Medikamente Wechselwirkungen von Medikamenten können tödlich enden
Wechselwirkungen von Medikamenten können tödlich sein - und sie treten häufiger auf als allgemein angenommen. Laut einer aktuellen Studie der AOK birgt jede sechste Arzneimittelverordnung die Gefahr einer unerwünschten Wechselwirkung. Die stetig wachsende Anzahl an Arzneimitteln auf dem deutschen Markt erschwert zudem den Überblick über die richtige Medikation. Wir haben den Apotheker Dr. Hans Rudolf Diefenbach gefragt, wie man gefährliche Fehlkombinationen vermeiden kann.
Ärzte verschreiben teils lebensbedrohlichen Medikamentenmix
Die AOK-Studie zu den 2012 verordneten Arzneimitteln zeigt: In drei von tausend Fällen verschrieben Ärzte einen Medikamentenmix, der tödlich sein kann. In 3,5 Prozent der Fälle wurden außerdem Pillenkombinationen verordnet, die schwere gesundheitliche Folgen nach sich ziehen können. Viel zu selten fragen Ärzte ihre Patienten nach den eingenommenen, auch rezeptfreien Medikamenten, so die gängige Kritik. Dabei treten gerade bei rezeptfreien Arzneistoffen wie Aspirin und Mittel gegen Sodbrennen häufig Wechselwirkungen auf, warnt Diefenbach.
"Irgendwann erwischt es jeden"
2012 wurden über 427.000 Medikamenten-Wechselwirkungen in der Datenbank der Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände registriert. "Man sollte das durchaus dramatisieren", meint Diefenbach. Denn in Anbetracht der Vielzahl an eingenommenen Medikamenten in Deutschland ist er sich in Bezug auf Wechselwirkungen sicher: "Irgendwann erwischt es jeden".
Je mehr Medikamente, desto größer die Gefahr
Viele Medikamente beeinflussen einander nicht nur, sondern können in Kombination auch zu völlig neuen Symptome führen. Diese reichen von Magen-Darm-Beschwerden, Schwindel, Muskel- und Kopfschmerzen bis hin zu inneren Blutungen und Organschäden. Dabei gilt: Je mehr Medikamente eingenommen werden, desto höher ist das Risiko für gefährliche Wechselwirkungen. In Einzelfällen können falsch verabreichte Medikamente sogar bis zum Herzinfarkt führen. Da sei es kaum verwunderlich, dass über die Hälfte aller klinischen Aufenthalte durch Medikamenten-Wechselwirkungen zustande kommen, so der Apotheker.
Die Wirkungen von Medikamenten sind altersabhängig
Laut Diefenbach sind die meisten Medikamentendosierungen auf den Mann um die 50 Jahre abgestimmt. Der Körper verändert sich jedoch im Alter, etwa im Hinblick auf den Fettanteil, den Stoffwechsel und die Leber- und Nierenfunktion. Teilweise nimmt daher die Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Medikamenten zu und die Arzneimitteldosis muss entsprechend angepasst werden. Allerdings liegen zur richtigen Medikation im Alter kaum Studien vor. Hinzu kommt, dass die Medikamenteneinnahme mit zunehmenden Alter erheblich steigt. "Patienten über 60 nehmen oftmals fünf Arzneimittel und mehr am Tag ein", erläutert Diefenbach. Entsprechend ist die Altersgruppe 65 plus besonders häufig von den Gefahren durch medikamentöse Wechselwirkungen betroffen.
Mittel gegen Sodbrennen macht Antibiotika unwirksam
Insbesondere Antibiotika, Psychopharmaka, Diabetes- und Schmerzmittel, Blutverdünner und Blutdrucksenker führen zu problematischen Wechselwirkungen, erklärt Diefenbach. Als gefährlichste Kombinationen nennt er Antazida, also Arzneimittel gegen Sodbrennen, und Antibiotika, da erstere Antibiotika unwirksam machen.
Entwässerungstabletten steigern in Kombination mit Kaliumsalzen den Kaliumspiegel und können so Herz-Rhythmus-Störungen auslösen. Statine, die als Cholesterinsenker eingesetzt werden, können in Kombination mit Blutverdünnern und Antibiotika zu einer verringerten Blutverdünnung und zu Muskelschäden führen.
Wer Schmerzmittel oder Betablocker gemeinsam mit Diabetes-Mitteln einnimmt, riskiert eine Unterzuckerung, so der Apotheker, da der Blutzuckerspiegel durch die Medikamente zu langsam ansteigt. Und Digoxin gegen Herzschwäche sollte auf keinen Fall mit Johanniskraut kombiniert werden. "Da brauchen sich Herzpatienten nicht wundern, wenn es Ihnen stetig schlechter geht", so Diefenbach.
Apotheker wirbt für Arzneimittelpass
Diefenbach zufolge gibt es einen einfachen Weg, um die fatalen Folgen von Wechselwirkungen zu vermeiden: Kommunikation. "Da hapert es noch in sehr vielen Fällen", bemängelt er. Doch ohne den Informationsaustausch zwischen Arzt und Apotheker und die ehrliche Aussage der Patienten über eingenommene Präparate wird es in Zukunft nicht gehen, so der Apotheker. Kein Einzelner können da den Überblick behalten. In dem Zusammenhang wirbt Diefenbach für den Arzneimittelpass und die Kundenkarte, die in nahezu jeder Apotheke erhältlich sind. In diesen Dokumenten wird die Medikamenteneinnahme des Patienten festgehalten und in einer Datenbank registriert. So kann fatalen Fehlkombinationen von Medikamenten vorgebeugt werden.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.