Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Wirklich haarig Für viele gibt es bei diesem Thema kein Pardon
Rasieren, zupfen, lasern: Die meisten entscheiden sich dafür, einen Teil ihrer Körperbehaarung zu entfernen. Manche hingegen tragen sie als Markenzeichen, weiß unsere Kolumnistin Dr. Yael Adler.
Die Zeiten ändern sich: Vor zehn, fünfzehn Jahren konstatierten Zeitschriften für die weibliche Leserschaft noch sozialen Gruppendruck beim Thema Intimrasur – heute ist es kosmetischer Mainstream. Nur vereinzelt wird noch darüber nachgedacht, ob die Rückkehr zum Busch nicht vielleicht doch ein Bekenntnis zu körperlicher Identität ist.
Zu viele männliche Hormone können Haarwuchs fördern
Wie auch immer man dazu steht, kann übermäßiger Haarwuchs an den falschen Stellen besonders für Frauen zu einem wirklichen Problem werden. Beim Hirsutismus beispielsweise wachsen ihnen Haare an klassischen "Männerstellen": im Gesicht, auf der Brust, rund um die Brustwarzen, dem Rücken, dem Bauch und verstärkt an Armen und Beinen. Dunkelhaarige und mediterrane Frauen neigen etwas häufiger zu dieser Form der "Vermännlichung", generell sind ungefähr drei bis fünf Prozent aller Frauen davon betroffen. Bei ihnen sind die männlichen Hormone erhöht, dies tritt auch im Rahmen des Polyzystischen Ovar-Syndroms (PCO) auf, einer der häufigsten Stoffwechselstörungen geschlechtsreifer Frauen.
Männliche Hormone sorgen bei Frauen zwar für eine Extraportion Power und sexuelle Energie, führen aber neben verstärktem Haarwuchs am Körper gleichzeitig auch zu Haarausfall auf dem Kopf, zu fettiger Haut und Akne.
Zur Person
Dr. med. Yael Adler ist Fachärztin für Dermatologie, Venerologie, Phlebologie und Ernährungsmedizin (DGEM). Seit 2007 praktiziert sie in ihrer eigenen Praxis in Berlin. Ihr Talent, komplexe medizinische Sachverhalte anschaulich und unterhaltsam zu vermitteln, stellt sie seit Jahren in Vorträgen, Veranstaltungsmoderationen und den Medien unter Beweis. Über Prävention und Therapien spricht sie regelmäßig in ihrem Podcast "Ist das noch gesund?". Ihre Bücher "Haut nah" und "Darüber spricht man nicht" standen auf Platz 1 der "Spiegel"-Bestsellerliste. Mit ihrem letzten Buch "Genial vital! – Wer seinen Körper kennt, bleibt länger jung" durfte sich die leidenschaftliche Ärztin erneut über diese Spitzenplatzierung freuen.
Körperbehaarung als Markenzeichen
Die Grenze zwischen Normalzustand und Hirsutismus verläuft allerdings fließend, und der wirkliche Leidensdruck hängt oft von der Selbstwahrnehmung der jeweiligen Frauen ab. Die berühmte mexikanische Malerin Frida Kahlo etwa hat ihren kleinen Oberlippenbart und ihre dicht zusammengewachsenen Augenbrauen bei Selbstporträts stets mitgezeichnet, und das mitunter sogar viel ausgeprägter als in Wirklichkeit vorhanden. Am Ende wurde daraus ihr Markenzeichen, das sie stolz den gängigen Schönheitsidealen entgegensetzte.
Wo Gesichtshaare perfekt sichtbar werden
Doch nicht nur bei Frauen, die an echtem Hirsutismus leiden, sprießen borstige Barthaare am Kinn. Eine Verschiebung der Hormone und eine gesteigerte Sensibilität der Kinnhaarwurzeln für männliche Hormone führen bei vielen Frauen ab 40 dazu, dass die Pinzette fortan fester Bestandteil der Handtasche ist. Beliebte Kinnhaardetektoren sind etwa der Rückspiegel im Auto, der häusliche Vergrößerungsspiegel oder die Umkleidekabine des Kaufhauses: ein tragischer Ort für Frauen, denn hier wird nicht nur die verhasste Cellulite plastisch ausgeleuchtet, hier sind auch alle Gesichtshaare perfekt sichtbar.
