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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Feurig" verträgt nicht jeder Scharfes Essen: Wie gesund ist es wirklich?
Chili, Pfeffer, Ingwer & Co.: Viele Menschen mögen scharfes Essen und würzen ihre Speisen mit feurigen Gewürzen. Tun sie ihrer Gesundheit damit einen Gefallen?
Schärfe soll den Speisen nicht nur das gewisse Etwas verleihen, sondern zugleich auch die Gesundheit stärken. Doch nicht jeder profitiert von der Schärfe. Welche gesundheitlichen Vorteile scharfes Essen hat, wann es zu viel Schärfe ist und wer besser verzichtet.
Was macht unser Essen scharf?
Die Schärfe kommt durch verschiedene Gewürze und ihre Inhaltsstoffe ins Essen. So sorgt in Chili das Capsaicin für das Feuer auf der Zunge, in Pfeffer ist es Piperin. Meerrettich und Senf enthalten Senföle, Ingwer den Scharfstoff Gingerol und Knoblauch sowie Zwiebeln bekommen durch reichlich Allicin geschmacklich Pepp. Was spannend ist: Schärfe ist keine Geschmacksart wie süß, salzig, bitter, sauer und umami. Scharfes Essen stimuliert die Wärme- und Schmerzreize im Mund und ist damit eine Schmerzreaktion. Zugleich wirkt Scharfes durchblutungsfördernd. Je schärfer wir essen, desto schmerzhafter empfinden wir es, desto röter wird unsere Haut und desto mehr beginnen wir zu schwitzen.
"Schärfe kann, ist man sie nicht gewohnt und verzehrt man übermäßig viel davon, sogar zum Schärfeschock und Kreislaufkollaps führen – und dann lebensbedrohlich sein. Das zeigt: Scharfes Essen in Maßen ist Genuss, zu viel kann den Körper belasten. Wer scharf isst, sollte daher immer seine individuelle Schärfegrenze beachten und sich langsam herantasten", rät Diplom-Oecotrophologin Brigitte Neumann aus Uttenreuth.
Brigitte Neumann
ist Diplom-Ökotrophologin aus Uttenreuth. Die freiberufliche Ernährungswissenschaftlerin ist in der Erwachsenenbildung tätig. Sie hält unter anderem Vorträge in Schulen und Firmen und arbeitet mit Verbänden, Institutionen, Krankenkassen und Ärzten zusammen.
Schärfe lässt sich messen
Schärfe wird mittels der Scoville-Einheit (Scoville Heat Units, SHU) bestimmt. Die unterste Wahrnehmungsschwelle des Menschen für Schärfe liegt bei etwa 16 SHU. Gemüsepaprika hat bis zu zehn SHU, handelsübliche Peperoni liegen zwischen 100 und 500 SHU. Tabascosauce ist bei 2.5500 bis 8.500 SHU eingruppiert. Die als schärfste Chili der Welt geltende Sorte "Carolina Reaper" liegt bei 2.200.000 SHU. Übrigens: Ein handelsübliches Pfefferspray hat einen Schärfegrad von 2.000.000.
Wie viel Schärfe ist gesund?
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geht in einer Stellungnahme zu "Lebensmitteln mit sehr hohen Capsaicingehalten" davon aus, dass die Schärfe, die traditionell von Erwachsenen bei einer Mahlzeit akzeptiert wird, maximal fünf Milligramm Capsaicin je Kilogramm Körpergewicht beträgt. Das entspräche einer Aufnahme von 300 Milligramm Capsaicin durch einen 60 Kilogramm schweren Erwachsenen über eine Mahlzeit.
"Wer Schärfe nicht gewohnt ist, greift am besten zu den sanfteren Gewürzen. Meerrettich beispielsweise ist scharf, doch die Schärfe bleibt nicht allzu lange im Mund. Auch die Schärfe von Pfeffer lässt nach wenigen Augenblicken wieder nach. Senföle mögen häufig sogar Menschen, die sonst nicht gerne scharf essen", erklärt Neumann. "Anders ist das bei Chilis und Chilizubereitungen. Diese brennen intensiv im Mund und lösen ein Schmerzempfinden gleich einem Verbrennungsschmerz aus. Der Schmerz wirkt relativ lange nach und lässt so manchen nach Luft japsen."
