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Eiweiß: So wichtig sind Proteine für deine Gesundheit


Proteine
Ab diesem Alter brauchen Sie tierisches Eiweiß

MeinungEine Kolumne von Dr. med. Yael Adler

28.12.2024Lesedauer: 4 Min.
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Ernährungsumstellung beim Kochen: Ab 65 Jahren braucht der Körper mehr tierisches Eiweiß. (Quelle: IMAGO/Uwe Umstätter/imago)
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Ernährungsmediziner betonen die Wichtigkeit einer proteinreichen Kost für unseren Körper. Es gilt aber: Eiweiß ist nicht gleich Eiweiß.

Neben der unbestreitbaren Empfehlung "Esst mehr Pflanzen!" raunen uns Ernährungsmediziner auch zu: "Esst mehr Eiweiß!" Eiweiße (Proteine), – am besten 20 bis 30 Gramm pro Mahlzeit – genauer gesagt, ihre Grundbausteine, die Aminosäuren sind für unseren Körper enorm wichtig: "Phänomenale Isolde trübt mitunter Leutnant Valentins lüsterne Träume."

Dieser kurios anmutende klassische Mediziner-Spruch hilft, uns die acht essenziellen Aminosäuren einzuprägen, die man zwingend mit der Nahrung zu sich nehmen soll: Wir können sie nämlich nicht in Eigenproduktion herstellen, obwohl gerade aus ihnen alle weiteren Aminosäuren und Proteine in unserem Körper gebildet werden. Sie heißen: Phenylalanin, Isoleucin, Tryptophan, Methionin, Leucin, Valin, Lysin, Threonin. Zwei weitere Aminosäuren gelten als halb-essenziell, weil der Körper sie unter Extrembedingungen wie Krankheit und schweren Belastungen zwar selbst, aber nicht in ausreichender Menge hervorbringt: Arginin und Histidin.

Yael Adler
(Quelle: Markus Höhn)

Zur Person

Dr. med. Yael Adler ist Fachärztin für Dermatologie, Venerologie, Phlebologie und Ernährungsmedizin (DGEM). Seit 2007 praktiziert sie in ihrer eigenen Praxis in Berlin. Ihr Talent, komplexe medizinische Sachverhalte anschaulich und unterhaltsam zu vermitteln, stellt sie seit Jahren in Vorträgen, Veranstaltungsmoderationen und den Medien unter Beweis. Über Prävention und Therapien spricht sie regelmäßig in ihrem Podcast "Ist das noch gesund?". Ihre Bücher "Haut nah" und "Darüber spricht man nicht" standen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Mit ihrem letzten Buch "Genial vital! – Wer seinen Körper kennt, bleibt länger jung" durfte sich die leidenschaftliche Ärztin erneut über diese Spitzenplatzierung freuen.

Wie viel Eiweiß ist gesund, und von welchem Eiweiß darf es etwas mehr sein? Insgesamt nutzt der Mensch 21 Aminosäuren, um aus diesen Bausteinen Proteine aufzubauen.

Protein ist ein Makronährstoff wie Kohlenhydrate und Fett und dient als Baustoff für Zellen, Gewebe, Enzyme, Hormone, Antikörper, Gerinnungsfaktoren und Transportsubstanzen für Nährstoffe. Nahrungsproteine können zudem Energie bereitstellen: 1 Gramm Protein liefert 4 Kilokalorien.

Wussten Sie, dass der Steinzeitmensch am Tag rund 250 Gramm Protein verdrückte? Die heutige Standardempfehlung liegt dagegen nur bei 45 bis 80 Gramm Eiweiß pro Tag (oder 0,8 bis 1 Gramm pro Kilo Körpergewicht). Wer emsig Sport treibt, sollte sich etwas mehr zum Muskelaufbau gönnen. Und auch beim Abnehmen sorgt Eiweiß für schnelles Sättigungsgefühl und einen günstigen Blutzuckerspiegel. Von 100 Kalorien Eiweiß verbraucht der Körper 25 bis 30 gleich wieder bei der Verdauung, Nahrungsenergie, die schon mal weg geht und sich nicht in der Wampe niederschlägt; außerdem hemmt es den Jo-Jo-Effekt. Klingt gut, oder?

Da ist noch viel Luft nach oben

Evolutionstechnisch ist für unsere Eiweißversorgung wohl definitiv noch Luft nach oben. Und es ist ein Mythos, dass eine Überschreitung der modernen Standardempfehlungen eine normal arbeitende Niere überlasten würde. Gute Eiweißbringer sind etwa Sojabohnen, Tofu, Seitan, Linsen, Kichererbsen, Lupinen, Edamame, Quinoa, Amaranth, Buchweizen, Haferflocken, Chiasamen, Hanfsamen, Kürbiskerne, Sonnenblumenkerne, Mandeln, Walnüsse, Hasel- oder Cashewnüsse, Erdnüsse, Spirulina, Algen, Pilze sein, aber auch Steak, Fisch, Meeresfrüchte, Ei, Hüttenkäse, Magerquark oder Parmesankäse – also nicht zwingend nur tierische Produkte.

