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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Vor dem Start Was Sie über die elektronische Patientenakte wissen sollten
Am Mittwoch (15. Januar) startet die Einführung der elektronischen Patientenakte. Was Sie wissen sollten.
Nach einem Gesetz der Ampelkoalition bekommen alle Versicherten Anfang 2025 eine elektronische Patientenakte (ePA) von ihrer Kasse angelegt – es sei denn, man lehnt es für sich ab. Die ePA soll ein digitaler Speicher etwa für Angaben zu Medikamenten, Befunde und Laborwerte sein und Patienten ein Leben lang begleiten.
Am Mittwoch startet die Einführung in den Modellregionen Franken, Hamburg und Teilen Nordrhein-Westfalens. Geplant ist, die ePA vier Wochen später bundesweit für Patienten, Praxen, Kliniken und Apotheken nutzbar zu machen.
Zuletzt gab es Aufregung und Protest, als der Chaos Computer Club öffentlich machte, dass die ePA zahlreiche Sicherheitslücken aufweist und offenbar gehackt werden kann. Der Präsident der Bundesärztekammer Klaus Reinhardt sagte im "Ärzteblatt", er würde seinen Patienten Stand jetzt die ePA nicht empfehlen – die möglichen Einfallstore seien zu groß. Was Sie über die elektronische Patientenakte wissen sollten, lesen Sie hier.
Was ist die elektronische Patientenakte (ePA)?
Informationen darüber, welche Medikamente ein Patient einnimmt, welche Vorerkrankungen er hat oder welche Untersuchungen bereits gemacht wurden, werden bislang weitgehend analog auf Papier festgehalten, per Arztbrief übermittelt und finden sich in den Aktenordnern von Arztpraxen und Krankenhäusern. Die ePA dient als digitaler Gesundheitsordner, in dem alle relevanten Dokumente (Arztbriefe, Befunde, Medikationspläne und Röntgenbilder) gespeichert werden können.
Diese stehen dann auf dem Smartphone, dem PC oder dem Laptop zur Verfügung. Damit können Ärzte und Krankenhäuser, aber auch Psycho- und Physiotherapeuten, Pflegekräfte, Arbeits- und Betriebsmediziner sowie Hebammen Zugriff auf die Daten erhalten. Seit 2022 sind bereits der elektronische Impfpass und der Mutterpass, die U-Untersuchungshefte für Kinder sowie das elektronische Zahnbonusheft Bestandteil der ePA.
Was ist das Ziel der ePA?
Die Vorteile sind offensichtlich: Versäumnisse und Fehler im medizinischen Bereich beruhen oft darauf, dass verschiedene behandelnde Personen Informationen unzureichend austauschen. Zum Beispiel über neu verschriebene Arzneimittel, die Wechselwirkungen mit bereits verordneten Medikamenten haben können. Durch mehr Transparenz soll so eine bessere gesundheitliche Versorgung ermöglicht werden, auch in Notfällen, und Fehler in der Behandlung sollen reduziert werden.
Es müssen fortan nicht mehr mühsam Arztbriefe, Operations- und Laborberichte und andere Dokumente aus Arztpraxen, Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zusammengetragen werden.
Unnötige Doppeluntersuchungen oder auch Wiederholungen von Therapieversuchen, die keine Wirkung zeigten, lassen sich so vermeiden. Auch wird es so einfacher, eine zweite Arztmeinung einzuholen, da alle Befunde zentral erfasst sind. Um die ePA aktiv zu nutzen, benötigen Versicherte die ePA-App ihrer Krankenkasse.
Wer hat Zugriff auf die Daten?
Die behandelnden Ärzte haben nicht automatisch Zugriff auf die gespeicherten Informationen. Hierzu bedarf es der Freigabe durch den Patienten. Ähnlich wie bei der Bankkarte müssen die Patienten die medizinischen Daten freischalten – mit ihrer elektronischen Gesundheitskarte und einer persönlichen Identifikationsnummer (PIN). Und auch die Ärzte benötigen einen zweiten Schlüssel, neben dem Heilberufsausweis ebenfalls eine PIN-Nummer.