So wirkt scharfes Essen auf den Körper
Wer es mit der Schärfe nicht übertreibt und nur so viel würzt, dass es ihm schmeckt und bekommt, der kann von vielfältigen positiven Effekten auf die Gesundheit profitieren. So unterschiedlich scharf die verschiedenen Gewürze sein können, so unterschiedlich ist auch deren positive Wirkung. So fördert Piperin im Pfeffer den Speichelfluss, unterstützt die Verdauung und wirkt leicht antibakteriell. Capsaicin im Chili fördert ebenfalls den Speichelfluss, kurbelt die Verdauung an, wirkt keimabtötend und stimmungsaufhellend. Gingerole im Ingwer wirken verdauungsfördernd und können hilfreich gegen Brechreiz sein, weshalb sie gerne gegen Reiseübelkeit eingesetzt werden. Folgende gesundheitsfördernde Wirkungen kann scharfes Essen haben:
- Schärfe regt den Speichelfluss und den Fluss von Magensaft an, was die (Fett-)Verdauung unterstützt.
- Schärfe aktiviert die Eigenmotorik von Magen und Darm.
- Schärfe bekämpft Bakterien, Viren, Pilze und andere Keimen, was die körpereigene Abwehr unterstützt.
- Schärfe macht Speisen haltbar, was ihr Verderben hinauszögert. Besonders in warmen Ländern wird viel scharf gegessen, da Schärfe die Bildung von Mikroorganismen hemmt.
- Die gefäßerweiternde Wirkung von scharfem Essen verbessert die Durchblutung der Schleimhäute, was ebenfalls positiv für die Immunabwehr ist.
- Bei einer Erkältung oder einem grippalen Infekt wirkt Schärfe, etwa in Form eines Ingwertees genossen, entzündungshemmend, Nasensekret-bildend und schleimlösend – und kann sogar helfen, die verstopfte Nase zu öffnen.
- Schärfe regt den Energiestoffwechsel an, was neben Hitzewallungen auch ein paar mehr Kalorien verbrennen kann. Zudem isst man von scharfem Essen in der Regel weniger, was sich ebenfalls positiv auf die Kalorienbilanz auswirken kann.
- Als Reaktion auf den Schmerzreiz kann Schärfe die Endorphin-Ausschüttung des Körpers anregen und so stimmungsaufhellend wirken.
- Scharfes Essen wird in warmen Ländern auch verzehrt, um durch die vermehrte Schweißbildung die Kühlung des Körpers zu fördern.
- Die schmerz- und entzündungshemmende Wirkung von Chili und Senfkörnern machen sich auch Wärmepflaster zunutze, die gerne gegen Gelenkbeschwerden eingesetzt werden.
"Essen Sie nur so viel beziehungsweise so wenig scharf, dass die Speisen bekömmlich und lecker sind und bleiben. Die Grenze ist bei jedem anders. Der eine bekommt bereits bei geringen Mengen Chili Magenreizungen, einem anderen tun größere Mengen Schärfe gut. Hier gilt es, auszuprobieren", sagt Neumann. "Wenn es doch mal zu viel war: Capsaicin ist fettlöslich. Ein paar Schlucke Milch oder etwas Brot mit Butter oder Olivenöl lindern die Beschwerden rasch."
Wer beim Würzen aufpassen sollte
Wer auf scharfes Essen mit Magenschmerzen, Sodbrennen, Schleimhautreizungen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder anderen Magen-Darm-Beschwerden reagiert oder gar Probleme mit dem Blutdruck bekommt, sollte die Menge deutlich reduzieren oder ganz verzichten. Auch Betroffene mit einem Reizmagen oder Nieren- und Harnblasenerkrankungen sollten mit Schärfe vorsichtig sein. Auch Kleinkinder sollten kein scharfes Essen zu sich nehmen. Ihr Verdauungssystem ist noch nicht auf scharfes Essen vorbereitet.
"Abschließend ein wichtiger Tipp für die Zubereitung von scharfem Essen: Da Chilis & Co. Augenreizungen verursachen, sollten Sie sich nach dem Kontakt mit den Gewürzen gründlich die Hände waschen und Augenkontakt vermeiden", rät Neumann.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- verbraucherfenster.hessen.de: "Peperoni, Chili, Tabasco. Sehr scharf, feurig, höllisch: Wie scharf darf Essen sein?". Online-Information des Verbraucherfensters Hessen. (Stand: März 2020)
- landeszentrum-bw.de: "Wie gesund ist scharfes Essen?". Online-Information des Landeszentrums für Ernährung Baden-Württemberg. (Stand: März 2019)
- ugb.de: "Ist scharfes Essen schädlich?". Online-Information der Vereine für unabhängige Gesundheitsberatung (UGB). (Stand: 2011)
- bfr.de: "Zu scharf ist nicht gesund - Lebensmittel mit sehr hohen Capsaicingehalten können der Gesundheit schaden". Online-Stellungnahme (PDF) des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). (Stand: Oktober 2011)