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Darmflora als Jungbrunnen: Expertin Dr. Adler erklärt Gründe


Geheimnisse der Langlebigkeit
"Menschen mit Möhrengesicht wirken attraktiver"

  • Lynn Zimmermann
InterviewVon Lynn Zimmermann

07.03.2025Lesedauer: 7 Min.
Karottensaft, Matcha und Co.: Pflanzen enthalten viele wertvolle Inhaltsstoffe.Vergrößern des Bildes
Karottensaft, Matcha und Co.: Pflanzen enthalten viele wertvolle Inhaltsstoffe. (Quelle: Mykhailo Lukashuk/getty-images-bilder)
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Ein hohes Alter zu erreichen ist schön, aber nur, wenn auch die Gesundheit mitspielt. Warum das nicht mit Verzicht auf alles, was schmeckt einhergehen muss, erklärt eine Expertin.

Unsere Ernährung bestimmt unter anderem, wie gesund wir sind und wie wir altern. Die Dermatologin und Ernährungsmedizinerin Dr. Yael Adler hat sich in ihrem neuen Buch "Genial ernährt! – Klüger essen, entspannter genießen, besser leben" intensiv mit der Frage beschäftigt, welche Lebensmittel und Ernährungsweisen uns von innen jung und gesund halten. Im Gespräch mit t-online erklärt sie, warum eine darmfreundliche Ernährung unser Jungbrunnen ist, welche Lebensmittel unsere Haut strahlen lassen und wovon wir besser die Finger lassen sollten.

(Quelle: Promo)

Zur Person

Dr. med. Yael Adler ist Fachärztin für Dermatologie, Venerologie, Phlebologie und Ernährungsmedizin (DGEM) und regelmäßige Kolumnistin für t-online. Ihre Bücher "Haut nah" und "Darüber spricht man nicht" standen auf Platz 1 der "Spiegel"-Bestsellerliste. Mit ihrem letzten Buch "Genial vital! – Wer seinen Körper kennt, bleibt länger jung" durfte sich die Ärztin erneut über diese Spitzenplatzierung freuen. Ihr neustes Buch "Genial ernährt! – Klüger essen, entspannter genießen, besser leben" wurde diese Woche veröffentlicht.

t-onliene: Frau Adler, was steht bei Ihnen täglich auf dem Speiseplan?

Frau Adler: Ganz klar: Matcha. Ich trinke täglich zwei Tassen des quietschgrünen Pulvertees aus Japan in Bioqualität – am liebsten mit Sojadrink.

Warum gerade Matcha?

Weil er ein echtes Kraftpaket ist. In den gemahlenen Blättern stecken Antioxidantien, also Moleküle, die den Körper vor freien Radikalen schützen, insbesondere Epigallocatechingallat. Dieses kann den Stoffwechsel anregen, die Blutfette verbessern, das Immunsystem stärken und hat möglicherweise krebshemmende Eigenschaften. Außerdem enthält Matcha den grünen Pflanzenfarbstoff Chlorophyll, der die Kollagenbildung in der Haut unterstützen kann. Die Japaner trinken viel grünen Tee und sehen oft erstaunlich jung aus – das ist kein Zufall.

Gibt es auch Lebensmittel, die Sie meiden?

Ja, zum Beispiel Kuhmilch. Sie stimuliert die Freisetzung von Wachstumsfaktoren. Die lassen ein Kuhbaby prächtig wachsen, regen bei uns erwachsenen Menschen aber vor allem unsere Talgdrüsen an – Pickel und fettige Haut lassen grüßen. Zudem wird Kuhmilch mit Zivilisationskrankheiten wie Typ-2-Diabetes, Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie bestimmten Krebsarten in Verbindung gebracht. In Frischmilch sind außerdem winzige Mikro-RNA-Partikel enthalten, die unsere menschlichen Gene beeinflussen können – deren genaue Auswirkungen sind jedoch noch nicht vollständig erforscht. Wer dennoch nicht auf Milchprodukte verzichten möchte, sollte auf fermentierte Varianten wie Naturjoghurt, Kefir oder Buttermilch setzen. Hier sind viele der problematischen Stoffe bereits abgebaut, während wertvolle probiotische Kulturen wie Milchsäurebakterien erhalten bleiben, sofern nicht am Schluss noch mal pasteurisiert wurde.

