Keuchhusten Keuchhusten bei Erwachsenen auf dem Vormarsch
Schlimme Hustenanfälle bis hin zum Erbrechen: Der Keuchhusten ist bei Erwachsenen auf dem Vormarsch. Experten blicken voller Sorgen auf diese Entwicklung. So tückisch ist der 100-Tage-Husten.
Lungenarzt äußert sich besorgt
Er fängt ganz harmlos an. Und dann wird und wird man ihn nicht mehr los. "Man nennt ihn auch 100-Tage-Husten, er kann aber bis zu einem halben Jahr anhalten", sagt Andreas Hellmann vom Bundesverband der Pneumologen (BdP). Der Lungenfacharzt aus Augsburg ist besorgt, denn Pertussis - so der medizinische Name für Keuchhusten - erlebt gerade ein Comeback - auch bei Erwachsenen.
14 Tage bis zum Keuchen
Ausgelöst wird die Krankheit von einem Bakterium, die Ansteckung erfolgt wie bei einer gewöhnlichen Erkältung. Selten gibt es Fieber, auch der Husten ist anfänglich nicht schlimm und unterscheidet sich nicht von einer grippalen Infektion. "Bis das Keuchen losgeht, vergehen rund 14 Tage", erläutert Hellmann. Dann werden die Nächte unruhig: Heftige Hustenanfälle unterbrechen den Schlaf. Nicht nur das zerrt an den Nerven, sondern auch die Tatsache, dass nichts dagegen hilft. Denn eine Antibiotikatherapie schlägt nur an, wenn sie sehr früh begonnen wird.
Jeder Fünfte bekommt eine Lungenentzündung
Hellmann empfiehlt aber, Antibiotika auch im späteren Verlauf des Keuchhustens einzunehmen. Denn sie verringern die Gefahr der Sekundärerkrankung. "Zehn bis zwanzig Prozent der Keuchhustenpatienten bekommen eine Lungenentzündung mit zum Teil kritischem Verlauf", warnt er. Der Keuchhusten selbst ist vor allem für Säuglinge unter sechs Monaten eine echte Gefahr: Bei ihnen verläuft die Krankheit oftmals ohne den typischen Husten. Es kann aber zum Atemstillstand kommen, der zum Tod führt.
Bakterium zerstört Schleimhäute
Das Bordetella-pertussis-Bakterium sondert Toxine ab, die die eigentliche Krankheit erst auslösen", erklärt Andrea Grüber, die sich beim Deutschen Grünen Kreuz (DGK) in Marburg. Die Gifte zerstören die Schleimhäute der Atemwege. Dadurch werden die stakkatoartigen Hustenanfälle ausgelöst, an deren Ende das charakteristische keuchende Einatmen steht. Erst langsam bildet sich die wichtige Schleimhaut wieder. Es ist also die Heilung, die so lange dauert.
Impfschutz fehlt bei vielen
Einen wirksamen Schutz gegen Keuchhusten bietet nur eine Impfung. Und genau da liegt das Problem des Comebacks der Krankheit: Bis 1974 wurde in ganz Deutschland geimpft, die Fälle gingen deutlich zurück. Doch der Impfstoff war weniger gut verträglich als andere. "Es wurde mit Ganzkeime-Impfstoffen geimpft", erläutert die Epidemiologin Wiebke Hellenbrand vom Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin. Das heißt, das Immunsystem musste sich mit einem abgetöteten Pertussis-Bakterium auseinandersetzen und hatte danach genug Antikörper, um einer echten Infektion zu begegnen.
Aber: "Es kam oft zu Impffieber, und es gab den Verdacht, dass neurologische Schäden auftreten können, obwohl das nie bewiesen werden konnte", erinnert sich Hellenbrand. Die Impfung wurde dann in Westdeutschland nicht mehr empfohlen, viele verbinden auch heute noch die alten Probleme mit einer Keuchhustenimpfung.
Impfschutz hält nicht das ganze Leben
Auch eine andere Fehlannahme hält sich hartnäckig - die der lebenslangen Immunität. Dabei ist in der Medizin klar: Weder eine Erkrankung noch Impfungen schützen lebenslang vor Keuchhusten. Die steigenden Fallzahlen, besonders in den Jahren 2011 und 2012, zeigen das deutlich.
Erwachsene sollen sich impfen lassen
Nun empfiehlt die Ständige Impfkommission am RKI, nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsenen gegen Keuchhusten zu impfen. Besonders Erwachsene, die häufig mit Kleinkindern in Kontakt sind, sollten sich impfen lassen. "Gibt es einen Kinderwunsch, so sollte die Impfung im Idealfall vor der Schwangerschaft erfolgen", rät Hellenbrand.
Aber es kursiert auch Kritik am aktuell eingesetzten, besser verträglichen Impfstoff: Warum sollte man sich impfen lassen, wenn man trotzdem erkranken kann? "Weil das Risiko deutlich abnimmt und die Verbreitung von Keuchhusten eingedämmt wird", entgegnet Hellmann.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.