Rasieren, zupfen, trimmen, lasern
Während meiner Arbeit im Altenheim habe ich bei vielen alten Damen lange schwarze oder weiße Barthaare gesichtet, die munter weiter wuchsen, weil sie offenbar nicht mehr gesehen und deshalb auch nicht gezupft wurden. Das Tröstende dabei: die nachlassende Sehkraft verschont die mitalternde Zielgruppe, also auch die alten Herren nicht. Derart gnädig weichgezeichnet, wird die Liebste auch mit Kinnhaar weiterhin als die schönste Frau der Welt wahrgenommen. Wenn Sie, meine Damen, sich nicht darauf verlassen wollen, können Sie die "Hexenhaare" weglasern lassen – aber dann bitte rechtzeitig, bevor sie ergrauen, denn sonst findet der Laser sie nicht mehr.
Es soll aber auch Männer geben, denen ein bisschen Piksen am Frauenkörper nichts ausmacht, oder die angesichts von dichtem Flaum auf den Beinen oder dazwischen besonders ins Schwärmen geraten. Wo erlaubt ist, was gefällt, gibt es nichts, was es nicht gibt, genau wie im umgekehrten Fall: Manche Frauen lieben einen stark behaarten Männerrücken, weil der ihnen wild und animalisch vorkommt, andere finden zu viele Haare am Mann absolut abtörnend. Deshalb wird inzwischen auch bei vielen Herren das Körperhaar entfernt – je nach Region, Mode, Zeitgeist und Generation.
Egal ob Mann oder Frau, die Menschen haben sich die abenteuerlichsten Gerätschaften ausgedacht, um überschüssige oder ungewollte Haare im Zaum zu halten: Scheren, Zwirbelfäden, kleine rasierende Rasenmäher, Laser und Lichtblitzlampen, elektrische Drähte, Zupfwerkzeuge und kalte oder warme Klebmassen aus Wachs oder Zucker.
So vielfältig wie dieses Equipment sind auch die Methoden, mit denen man professionell enthaaren kann:
- Der Laser erhitzt durch künstlich gebündeltes und verstärktes Licht nur einer Wellenlänge das Pigment in den Haarwurzeln, die sich gerade in der Wachstumsphase befinden. Am besten geeignet ist diese Methode bei dunklem Haar auf heller Haut; helle Haare "findet" der Laser schlecht. Die Laserbehandlung ist mehrfach erforderlich und sichert dann größtenteils langfristige Effekte. Allerdings steigt nach der Behandlung für rund vier Wochen das Risiko für vorübergehende Überpigmentierung; Sonne und vor allem Solarium sollten in dieser Zeit gemieden werden.
- Mehrere Wellenlängen im Gegensatz zum Laser hat die Blitzlampe, das Intense Pulsed Light (IPL), es gibt dafür sogar frei verkäufliche kleinere Handgeräte, deren Energie für einen dauerhaften Erfolg allerdings nicht ausreicht. Bei Laser und IPL sind erfahrene Behandler und gute Geräte, die auch regelmäßig gewartet werden, unabdingbar für den Erfolg und das Minimieren von Risiken wie Verbrennungen oder Augenschäden. Laser dürfen nur Arztpraxen nutzen. Eine IPL- oder Laserschutzbrille muss dabei getragen werden.
- Frisch rasiert – gut gelaunt: Die Rasur ist die konventionelle Enthaarungsmethode, bei der das Haar direkt an der Hautoberfläche gekappt wird. Allerdings muss wegen des schnellen Nachwachsens fast täglich nachgemäht werden. Nicht sachgemäß ausgeführter Schnitt lässt jucken und kratzen. Mikroverletzungen öffnen Eiterbakterien die Hautpforte und machen Eiterpusteln.
- Starke Lauge mit 12er pH-Wert kommt bei der chemischen Enthaarung zum Einsatz. Die preiswerte Methode muss alle zwei bis fünf Tage wiederholt werden. Die Gefahr von Hautschäden und Kontaktekzemen verbietet großflächige Anwendung und die Behandlung an Schleimhäuten im Intimbereich.
- Auch helles oder ergrautes Haar wird erwischt durch die Thermolyse, bei der ein dünner Draht in den Haarkanal geschoben wird, um dort mit hoher Temperatur die Haarwurzel zu verglühen. Thermolyse ist nicht billig und kann sich lange hinziehen. Durch die Hitze kommt es leicht mal zu Narbenbildung.
- Ganz süß, weil unter Anwendung von Zucker, ist das Sugaring, bei dem wie beim Wachsen klebrige Masse oder Wachs aufs behaarte Areal gegeben und nach Konsolidierung mit einem Ruck abgerissen wird – manchmal mit einem Klebestreifen. Klingt sehr strapaziös für die Haut, ist es auch.
- Billig, schnell, aber sehr fummelig ist das Zupfen; hier werden die lästigen Haare einzeln ausgerissen. Doch Vorsicht: Die Pinzette kann auch hier zu Mikroverletzungen führen und Eiterpusteln auslösen.
Egal ob mit oder ohne Haar – kommen Sie gesund durch die Zeit!
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Eigene Meinung