumatisches Fieber senken. Die Antibiotikatherapie bringt jedoch selbst Risiken mit sich, weil sie eine Reihe von Nebenwirkungen hervorrufen kann – zum Beispiel allergische Reaktionen und Übelkeit. Die Wahrscheinlichkeit, dass derlei Nebenwirkungen auftreten und zum Problem werden, ist weitaus größer als das Risiko, dass sich rheumatisches Fieber entwickelt.

Sinnvoll und notwendig sind Antibiotika nur für Menschen, die bereits an rheumatischem Fieber erkrankt sind. Mehr zur Behandlung erfahren Sie im Kapitel "Therapie: Was hilft bei rheumatischem Fieber?".

Rheumatisches Fieber bei Kindern

Wenn rheumatisches Fieber auftritt – was insgesamt selten vorkommt – dann vor allem bei Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 3 und 16 Jahren.

Das ist nicht verwunderlich, denn Infektionen mit A-Streptokokken kommen im Kindesalter weitaus häufiger vor als bei Erwachsenen. Bei Kindern und Jugendlichen rufen diese Bakterien neben normalen Racheninfekten häufig auch Scharlach hervor. An Scharlach können zwar auch Erwachsene erkranken. Da vorwiegend Kinder betroffen sind, wird er trotzdem zu den sogenannten Kinderkrankheiten gezählt.

Bei Scharlach kann sich neben Halsweh und Fieber auch roter Hautausschlag entwickeln. Auslöser sind bestimmte Giftstoffe, die die Bakterien freisetzen. Ein weiteres typisches Scharlachsymptom ist die tiefrote Färbung der Zunge, die sogenannte Himbeerzunge.

Bei Kindern werden Scharlach und andere durch Streptokokken ausgelöste Erkrankungen in der Regel mit Antibiotika behandelt. Die Mittel verkürzen zum einen die Zeit, in der das Kind ansteckend ist, also keinen Kontakt zu anderen Kindern – zum Beispiel im Kindergarten oder in der Schule – haben darf.

Zum anderen beschleunigen sie die Genesung, weil sie dem Körper helfen, schneller mit den Keimen fertig zu werden. Möglicherweise senken sie so auch das Risiko für Spätfolgen wie das rheumatische Fieber. Ob das tatsächlich so ist, ist aber noch nicht ausreichend erforscht.

Wichtig: Eine Antibiotikatherapie geht mit Risiken einher, auch für Kinder. Die Kinderärztin oder der Kinderarzt sollte die Mittel daher nur verschreiben, wenn es sich tatsächlich um einen A-Streptokokken-Infekt handelt. Das kann sie oder er mit einem Rachenabstrich feststellen. Fällt dieser negativ aus, könnten Viren hinter dem Infekt stecken. Bei viralen Infekten helfen Antibiotika nicht.

Rheumatisches Fieber: Kriterien zur Diagnose (SPECK)

Um rheumatisches Fieber festzustellen, wird sich die Ärztin oder der Arzt zunächst ein genaues Bild von den Symptomen machen. Zudem sind verschiedene Untersuchungen nötig:

  • Ein Rachenabstrich liefert Hinweise darauf, ob ein Infekt mit A-Streptokokken stattgefunden hat, welcher das rheumatische Fieber verursacht haben könnte.
  • Eine Blutuntersuchung zeigt, ob die Entzündungswerte erhöht sind. Erhöhte Entzündungswerte sind ein mögliches Anzeichen für rheumatisches Fieber.
  • Mit einem EKG und einer Echokardiografie kann sie oder er feststellen, ob das Herz von einer Entzündung (Karditis) betroffen ist. Eine Karditis ist ebenfalls ein Anzeichen für rheumatisches Fieber.

Ob die Befunde wirklich für rheumatisches Fieber sprechen oder nicht, beurteilt die Ärztin oder der Arzt anhand bestimmter Kriterien, die Fachleute für die Diagnose von rheumatischem Fieber entwickelt haben. Diese Kriterien setzen sich aus fünf Hauptkriterien und vier Nebenkriterien zusammen.

Die Hauptkriterien werden auch SPECK-Kriterien genannt. Die Abkürzung leitet sich aus den Anfangsbuchstaben der Fachbegriffe für die jeweiligen Symptome und Befunde ab. Zu ihnen zählen:

  • Knötchen unter der Haut (subkutane Knoten)
  • Entzündung in mehreren Gelenken (Polyarthritis)
  • Hautausschlag, der für Streptokokken-Infekte typisch ist (Erythema marginatum)
  • Bewegungsstörungen, die bei rheumatischem Fieber auftreten können (Chorea minor)
  • Entzündung des Herzgewebes (Karditis)

Die Nebenkriterien sind:

  • Fieber
  • Schmerzen in mehreren Gelenken
  • erhöhte Entzündungswerte
  • bestimmte Auffälligkeiten im EKG

Voraussetzung für die Diagnose "rheumatisches Fieber" ist, dass zwei Hauptkriterien oder ein Haupt- und zwei Nebenkriterien erfüllt sind.

Therapie: Was hilft bei rheumatischem Fieber?

Wer an rheumatischem Fieber erkrankt ist, erhält zur Therapie Antibiotika. Die Erkrankung beginnt zwar erst, wenn der bakterielle Infekt schon einige Wochen zurückliegt. Dennoch kann es sein, dass der Körper die Erreger noch nicht ausreichend bekämpft hat. Antibiotika unterstützen ihn dabei, den Infekt vollständig zu beseitigen.

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Gegen die Beschwerden helfen die keimtötenden Mittel jedoch nicht. Denn die Symptome, die bei rheumatischem Fieber auftreten, entstehen nicht durch die Keime, sondern sind eine Folge der Entzündung, die der Infekt im Körper ausgelöst hat.

Darum kommen zur Therapie auch entzündungshemmende Schmerzmittel zum Einsatz, etwa Ibuprofen und – bei Entzündungen des Herzgewebes – auch Kortison.

Welche weiteren Maßnahmen anstehen, richtet sich danach, welche Organe und Strukturen beeinträchtigt sind. Hat die Entzündung am Herzen bereits zu einer Schädigung der Herzklappen geführt, können unter Umständen chirurgische Eingriffe nötig sein.

Wenn das Nervensystem betroffen ist, lassen sich die Symptome teilweise mithilfe bestimmter Medikamente lindern, zum Beispiel Beruhigungsmitteln oder Neuroleptika. Außerdem unterstützt Bettruhe die Genesung.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Online-Informationen des Robert-Koch-Instituts (Abrufdatum: 29.10.2021)
  • Online-Informationen von Deximed: www.deximed.de (Abrufdatum: 29.10.2021)
  • Online-Informationen von Amboss: www.amboss.com (Abrufdatum: 29.10.2021)
  • Online-Informationen des Pschyrembel: www.pschyrembel.de (Abrufdatum: 29.10.2021)
  • Online-Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): www.gesundheitsinformation.de (Abrufdatum: 29.10.2021)
  • Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM): Halsschmerzen. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 053/010 (Stand: 31.10.2020)
  • Gortner, l., Mayer, S.: Duale Reihe Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2018
  • Carapetis, J. R.: Acute rheumatic fever and rheumatic heart disease. Nature Reviews Disease Premiers, Artikel-Nr. 15084 (Januar 2016)
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