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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kampf gegen die Tropenkrankheit Zweiter Impfstoff gegen Malaria ist wirksamer und günstiger
Malaria ist eine gefährliche Infektionskrankheit, die nicht mehr nur in Afrika verbreitet ist. Jetzt steht ein weiterer, vielversprechender Impfstoff vor der Zulassung.
Schätzungsweise erkranken jedes Jahr über 200 Millionen Menschen an Malaria. Mehr als 600.000 Menschen sterben daran, darunter etwa 450.000 Kinder. Damit gehört Malaria zu den weltweit tödlichsten Infektionskrankheiten. Afrika ist mit etwa 90 Prozent der Fälle am meisten von der Krankheit betroffen. Aber auch in Ländern Asiens und Südamerikas ist die Infektionskrankheit verbreitet. In den letzten Jahren sind zudem vereinzelt Fälle der milderen Malaria (Malaria tertiana) in Südeuropa aufgetreten, etwa in Spanien und Griechenland.
Der Bedarf an wirksamen Medikamenten gegen Malaria ist daher groß. Um die Infektionskrankheit einzudämmen, ist neben der sogenannten Chemoprophylaxe, Mückennetzen und -sprays das Impfen ein wichtiger Ansatz. 2021 wurde von der WHO der Malaria-Impfstoff RTS,S zur breiten Nutzung empfohlen und vielen Millionen Kindern verimpft. Jetzt wird ein neuer Impfstoff getestet, der wirksamer und günstiger sein soll.
Info: Malaria
Die Malaria ist eine Tropenkrankheit, die von einzelligen Parasiten, den Plasmodien, hervorgerufen wird. Die Erreger werden durch den Stich der Anopheles-Mücke auf den Menschen übertragen. Das typische Symptom einer Malariainfektion sind Fieberschübe, die periodisch auftreten.
Impfstoff in fünf Regionen Afrikas getestet
Der neue Impfstoff mit dem Namen R21/Matrix-M wurde von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen an der Universität Oxford in Kooperation mit Einrichtungen in Tansania, Mali, Kenia und Burkina Faso sowie dem Serum Institute of India entwickelt und bereits mehrfach auf seine Wirksamkeit und Verträglichkeit getestet.
In der aktuellen klinischen Studie handelt es sich um eine sogenannte Phase-3-Studie, bei der der neue Impfstoff an einer größeren Patientengruppe an mehreren Standorten erprobt wurde. Auf diese Weise soll untersucht werden, ob sich die Wirksamkeit und die Unbedenklichkeit auch bei vielen unterschiedlichen Patienten bestätigen lässt.
Dafür wurden 4.800 Kinder in fünf ausgewählten Regionen in Ost- und in Westafrika dreimal im Abstand von je einem Monat geimpft, das vierte Mal nach 12 Monaten. Die Studie dazu wurde kürzlich in der Fachzeitschrift "The Lancet" veröffentlicht.
R21-Impfstoff auch in großer Probandengruppe wirksam
Das Ergebnis: Der Impfstoff hat sich als wirksam erwiesen und verhindert bei Kleinkindern im ersten Jahr nach der Impfung etwa drei Viertel (zwischen 68 und 75 Prozent) der symptomatischen Malariafälle. Dabei spielt allerdings das Alter eine Rolle: Am besten geschützt sind Säuglinge und Kleinkinder zwischen fünf bis 17 Monaten, danach Kinder zwischen eineinhalb und drei Jahren. Allerdings geht aus der Studie auch hervor, dass Auffrischungsimpfungen wahrscheinlich erforderlich sind.
Mit dem R21-Impfstoff steht nun eine zweite, wirksamere Impfung gegen Malaria zur Verfügung. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO ist von der Wirksamkeit überzeugt und empfahl den Impfstoff daher bereits im Oktober des Vorjahres. Damit ist die Forschung einen weiteren Schritt zur internationalen Zulassung gegangen. Einige afrikanische Länder wie Ghana, Nigeria und Burkina Faso haben den Impfstoff bereits national zugelassen.
Was ist neu an dem R21-Impfstoff?
R21/Matrix-M ist wie sein Vorgänger-Impfstoff RTS,S (Mosquirix) ein sogenannter Totimpfstoff. Beide Impfstoffe bestehen aus den gleichen Proteinen, einem Protein des Hepatitis-B-Virus und einem Oberflächenprotein des Malaria-Erregers. Allerdings ist R21/Matrix-M minimal verändert und enthält einen höheren Anteil des Malaria-Erregers. Dieses Merkmal ermöglicht es dem neuen Impfstoff zu verhindern, dass sich die Erreger in der Leber einnisten und sich vermehren.
Was ist ein Totimpfstoff?
Ein Impfstoff, der inaktivierte Erreger, Erregerbestandteile oder entgiftete Toxine enthält. Totimpfstoffe lösen eine schwächere Immunantwort aus als Lebendimpfstoffe, sodass mehr Impfdosen benötigt werden und häufigere Auffrischimpfungen nötig sind. Allerdings können Totimpfstoffe keine Impfkrankheit auslösen, da die verabreichten Erreger nicht mehr vermehrungsfähig sind.
Dadurch unterscheiden sich die Impfstoffe leicht in ihrer Wirksamkeit. So hat der Vorgänger-Impfstoff in der Altersgruppe von fünf bis 17 Monaten eine Schutzwirkung von 56 Prozent erreicht, im Gegensatz zu 75 Prozent des R21-Impfstoffs. Allerdings weist die WHO darauf hin, dass ein direkter Vergleich schwierig ist.
Ein weiterer Vorteil: Der neue Impfstoff R21 soll einfacher in der Herstellung sein und könnte nach Angaben des Herstellers Serum Institute of India innerhalb kürzerer Zeit in größeren Mengen hergestellt werden. Die Kosten pro Dosis sollen unter fünf US-Dollar liegen, gegenüber etwa 9,50 US-Dollar für den Vorgänger RTS,S (Mosquirix). Dadurch könnten Versorgungslücken geschlossen werden.
Insgesamt haben sich laut WHO aber beide Impfstoffe bei der Vorbeugung von Malaria bei Kindern als sicher und wirksam erwiesen und dürften bei breiter Anwendung erheblich zu einer Verbesserung der öffentlichen Gesundheit beitragen.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- thelancet.com: "Safety and efficacy of malaria vaccine candidate R21/Matrix-M in African children: a multicentre, double-blind, randomised, phase 3 trial". (Stand: Februar 2024; englisch)
- who.int: "WHO recommends R21/Matrix-M vaccine for malaria prevention in updated advice on immunization". (Stand: Oktober 2023; englisch)
- aerzteblatt.de: "Weltgesundheitsorganisation empfiehlt zweiten Malariaimpfstoff für Kinder". (Stand: Oktober 2023)
- pschyrembel.de: "Totimpfstoff". (Stand: März 2023)
- flexikon.doccheck.com: "Phase-III-Studie". (Stand: Juni 2020)
- rki.de: "Malaria". (Stand: 2015)