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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Forscher suchen nach Gründen Totgeburtenrate sinkt in Europa – aber nicht in Deutschland
Die Rate von Totgeburten hat sich in Europa in den vergangenen Jahren unterschiedlich entwickelt. In Deutschland ist sie gestiegen. Wie lässt sich das erklären?
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Totgeburtenrate in den europäischen Ländern kontinuierlich verringert – nicht aber in Deutschland. Hierzulande zeigt sich eine gegensätzliche Entwicklung. Woran das liegen könnte, haben Forscher des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung (MPIDR) nun untersucht.
Gemeinsam mit Kollegen des University Medical Center Rotterdam, der University of Iceland und des National University Hospital of Iceland analysierten sie die Totgeburtenraten zwischen 2010 und 2021 in 25 europäischen Ländern. Die Ergebnisse waren alarmierend – insbesondere für zwei Länder.
Deutschland und Belgien mit auffällig steigender Totgeburtenrate
Während die meisten europäischen Länder eine rückläufige oder stabile Totgeburtenrate aufwiesen, verzeichneten Deutschland und Belgien einen markanten Anstieg:
- In Deutschland stieg die Anzahl der Totgeburten pro 1.000 Geburten von 2,8 im Jahr 2010 auf 3,7 im Jahr 2021 an.
- Eine ähnliche Situation zeigte sich in Belgien: Dort erhöhte sich diese Rate von 4,6 auf 5,6 im gleichen Zeitraum.
Der Studie zugrundeliegende Definition für eine Totgeburt
Das Statistische Bundesamt in Deutschland zählt eine Totgeburt als Totgeburt, wenn das Geburtsgewicht des toten Kindes mehr als 500 Gramm beträgt oder mindestens die 24. Schwangerschaftswoche erreicht ist. In dieser Studie wurden ausschließlich Totgeburten ab der 24. Schwangerschaftswoche aufgenommen, unabhängig vom Gewicht des Kindes.
Warum steigt die Rate gerade in Deutschland an?
Die Wissenschaftler gingen auf Ursachenforschung. "Wir haben uns angesehen, wie das steigende Alter der werdenden Mütter und die Veränderung des Anteils von Mehrlingsgeburten Ursachen für verschiedene Trends und Unterschiede zwischen den Ländern erklären könnten. Denn beide Faktoren gehören zu den wohl populärsten Begründungen für die Veränderungen der Raten", sagte Maxi Kniffka vom MPIDR laut Pressemitteilung.
Gut zu wissen
Das durchschnittliche Alter von Frauen bei der Geburt ihres ersten Kindes lag im Jahr 2023 bei 31,7 Jahren.
Tatsächlich könnten diese Aspekte zu einem Anstieg der Totgeburtenrate beitragen – laut Studie jedoch nur zu einem kleinen Teil. "Generell ist das Alter der Mütter bei der Geburt gestiegen. Diese Zunahme von Schwangerschaften in höherem Alter trägt zu einem Anstieg oder einer Abschwächung des Rückgangs nationaler Totgeburtenraten bei", so Kniffka weiter. Gleichzeitig sei jedoch der Anteil an Mehrlingsschwangerschaften zurückgegangen – was eigentlich zu einem Rückgang führen müsste.
"Eine Erklärung für diesen spezifischen Trend innerhalb Deutschlands liefern unsere bisherigen Daten nicht."
Maxi Kniffka vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung
Weitere Forschung zu den Ursachen notwendig
"Totgeburtenraten sind ein Qualitätsmerkmal für das Gesundheitssystem eines Landes", betonte Kniffka. "Wenn die Raten nicht mehr sinken oder sogar steigen, wie in Deutschland, muss dies zu weiteren Untersuchungen der Ursachen führen." Die Wissenschaftler planen nun weitere Studien, um den tiefverwurzelten Ursachen auf den Grund zu gehen.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- academic.oup.com: "Stillbirth rate trends across 25 European countries between 2010 and 2021: the contribution of maternal age and multiplicity" (englisch)
- destatis.de: "Daten der Lebendgeborenen, Totgeborenen, Gestorbenen und der Gestorbenen im 1. Lebensjahr"
- destatis.de: "Daten zum durchschnittlichen Alter der Mutter bei Geburt insgesamt und 1. Kind nach Bundesländern"