Mehr Nebenwirkungen und Qualitätsmängel Arzneimittelbeschwerden steigen auf Rekordniveau
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Wer ein Medikament braucht, erwartet, dass er es in einwandfreiem Zustand und guter Qualität erhält. Zunehmend ist das aber nicht mehr der Fall.
Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) registrierte im Jahr 2024 knapp 11.000 Verdachtsfälle zu Arzneimittelrisiken, etwa Qualitätsmängel oder Nebenwirkungen. Damit setzt sich der Trend steigender Beschwerden nach Angaben der AMK aus dem Vorjahr fort und erreichte nun einen neuen Höchststand.
Die Meldungen gingen aus knapp 5.000 (Krankenhaus-)Apotheken ein. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Meldungen um mehr als 2.500, während sich die Anzahl der meldenden Apotheken um 572 erhöhte.
Überwiegend verschreibungspflichtige Arzneimittel betroffen
97 Prozent der Beschwerden bezogen sich auf Arzneimittel, darunter 9.119 verschreibungspflichtige und 1.437 nicht verschreibungspflichtige Präparate. Der Rest bezog sich auf Lebensmittel inklusive Nahrungsergänzungsmittel, Medizinprodukte, Chemikalien sowie weitere Produkte wie Rezepturen oder Kosmetika.
Dabei unterscheidet die AMK zwischen Verdachtsfällen zu unerwünschten Wirkungen von Arzneimitteln und Verdachtsmeldungen zu Qualitätsmängeln.
Nebenwirkungen sind häufigste unerwünschte Wirkung
Die Zahl der Meldungen zu unerwünschten Wirkungen stieg um knapp sieben Prozent auf insgesamt 2.820 Fälle. Der größte Teil (75 Prozent) dieser unerwünschten Wirkungen ging auf Nebenwirkungen durch Arzneistoffe zurück. Um welche Nebenwirkungen es sich dabei genau handelt, wurde nicht erfasst. Allerdings wurden 590 Fälle aufgrund ihrer Schwere innerhalb von 15 Tagen an die zuständigen Bundesoberbehörden weitergeleitet.
Am zweithäufigsten ging es bei den Meldungen um sogenannte Medikationsfehler. Dabei kann es sich um unklare Rezepte handeln oder auch um die Verschreibung einer falschen Dosis, Anwendungshäufigkeit oder Einnahmedauer eines Medikaments. Auch wenn Patienten nicht richtig über die Anwendung des Arzneistoffs informiert werden, ist das formal ein Medikationsfehler. Um welche Medikationsfehler genau es sich in der Erhebung der AMK handelt, ist allerdings nicht beschrieben.
Auch Verdachtsmeldungen zu einer geringeren Wirkung des Medikaments und zu dem Missbrauch von Medikamenten durch Patienten nahmen zu.
Qualitätsmängel bei einem Medikament dominieren Meldungen
Unter den Verdachtsmeldungen zu Qualitätsmängeln (8.062 Meldungen) wurden am häufigsten Verpackungsfehler und andere Defekte am Produkt gemeldet.
Ein großer Teil der Beschwerden betraf zudem Qualitätsmängel von metamizolhaltigen Tropfen der Firma Zentiva Pharma GmbH. Die AMK erhielt insgesamt dazu 1.809 Meldungen, von denen fast alle eine Auskristallisierung des Medikaments am Flaschenhals betrafen. Auch Verdachtsfälle zu gefälschten Medikamenten lagen in den Apotheken vor, allerdings nur in zehn Fällen.
Verdachtsfälle können zu Rückrufen führen
Aus all diesen Beschwerden resultierten im Jahr 2024 304 Risikoinformationen; hierunter 28 Rote-Hand- und Informationsbriefe, mit denen Angehörige der Heilberufe über neu identifizierte, bedeutende Arzneimittelrisiken und Maßnahmen zur Risikominimierung informiert werden. Zudem kam es zu 167 Chargenrückrufen, fünf Chargenüberprüfungen sowie 19 Rückrufen.
Dr. Armin Hoffmann, Präsident der Bundesapothekerkammer, rief Patienten dazu auf, Probleme mit Arzneimitteln direkt in der Apotheke zu besprechen: "Apothekerinnen und Apotheker können Qualitätsfragen beurteilen, mögliche Anwendungsfehler erkennen und zur Verträglichkeit der Therapie beraten."
Ob die steigenden Zahlen an einer zunehmend schlechteren Qualität der Medikamente liegen oder daran, dass mehr Menschen Mängel und Nebenwirkungen in der Apotheke melden, wird in dem Bericht der AMK nicht erklärt.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Pressemitteilung der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V. (Stand: Februar 2025)
- abda.de: "Information der Institutionen und Behörden: Die AMK in Zahlen: Das Jahr 2024". (Stand: Februar 2025)
- bfarm.de: "Rote-Hand-Briefe und Informationsbriefe"
- msdmanuals.com: "Medikationsfehler"