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Corona: Warum manche Menschen an Verschwörungstmythen glauben


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Warum manche Menschen an Verschwörungstmythen glauben

MeinungEine Kolumne von Ulrike Scheuermann

Aktualisiert am 19.05.2020Lesedauer: 3 Min.
Demonstration gegen die strengen Auflagen im Umgang mit dem Coronavirus: Manche Menschen glauben, dass das Coronavirus ungefährlich ist.Vergrößern des Bildes
Demonstration gegen die strengen Auflagen im Umgang mit dem Coronavirus: Manche Menschen glauben, dass das Coronavirus ungefährlich ist. (Quelle: Peter Kneffel/dpa)
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Rund um das Coronavirus kursieren verschiedene Verschwörungsmythen. Was geht in der Psyche von Menschen vor, die davon überzeugt sind, die einzige Wahrheit zu kennen? Und was macht das mit einer Gesellschaft, deren Wohlergehen davon abhängt, dass sich alle an bestimmte Regeln halten?

In der jetzigen Situation haben wir wenig Kontrolle über das Geschehen, die Lage ist unsicher. Das ist nicht leicht auszuhalten, da wir anderes gewöhnt sind. Deshalb suchen wir Wege, um mit der Situation gut umgehen zu können.

Laut einer aktuellen Studie, der "Mitte-Studie", sagen 50 Prozent der Deutschen, sie trauten lieber ihren Gefühlen als den Aussagen von Experten. Sie bauen sich also eine eigene Wahrheit. Diese persönlichen Wahrheiten zu äußern und zu diskutieren gehört im Rahmen einer Demokratie zur Meinungsfreiheit dazu, und es führt manchmal zu wichtigen Auseinandersetzungen. Doch im Moment ist es für unsere Situation dramatisch, denn es entstehen Verschwörungsmythen, die die Einigkeit im Land stören. Denn nur durch das anfängliche Zusammenstehen aller war es möglich, ein großes Ziel zu erreichen: die Eindämmung des Virus.

Die Sozialpsychologin Pia Lamberty von der Universität Mainz ermittelte in drei aktuellen Studien im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, dass eine starke Verbreitung der Verschwörungsmythen dazu führt, dass sich mehr Menschen zu solchen hingezogen fühlen – auch diejenigen, die bisher nichts damit zu tun hatten. Diese Theorien können aber Menschenleben gefährden, beispielsweise, wenn man sich dann nicht mehr an die Abstandsregeln hält. Außerdem schaden sie der Stimmung im Land, obwohl wir eigentlich dringend so viel Stabilität wie möglich benötigen.

Was der Glaube an Verschwörungsmythen in der Psyche bewirkt

Wenn wir uns die Wirkung von Verschwörungsmythen ansehen, kommen wir mit diesem Verständnis weiter. Dabei beziehe ich mich nur auf psychische Motive. Ein Motiv kann auch jenseits dessen liegen, zum Beispiel wenn bestimmte politische Gruppen eigentlich ganz andere Ziele verfolgen, wie etwa die Schwächung des Rechtsstaates.

Aber zu den psychischen Hintergründen: Mitten in einer großen Verunsicherung und dem Kontrollverlust, den wir gerade erleben, hoffen und suchen Menschen nach einfachen Antworten. Durch die Flucht in eine Verschwörungsmyten kann es leichter werden: Man findet Halt, etwa durch folgenden Gedanken: "Ist alles nicht so schlimm, nur eine normale Grippe". Die Unsicherheit weicht damit einer Gewissheit.

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Man hat wieder Kontrolle über das Geschehen. Die Angst, dass die Eltern erkranken könnten, flaut ab. Außerdem kann man je nach Theorie eine Person XY beschuldigen – die greifbarer ist als ein Virus. Es gibt ein Feindbild, an dem man sich auslassen kann. Bei diesen Menschen wird vielleicht noch zusätzlich das Bedürfnis befriedigt, einzigartig und besonders schlau zu sein und vermeintlich mehr zu wissen als die breite Masse. Das schafft ein Gefühl des Darüberstehens.

Typische Eigenschaften: Misstrauen und soziale Angst

Aus der psychologischen Forschung weiß man, dass Menschen, die Verschwörungsmythen verbreiten, bestimmte Eigenschaften haben: starkes Misstrauen und soziale Angst sowie die Neigung zu verzerrtem Wahrnehmen. Auch glauben die Anhänger oft, dass die Welt sowieso sehr gefährlich wäre.

Verschwörungserzählungen gab und gibt es schon immer: Bei Terroranschlägen wie 9/11, bei dem plötzlichen Tod eines Prominenten, ein bekanntes Beispiel sind hier die vielen Mythen zur Ermordung von Kennedy, oder bei weltbewegenden Ereignissen wie der Mondlandung. Noch heute wird behauptet, diese hätte nie stattgefunden.

Psychische Stabilität: Unsicherheit und belastende Gefühle aushalten

Ich merke zurzeit auch manchmal, dass ich mir einen einfachen Weg wünsche, stelle dann aber fest, dass dies nicht aufrichtig wäre und schlage mich also weiter mit bei mir auftauchenden belastenden Gefühlen herum. Wer von uns jetzt aber dazu bereit ist, all die Gefühle zu dem unsicheren Zustand der ganzen Welt mit seinen dramatischen Auswirkungen auszuhalten, muss dafür sorgen, psychisch so stabil wie möglich zu sein.

Wer diesen weniger einfachen, aber dafür konstruktiven Weg gehen will, dem können diese drei Fragen helfen:

  1. Was macht mir zurzeit Angst und wie kann ich diese Angst aushalten? – Denn es geht darum, sie auszuhalten.
  2. Wie steht es bei mir um das Vertrauen in andere Menschen und Autoritäten? – Denn Vertrauen hilft.
  3. Wo führt es hin, wenn wir unserer Regierung und dem Rechtssystem nicht mehr vertrauen?

Ich würde sagen, dann landen wir im Nichts. Wenn wir dem Staat grundlegend nicht mehr trauen, können wir eigentlich nicht mehr hier leben. Das heißt für mich: Wir müssen uns ein Grundvertrauen bewahren, in unsere Demokratie, in unseren Rechtsstaat.

Ulrike Scheuermann ist Diplom-Psychologin und Bestsellerautorin. Seit 25 Jahren hilft sie Menschen dabei, gut für sich zu sorgen. Ihre Self-Care-Programme finden in ihrer Akademie in Berlin statt.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
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