Ei gilt als Referenz-Eiweiß. Seine Eiweißzusammensetzung liegt bei einer biologischen Wertigkeit von 100 und ist damit vollständig. Sie lässt sich noch weiter steigern, wenn man Ei mit Kartoffeln oder Mais kombiniert. Übrigens bewertet das modernere PDCAAS-Verfahren (Protein Digestibility-Corrected Amino Acid Score) die Eiweißqualität anhand der Aminosäuren-Zusammensetzung und berücksichtigt zusätzlich die Verdaulichkeit des Proteins im menschlichen Verdauungstrakt. Im Vergleich zur älteren Methode, der biologischen Wertigkeit, bietet es eine realitätsnähere und praxisorientierte Einschätzung der Proteinqualität für den menschlichen Körper.

Kein Problem für Veganer

Veganer können statt etwa Ei Getreide, Reis und Pseudogetreide (Quinoa, Amaranth, Buchweizen, Lupine) prima mit Hülsenfrüchten und Sojaprodukten wie Tofu, Tempeh oder Seitan arrangieren. Pflanzliche Eiweißlieferanten, geschickt kombiniert, glänzen mit hoher biologischer Wertigkeit, also Verwertbarkeit für unseren Körper. Andere vegane Eiweißquellen sind Brokkoli und Pilze.

Pseudogetreide wie etwa Quinoa, Buchweizen oder Amaranth können süß oder salzig gereicht werden. Sie sind glutenfrei und dienen als guter Ersatz für Mehl. Sie eignen sich als Müsli-Flocken oder warme Sättigungsbeilage ähnlich dem Reis, oder um einen Salat aufzupeppen: Flocken einweichen und quellen lassen, Körner kochen!

Pseudogetreide liefern zudem viele lösliche Ballaststoffe zur Darmpflege und reduzieren das Risiko für Zivilisationskrankheiten, wie etwa Typ-2-Diabetes. Die enthaltenen Kohlenhydrate sind komplex, der Blutzuckerspiegel steigt also langsamer und weniger an. Sie glänzen mit wertvollen ungesättigten Fettsäuren, sowie vielen Mineralien wie Silizium, Phosphor, Magnesium, Calcium, Mangan, Eisen, Kupfer, Zink und Vitamine (B-Gruppe und E). Gute pflanzliche Lieferanten von Ballaststoffen, Mineralien, Vitaminen, ungesättigten Fettsäuren und Eiweiß sind auch Hirse (glutenfrei), Haferflocken und Haferkleie (glutenfrei), Weizenkleie und Soja (glutenfrei).

Mit 65 Jahren ändert sich die Lage

Pflanzliche Eiweiße sollten einen hohen Stellenwert haben. Denn ein hoher Konsum tierischer Eiweiße – etwa Joghurt oder Quark zum Frühstück, Pute oder Lachs zum Mittagessen und abends Mozzarella oder Wurst – kann nach bisherigen Erkenntnissen das Krebsrisiko bei 50- bis 65-Jährigen auf das Vierfache steigern, ein Faktor, der mit dem von Tabakrauchen vergleichbar ist. Im Gegensatz zu Eiweiß aus pflanzlichen Quellen stimulieren nämlich tierische Eiweiße unser Gewebewachstum, durch die Freisetzung des Wachstumshormons IGF-1. Bei Menschen ab 65 Jahren wiederum ändert sich die Lage: hier reduziert tierisches Eiweiß das Sterberisiko und stärkt die im Rückzug befindlichen Muskeln.

Heiß diskutiert ist die Frage, ob man schon über eine ausgewogene Ernährung an ausreichende Mengen aller wichtigen Aminosäuren kommt, oder ob man zumindest als Sportler oder Erkrankter eine Extrazufuhr in Form spezieller Eiweiß-Shakes oder Nahrungsergänzungsmittel braucht. Bei auszehrenden Erkrankungen, vor und nach operativen Eingriffen und in der intensivmedizinischen Betreuung jedenfalls kommen Aminosäuregemische seit Langem therapeutisch zum Einsatz.

Lebenslanger Rund-um-die-Uhr-Betrieb

Im Blut messen Ärzte das Gesamteiweiß. Auch wenn es im Normbereich liegt, heißt das nicht unbedingt, dass die Zusammensetzung und Ausstattung mit essenziellen Aminosäuren ausreichend gegeben ist. Möglicherweise hindert auch eine gestörte Verdauung die Aufnahme von Aminosäuren über den Darm, sei es bei einem Mangel an Magensäure oder bei einem nicht optimal zusammengesetzten Darmmikrobiom, das wiederum von der Genetik, der Ernährung, vom Schlaf oder der Medikamenteneinnahme abhängt.

Die Arbeit unseres Stoffwechsels für den Schutz unseres Körpers und die Reparatur von Stoffwechselschäden ist ein lebenslanger Rund-um-die-Uhr-Betrieb. Natürlich flutscht dieser Prozess nur, wenn dafür die Materiallager unseres Körpers jederzeit gut gefüllt sind. Kommt es nur an einer Stelle zu Engpässen, bremsen diese das System aus wie ein rostiges Zahnrad in einer sonst gut funktionierenden Uhr. Da uns unser Blutlabor trotz voller Teller, bewusster Ernährung und gesündester Lebensweise manchmal auf Mängel im inneren Großbetrieb hinweist, kann es sinnvoll sein, mit Nahrungsergänzungsmitteln nachzusteuern. Viele Menschen haben messbar zu wenig Vitamin D3, Omega-3-Fettsäuren, Selen oder B-Vitamine, weshalb hier Supplemente angeraten sein können.

Bleiben Sie eiweißweise und kommen Sie gesund durch die Zeit.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Eigene Meinung
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