Die Patienten sollen allein entscheiden können, welche medizinischen Daten sie nutzen wollen und wer Zugriff auf die Daten erhält. Die erteilten Zugriffsrechte können auch jederzeit widerrufen werden. Versicherte haben darüber hinaus die Möglichkeit, für jedes gespeicherte Dokument einzeln zu bestimmen, wer darauf zugreifen kann. Die Daten werden zentral auf Servern in Deutschland gespeichert und verschlüsselt.
Wie komme ich an die ePA?
Seit dem 1. Januar 2021 hat jeder gesetzlich Versicherte Anspruch auf die Bereitstellung einer ePA durch seine Krankenkasse. In der Regel kann diese im Onlinebereich der Kasse beantragt werden. Zu Ihrer Karte erhalten Sie dann – nach einer Überprüfung Ihrer Identität – eine PIN, mit der Sie sich in der App der Krankenkasse anmelden können. Auch möglich ist die Anmeldung beim nächsten Arztbesuch über das Kartenterminal in der Praxis. Bei einem Krankenkassenwechsel können die Daten mitgenommen werden.
Was ist mit Menschen, die keine Apps bedienen können oder wollen?
Sie könnten dennoch von den Vorteilen der elektronischen Patientenakte profitieren, auch wenn sie nicht selbst von überall auf die Daten per App zugreifen können. Denn in der Arztpraxis wäre sie abrufbar. Zudem kann die E-Akte auch über einen Desktop-Computer genutzt, in ausgewählten Apotheken oder von Berechtigten – zum Beispiel einem Familienmitglied – eingesehen werden.
Was ist, wenn ich die ePA nicht will?
Versicherte können jederzeit der Einrichtung oder Nutzung der ePA widersprechen. Dieser Widerspruch kann bei der jeweiligen Krankenkasse eingereicht werden und beeinflusst die Qualität der Gesundheitsversorgung nicht negativ.
Die Nutzung der ePA ist freiwillig. Nach Auskunft der AOK haben Sie folgende Optionen, die Nutzung der ePA insgesamt oder in Teilen abzulehnen.
- Widerspruch gegen das Anlegen und die Einrichtung Ihrer ePA
- Einzelwiderspruch gegen:
- Zugriff einer bestimmten medizinischen Einrichtung
- Speicherung medizinischer Abrechnungsdaten
- Speicherung von Medikationsdaten aus dem E-Rezept
- Nutzung von Daten zu Forschungszwecken
Die Kassen bieten in der Regel ein Widerspruchsformular auf ihrer Seite. Wichtig zu wissen: Ein Widerspruch ist jederzeit möglich, auch wenn Ihre ePA bereits angelegt wurde.
Wer überträgt die bisherigen Patientendaten?
Das Gesetz verpflichtet Ärztinnen und Ärzte, Medikationsdaten, Befundberichte, Arzt- und Entlassbriefe standardmäßig in die elektronische Akte einzustellen. Weitere Informationen, auch aus vorangegangenen Behandlungen, können sie ebenfalls einfügen – wenn dies erforderlich ist und der Versicherte es verlangt. Die Medikationsliste wird automatisch über das elektronische Rezept – Standard seit 1. Januar 2024 – befüllt.
Den Zugriff auf Daten können Versicherte sowohl zeitlich als auch inhaltlich begrenzen. Dies ist auch für einzelne Praxen, Krankenhäuser oder Apotheken möglich. Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung ist es zum Beispiel möglich, der Hausärztin unbegrenzten Zugriff zu gewähren, dem Radiologen aber nur einen Tag. Bestimmte Dokumente können von den Versicherten auch verborgen oder dauerhaft gelöscht werden.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- verbraucherzentrale.de: Elektronische Patientenakte (ePA): Digitale Patientenakte für alle kommt
- aok.de: Widerspruch zur elektronischen Patientenakte (ePA)
- Bundesgesundheitsministerium: "Die elektronische Patientenakte (ePA)" (4.1.2025)
- Unabhängige Patientenberatung: "Elektronische Patientenakte (ePA)"
- aerzteblatt.de: "Ärzte sorgen sich um Datenschutz bei elektronischer Patientenakte" (07.10.2025)
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP