Impfung gegen Schweinegrippe Wie sicher ist die Schweinegrippe-Impfung?
Am 26. Oktober startete in zahlreichen Bundesländern die Impfung gegen Schweinegrippe. Je nach Umfrage möchten sich derzeit jedoch nur 13 bis 20 Prozent der Menschen impfen lassen. Der Verlauf der Neuen Grippe ist meist mild. Rund sieben Prozent der etwa 23.000 bislang in Deutschland registrierten Erkrankten wurden allerdings nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) in eine Klinik eingewiesen, drei Patienten starben.
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Welche Altergruppen sind besonders betroffen?
In Deutschland sind ganz überwiegend jüngere Menschen bis etwa 24 Jahre betroffen. Auch bei den Klinikeinweisungen wegen Schweinegrippe finden sich vor allem Menschen dieses Alters. Dagegen erkranken in der Altersgruppe über 60 Jahre nur wenige Menschen, von ihnen kommt auch eine vergleichsweise geringe Zahl ins Krankenhaus. Das RKI hat einen Impfplan vorgeschlagen: Zunächst soll medizinisches Personal geimpft werden, zum eigenen Schutz und zum Schutz der Patienten. Dann kommen chronisch Kranke an die Reihe. Menschen mit chronischen Krankheiten haben laut RKI ein 4- bis 13- fach erhöhtes Risiko bei einer Schweinegrippe-Infektion in eine Klinik zu kommen oder sogar zu sterben.
Was wird an den Impfstoffen kritisiert?
Einige Mediziner haben vor angeblich unkalkulierbaren Nebenwirkungen bei den Impfstoffen Pandremix vom Pharmahersteller GlaxoSmithKline und Focetria von Novartis gewarnt. Beide Impfstoffe sind von der EU zugelassenen. Sie enthalten Wirkstoffverstärker - sogenannte Adjuvanssysteme. Gegner kritisieren, dass die Wirkung dieser Adjuvanzien nicht ausreichend erforscht sei. Das "Arznei-Telegramm" beispielsweise kritisiert, dass Impfstoffe mit Adjuvanzien schlechter vertragen werden als Impfstoffe ohne. Außerdem seien die Nebenwirkungen nicht ausreichend geklärt. Der Virologe Alexander Kekulé aus Halle hatte die Impfstoffe mit Verstärkerstoffen als "übertrieben" kritisiert.
Ist das Misstrauen berechtigt?
Es stimmt, dass bei Tests an Erwachsenen einige von ihnen nach der Impfung Beschwerden hatten. Ein Großteil klagte über Rötungen, Schwellungen und Druckschmerz an der Einstichstelle. Außerdem bekamen einige Kopfschmerzen, Fieber oder Gelenkschmerzen. Ansonsten verliefen diese Tests ohne schwerwiegende Nebenwirkungen. Daher wurden die Mittel auch von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) zugelassen. Auch Kekulé weist ausdrücklich darauf hin, dass alle Nebenwirkungen vorübergehend seien.
Können unerwartete Nebenwirkungen auftreten?
Ein minimales Restrisiko besteht dennoch. Schwere Nebenwirkungen des Impfstoffs Pandemrix wurden laut RKI in Versuchen mit 5000 erwachsenen Probanden nicht beobachtet. Es könne allerdings sein, dass sich sehr seltene Nebenwirkungen erst zeigen, wenn mehr Menschen geimpft werden. Kopf-, Gelenk- oder Muskelschmerzen, Fieber, Mattigkeit sowie Schmerzen oder Rötungen an der Einstichstelle traten dagegen jeweils bei mehr als zehn Prozent der Probanden auf. Ein bis zehn Prozent der Geimpften klagten über eine Schwellung der Lymphknoten, grippeähnliche Erkrankungen und weitere Symptome. Laut GlaxoSmithKline wurden mehr als 39.000 Probanden mit dem Adjuvans-verstärkten Impfstoff geimpft. Das sind im Vergleich zur Gesamtbevölkerung nicht sehr viele. Daher könnten seltene Nebenwirkungen unerkannt bleiben, die erst bei der Impfung von Millionen Patienten sichtbar werden.
Wozu sind Wirkstoffverstärker nötig?
Adjuvanzien sind Hilfsstoffe, die die Wirkung des Impfstoffes verstärken. Die Technik ist nicht neu, sondern wird auch bei vielen anderen Impfstoffen verwendet. Sie hat mehrere Effekte: Adjuvanzien sorgen dafür, dass der Impfstoff im Körper besser und länger wirkt. Weil sie die Wirkung verstärken, kann außerdem die Menge des Impfstoffes pro Dosis verringert werden. Das kann besonders bei Impfungen gegen drohende Pandemien wichtig sein. Schließlich können die Pharmahersteller innerhalb kurzer Zeit nur eine bestimmte Menge des Impfstoffes herstellen. Damit könnte nur eine bestimmte Anzahl von Menschen geimpft werden. Mit Hilfe von Adjuvanzien kann die Impfstoffmenge jedoch so "gestreckt" werden, dass sie für deutlich mehr Menschen reicht. Hersteller von Pandremix erklärt, dass ohne Adjuvanzien nur ein Siebtel der bisher geplanten Impfdosen zur Verfügung stünde.
Was ist am Impfstoff für die Bundeswehr anders?
Die Bundeswehr hat allerdings den Impfstoff Celvapan ohne Adjuvantien bestellt. Warum kommt dieser Impfstoff ohne Adjuvanssystem aus? Celvapan enthält ganze Viren, im Gegensatz zu den anderen Impfstoffen, die nur aus Virenteilen bestehen. Die Viren wurden aber abgetötet, damit sie keine Erkrankung verursachen können. Um im Körper eine Immunantwort auszulösen, braucht der Impfstoff keine Adjuvanzien. Ohne Nebenwirkungen geht es aber auch bei Celvapan nicht: Bei mehr als einem von zehn geimpften Menschen wurden beispielsweise ebenfalls Schmerzen an der Injektionsstelle beobachtet.
Gibt es ein Risiko für Kinder und Schwangere?
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte gibt zu bedenken, dass Celvapan bislang weder an Kindern noch an Schwangeren getestet worden sei. Auch für Erwachsene lägen erst relativ wenige Daten vor. Ein weiterer Unterschied: Pandremix und Focetria werden wie für Grippe-Impfstoffe seit langem üblich mit Hilfe von Hühnereiern hergestellt, Celvapan aber wird auf Säugetierzellen (Vero-Zellen) gezüchtet. Schwangere stehen damit vor einer schweren Entscheidung. Sie bekommen zwar schwerere Symptome als andere Menschen, bislang gibt es für sie aber keinen optimalen Impfstoff in Europa. Alle drei zugelassenen Produkte enthalten entweder Wirkstoffverstärker oder abgetötete ganze Viren, die beide zu Fieber führen können. Deutschland hofft bis Ende November auf einen verstärkerfreien Impfstoff für die rund 700 000 Schwangeren. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt für Schwangere einen Impfstoff, der nur Virenteile und zudem keine Wirkstoffverstärker enthält - so ein Vakzin wird etwa in den USA verwendet. Es rät insbesondere Schwangeren, die eine Grunderkrankung haben oder viel mit Kindern und Jugendlichen umgehen, eine Impfung mit ihrem Arzt zu besprechen.
Wer sollte sich noch impfen lassen?
Menschen, die im Haushalt von Risikopersonen leben, sollten sich nach Ansicht der STIKO impfen lassen. Auch für Menschen bis 24 Jahre sei eine Impfung "sinnvoll". Allerdings sollten für kleine Kinder noch weitere Daten abgewartet werden. Für sonstige gesunde Menschen von 25 bis 65 Jahren empfiehlt die STIKO zwar "keine vordringliche Impfung", sie könnten jedoch auch von einer Impfung profitieren. Menschen von 10 bis 60 Jahren müssen nur einmal geimpft werden, anstelle der sonst üblichen Zweifachimpfung.
Infos vom Bundesgesundheitsministerium www.neuegrippe.bund.de
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