Ist Sojadrink eine gesündere Alternative?

Definitiv. Soja enthält pflanzliche Östrogene, die sogar das Brustkrebsrisiko senken können. Und nein, Männer müssen keine Angst haben – sie müssten literweise Sojadrink trinken, damit es eine hormonelle Wirkung entfalten könnte. Und auch die oft behaupteten negativen Effekte auf die Schilddrüse sind wissenschaftlich nicht bestätigt. Außerdem liefert Sojadrink wertvolle Ballaststoffe und Proteine. Es ist jedoch empfehlenswert, auf ungesüßte Varianten zurückzugreifen.

Wie groß ist der Einfluss der Ernährung generell auf unsere Haut?

Enorm. Unsere Haut wird von innen aufgebaut – da bringen Cremes nur begrenzt etwas. Wir brauchen Baustoffe wie Proteine und Omega-3-Fettsäuren, dazu Mikronährstoffe wie Zink, Vitamin C und Selen. Sie unterstützen die Kollagenproduktion und sorgen für gesunde, straffe Haut. Und nicht nur das. Unsere Ernährung kann uns auch eine schöne Hautfarbe machen.

Wie das?

Beta-Carotin, etwa aus Möhrensaft, lagert sich in der Haut ab und sorgt für einen warmen, gesunden Glow. Täglich ein Glas mit einem Tropfen Öl für die bessere Aufnahme reicht dafür schon aus. Und Studien zeigen: Menschen mit diesem "Möhrengesicht" wirken auf andere attraktiver – besser als mit künstlicher Bräune. Außerdem schützt Beta-Carotin die Haut vor UV-Schäden, quasi ein unterstützender natürlicher Sonnenschutz von innen.

Welche Lebensmittel empfehlen Sie für schöne Haut?

Ich finde den Fokus auf nur einzelne Lebensmittel nicht nötig. Wichtiger ist eine pflanzenbasierte Vielfalt. Wir brauchen jeden Tag mindestens 30 Gramm Ballaststoffe und jede Woche 30 verschiedene pflanzliche Lebensmittel. Das klingt erst einmal viel, aber dazu zählen nicht nur Obst und Gemüse, sondern auch Pilze, Nüsse, Saaten, Wurzeln, Gewürze, Kräuter, Getreide, Pseudogetreide und hochwertige pflanzliche Öle wie Olivenöl. Selbst Kaffee zählt dazu. Ein Müsli aus Getreideflocken, Haferkleie, Leinsamen und Walnüssen mit Blaubeeren, Bananenstückchen und Sojadrink liefert bereits mindestens sieben verschiedene Pflanzen in nur einer Mahlzeit.

Und welche Ernährungsweise empfehlen Sie allgemein für ein langes, gesundes Leben?

Ganz klar: eine Mikrobiom-freundliche Ernährung. Also eine Ernährung, die gut zu unserem bakteriellen Helfer-Team im Darm ist.

Wie sieht diese Ernährung aus?

Sie enthält viele lösliche Ballaststoffe und fermentierte probiotisch wirkende Lebensmittel, wie frisches Sauerkraut, Kimchi und fermentierte Getränke wie effektive Mikroorgansimen, Brottrunk, Wasserkefir oder Kombucha. Denn diese liefern wertvolle Milchsäurebakterien. Ein echter Geheimtipp ist zudem die Akazienfaser: Sie fördert das Wachstum guter Darmbakterien, verursacht keine Blähungen und kann beim Abnehmen sowie der Kontrolle von Blutzucker und Cholesterin helfen. Zusätzlich können gezielt eingesetzte Probiotika in Pulverform hilfreich sein – insbesondere während einer Antibiotikatherapie oder bei Verdauungsproblemen.

Warum ist die Darmflora so entscheidend für unsere Gesundheit?

Unser Mikrobiom spielt eine zentrale Rolle für unsere gesamte Gesundheit. Es produziert Substanzen, die den Körper jung halten, schützt uns vor Entzündungen und beeinflusst das Immunsystem, den Stoffwechsel sowie das Gehirn und die Psyche. Ein gesundes Mikrobiom sorgt für eine bessere Verdauung, eine optimale Nährstoffaufnahme und produziert kurzkettige Fettsäuren, die unsere Darmzellen nähren. Es kann das Risiko für Demenz, Depressionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sogar bestimmte Krebsarten senken. Dabei gilt: Je größer die Artenvielfalt unserer Darmbewohner, desto besser ist das für unsere Gesundheit. Gerät das Mikrobiom jedoch aus dem Gleichgewicht und dominieren nur wenige Arten den Darm, können vermehrt entzündungsfördernde Stoffe entstehen, die den Körper belasten und den Alterungsprozess beschleunigen. Zudem kann die Schutzbarriere der Darmschleimhaut geschwächt werden, was sich negativ auf die Verdauungsleistung auswirkt.

