Welt-Aids-Konferenz Aids bis 2030 besiegen: Ist das Ziel noch zu schaffen?
Die UN hat große Fortschritte im Kampf gegen Aids gemacht. Dennoch stirbt weiterhin jede Minute ein Mensch weltweit an den Folgen der Erkrankung. Ein Überblick.
Trotz großer Erfolge im Kampf gegen Aids sind die Vereinten Nationen (UN) noch weit von ihrem Ziel entfernt, die Immunschwäche-Krankheit bis 2030 weitgehend zu besiegen. "Der Weg, der Aids beendet, ist eine politische und finanzielle Entscheidung", betonte das UN-Programm für die Bekämpfung von Aids, UNAIDS, bei der Veröffentlichung seines neuen Reports.
Wenn die Verantwortlichen jetzt die Mittel aufstocken und unter anderem die Rechte von besonders betroffenen Gruppen schützen, könne das Ziel noch erreicht werden.
Aids und HIV – der Unterschied
Die beiden Begriffe werden oft synonym verwendet. Doch sie beschreiben unterschiedliche Dinge. HIV ("Human Immunodeficiency Virus"), zu deutsch: menschliches Immunschwäche-Virus, bezeichnet den Virus, der bestimmte Zellen des Immunsystems schädigt und den Körper anfälliger für Erkrankungen macht. Unbehandelt kann eine Infektion mit dem HI-Virus zur Krankheit AIDS führen. AIDS steht für "Acquired Immunodeficiency Syndrome" was übersetzt "Erworbenes Immunschwächesyndrom" bedeutet.
Finanzkürzungen, Diskriminierung und eine zunehmende Beschneidung der Menschenrechte gefährdeten bisherige Fortschritte, mahnte UNAIDS zum Start der Welt-Aids-Konferenz in München.
Weit von Zwischenziel entfernt
Im vergangenen Jahr infizierten sich nach Daten des neuen UNAIDS-Reports rund 1,3 Millionen Menschen neu mit dem Virus. Als Zwischenziel sollten die jährlichen Neuinfektionen bis 2025 auf unter 370.000 gesenkt werden – im Jahr 2023 lag die Zahl damit immer noch 3,5-mal so hoch.
Die Zahl der Todesfälle war mit 630.000 zwar nur noch halb so hoch wie noch 2010. Jedoch stirbt weiterhin jede Minute ein Mensch weltweit an den Folgen von Aids. Die Welt sei nicht auf Kurs, um das Zwischenziel für 2025 zu erreichen, die Aids-bedingten Todesfälle auf unter 250.000 zu reduzieren.
Mahnung an politisch Verantwortliche weltweit
Auch wenn die Zahl der Menschen mit antiviraler Behandlung gestiegen ist: Noch immer hat fast jeder vierte Betroffene keinen Zugang zu lebensrettenden Medikamenten – die auch eine Weiterverbreitung des Virus verhindern. Ausgerechnet Kinder sind erheblich benachteiligt: Haben von den Infizierten ab 15 Jahren 77 Prozent Zugang, so sind es bei den Kindern bis 14 Jahren nur 57 Prozent.
Die UN wollen Neuinfektionen und Aids-assoziierte Todesfälle von 2010 bis 2030 um über 90 Prozent senken. Die Entscheidungen, die Staats- und Regierungschefs in diesem Jahr treffen, werden laut UNAIDS darüber bestimmen, ob dieses Ziel erreicht werde und Aids bis zum Jahr 2030 damit nicht mehr als Bedrohung für die öffentliche Gesundheit angesehen werden müsse.
Millionen Leben retten
"Staats- und Regierungschefs können Millionen von Leben retten, Millionen neuer HIV-Infektionen verhindern und erreichen, dass alle Menschen mit HIV ein gesundes, erfülltes Leben führen können", mahnte Winnie Byanyima, Exekutivdirektorin von UNAIDS. Wichtig seien genügend Mittel zur Bekämpfung von HIV und der Schutz der Menschenrechte aller.
Dem Report zufolge könnte sich die Zahl der mit HIV Lebenden, die eine lebenslange Behandlung benötigen, bis 2050 auf etwa 29 Millionen stabilisieren, wenn die Staats- und Regierungschefs jetzt die notwendigen und entschlossenen Maßnahmen ergreifen. Es werde deutlich höhere Kosten verursachen, wenn Aids nicht entsprechend bekämpft werde. Würden nicht die richtigen Entscheidungen getroffen, werde einer Studie zufolge die Zahl der Menschen, die lebenslange Unterstützung benötigen, auf 46 Millionen steigen, gegenüber 39,9 Millionen im Jahr 2023.
Erfolg im südlichen Afrika, Sorge um Osteuropa
Die HIV-Neuinfektionen gingen laut UNAIDS seit 2010 weltweit um 39 Prozent und im östlichen und südlichen Afrika sogar um 59 Prozent zurück. In einigen Regionen der Welt sei die Zahl der HIV-Neuinfektionen jedoch gestiegen: Betroffen sind Lateinamerika sowie die Region Naher Osten und Nordafrika, vor allem aber die Region Osteuropa und Zentralasien. In letzterer scheine angesichts politischer und finanzieller Herausforderungen die HIV-Bekämpfung gefährlich aus der Bahn geraten zu sein. Es ist weltweit die einzige Region, in der auch die Todeszahlen steigen.
Stigmatisierung erschwert Zugang zu Hilfe
Zusätzlich erschwerten Stigmatisierung und Diskriminierung etwa gegenüber Sexarbeitenden, Männern, die Sex mit Männern haben, und intravenös Drogen-Konsumierenden den Zugang zu Prävention und Behandlung. Menschen dieser Gruppen und ihre Sexualpartner machen nach dem neuen Bericht im Vergleich zu 2010 (45 Prozent) einen höheren Anteil an den weltweiten Neuinfektionen aus, und zwar 55 Prozent bereits im Jahr 2022. Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten erreichten die Menschen nur dann, wenn die Menschenrechte gewahrt seien.
Die Verwendung von Kondomen bleibe die wirksamste und kostengünstigste Methode zur HIV-Prävention, jedoch gehe der Gebrauch zurück. Der Zugang zu präventiven Mitteln von Infektionen wie der medikamentösen Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) sei außer in wohlhabenden Ländern gering.
Die globalen Finanzmittel für den Kampf gegen HIV in Ländern mit geringem und mittlerem Einkommen sind laut UNAIDS rückläufig. Im vergangenen Jahr sanken sie im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent auf 19,8 Milliarden US-Dollar (18,2 Milliarden Euro) im Vergleich zu 2022. Sie lagen damit um 9,5 Milliarden unter dem bis 2025 benötigten Betrag von 29,3 Milliarden US-Dollar. Die inländische Finanzierung gerade in ärmeren Ländern werde auch durch die Schuldenkrise eingeschränkt und verringerte sich von 2022 auf 2023 um sechs Prozent.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Nachrichtenagentur dpa
- bundesgesundheitsministerium.de: "AIDS und HIV"