Und was schadet dem Mikrobiom?

Zucker, Alkohol, Salz, verarbeitete Lebensmittel – und laut aktueller Forschung auch Süßstoffe. Zudem wirken sich Pestizide, Mikroplastik, schlechter Schlaf und Bewegungsmangel negativ aus.

Warum sind Süßstoffe so schädlich?

Man vermutet, dass Süßstoffe die Darmflora negativ beeinflussen und möglicherweise das Risiko für Diabetes und Übergewicht erhöhen können. Generell sollten wir unser Verlangen nach intensivem Süßgeschmack reduzieren. Freier Zucker kommt in der Natur nur selten vor, stimuliert jedoch unser Gehirn dazu, mehr davon aufzunehmen – ein Überbleibsel aus der Evolution, als es wichtig war, Energiereserven für mögliche Hungersnöte anzulegen.

Kein Zucker, kein Süßstoff, keine Fertiggerichte: Muss gesunde Ernährung immer Verzicht bedeuten?

Im Gegenteil. Allgemein empfehle ich, den Speiseplan um gesunde Lebensmittel zu erweitern, anstatt nur Verbote auszusprechen. Wer mehr Gemüse, Nüsse und ballaststoffreiche Lebensmittel isst, hat automatisch weniger Platz für ungesunde Optionen. Zudem versorgt man sich mit schützenden und regenerierenden Pflanzenstoffen, spart Salz und profitiert von einer abwechslungsreicheren Geschmacksvielfalt.

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Auch Fleisch ist grundsätzlich nicht verboten – es kann Teil einer gesunden, ausgewogenen Ernährung sein. Allerdings sollte verarbeitetes Fleisch, wie Wurst, möglichst selten oder gar nicht konsumiert werden. Die mediterrane Ernährung oder die japanische Küche sind hier gute Vorbilder: Sie setzen auf eine bunte Pflanzenvielfalt, gesunde Fette und fermentierte Lebensmittel sowie Eiweißquellen wie Tofu, Pilze, Hülsenfrüchte, Fisch und Eier.

Aber Industriezucker und künstliche Süße sollten wir reduzieren?

Ja. Wer dennoch süßen möchte, kann auf natürliche Alternativen setzen: Datteln und getrocknete Pflaumen eignen sich hervorragend als Alternative zu raffiniertem Zucker. Sie liefern nicht nur natürliche Süße, sondern auch wertvolle Ballaststoffe, Mineralstoffe und Antioxidantien, die die Verdauung und den Blutzuckerspiegel positiv beeinflussen können. Zusätzlich können Gewürze wie Vanille, Kakao und insbesondere Zimt den süßen Geschmack von Speisen intensivieren. Zimt hat zudem eine positive Wirkung auf den Blutzuckerspiegel und kann sogar beim Abnehmen unterstützen.

Auch ballaststoffreiche Süßungsmittel, wie Yakon-Wurzel-Pulver, eignen sich. Dieses ist gleichzeitig gut für die Darmflora. Die Aminosäure Glycin zum Streuen ist eine weitere Zuckeralternative, die gleichzeitig unser Kollagen stärkt und das Gehirn unterstützt. Auch die "intelligenten" Zucker Tagatose und Galaktose oder Mannose süßen nicht nur, sondern bieten auch gesundheitliche Vorteile.

Was für Vorteile sind das?

Tagatose und Galaktose kommen beide in der Muttermilch vor, können aber auch durch Fermentation von Mais gewonnen werden. Tagatose unterstützt die Darmflora und reduziert die Zuckerlast der Speisen, mit denen sie aufgenommen wird. Galaktose kann sogar demenziell erkrankten Gehirnen Energie liefern, hilft beim Aufbau von Nervenzellen und unterstützt zudem die Schleimproduktion der Schleimhäute, was für die Atemwege und den Verdauungstrakt wichtig ist. Mannose wird auch zur Behandlung von Harnwegsinfekten eingesetzt. Und zusammen werden diese Zucker sogar in der Krebstherapie erforscht – da sie dem Körper Energie liefern, ohne Krebszellen zu "füttern".

Wo findet man diese Zuckeralternativen?

Diese "intelligenten Zucker" sind mittlerweile in einigen Drogerien, Apotheken oder online erhältlich.

Gut zu wissen

Eine Live-Tour mit ihrem Vortrag zum Buch "Die großartige Kraft der Nährstoffe" findet im Septemer 2025 statt: Am 10.9. in Düsseldorf, 11.9. in Mainz, 12.9. in Frankfurt, 20.9. in Berlin, 21.9. in Hamburg, 26.9. in Stuttgart, 27.9. in München und 28.9. in Köln.

Den Speiseplan erweitern. Gilt das auch für Nahrungsergänzungsmittel?

Generell gilt: Wenn ein im Blut nachgewiesener Mangel an bestimmten Nährstoffen besteht, können Nahrungsergänzungsmittel absolut zum raschen Auffüllen sinnvoll sein. Doch auch ohne einen diagnostizierten Mangel fehlt es vielen Menschen an essenziellen Nährstoffen wie Vitamin D3 mit K2, Omega-3-Fettsäuren, Zink und Selen. Zudem haben manche Menschen einen erhöhten Bedarf an Eisen, Biotin oder anderen B-Vitaminen. Das zeigt eine individuelle Blutanalyse. Auch profitieren die meisten von einer zusätzlichen Jodzufuhr – daher wird es unserem Speisesalz zugesetzt – sowie von Magnesium, das abends die Entspannung fördert, die Muskelregeneration unterstützt, gut für das Herz ist, die Verdauung reguliert und die Zellenergieproduktion verbessert.

Wie sieht es mit speziellen Anti-Aging-Produkten wie Kollagen aus? Brauchen wir die?

Kollagen kann in Kombination mit Vitamin C nachweislich die Hautdurchfeuchtung verbessern und das Bindegewebe unterstützen. Allgemein gilt aber: Nahrungsergänzungsmittel können eine gesunde Ernährung nicht ersetzen, sondern lediglich gezielt ergänzen. Wichtig für ein gesundes und langes Leben sind neben regelmäßiger Vorsorge vor allem klüger und vielfältig zu essen, jedoch ohne Verbote und Verzicht. Auch entspannter genießen, ausreichend Schlaf, regelmäßige Bewegung und soziale Kontakte sowie der Verzicht aufs Rauchen, weniger Alkohol, Zucker, Salz, UV-Strahlung, Feinstaub und Dauer-Stress sind wichtig. Das sind die besten Anti-Aging-Mittel.

Haben Sie noch einen letzten Tipp?

Lassen Sie sich nicht von jedem neuen Ernährungstrend verunsichern. Setzen Sie auf Wissen über Ihren Körper und Lebensmittel. Bleiben Sie experimentierfreudig, kochen Sie selbst und setzen Sie auf Vielfalt! Keine Angst vor Kohlenhydraten, wenn sie im Verbund eines pflanzlichen Lebensmittels daherkommen. Auch Mut zu gesunden Fetten: Hochwertige Fette wie Olivenöl vergine extra, kaltgepresstes Leinöl, Rapsöl, Algenöl oder Fischöl. Sie sättigen gut, verbessern den Geschmack und unterstützen die Gesundheit. Achten Sie zudem auf ausreichend Proteine – nutzen Sie dabei verstärkt auch pflanzliche Quellen wie Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen sowie die Pseudogetreide Quinoa, Amarant, Buchweizen oder Lupine. Sie helfen beim Muskelaufbau, fördern die Sättigung und unterstützen die Gewichtskontrolle.

Und trinken Sie gerne weiterhin Kaffee. Er hat zahlreiche gesundheitliche Effekte. Der Konsum von drei bis fünf Tassen Kaffee zählt als geeignete Flüssigkeitszufuhr neben Wasser und Tee, verringert das Risiko für Typ-2-Diabetes, Lebererkrankungen, Demenz und bestimmte Krebsarten, für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Damit kann Kaffee auch die Gesamtsterblichkeit senken. Guten Appetit!

Vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Frau Dr. Yeal Adler
Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.

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