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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Vielversprechende Studie Gürtelrose-Impfung kann Demenz-Risiko reduzieren
Herpesviren stehen schon länger im Verdacht, mit Demenz zusammenzuhängen. Neue Erkenntnisse zur Impfung gegen Gürtelrose bestärken diese Annahme.
In Deutschland leben Schätzungen zufolge rund 1,8 Millionen Menschen mit Demenz. Die meisten von ihnen sind von der Unterform Alzheimer betroffen. Doch noch immer ist die Ursache für eine Demenzerkrankung nicht abschließend geklärt.
Zuletzt untersuchten mehrere Studien die Rolle von Viren und Bakterien bei der Entstehung von Demenz. Die Vorab-Version (Englisch: Preprint) einer neuen Studie aus den USA hat nun den Zusammenhang zwischen Gürtelrose-Impfung und Demenz erforscht – mit einem deutlichen Ergebnis.
Info
Bei der neuen Untersuchung handelt es sich um eine sogenannte Preprint-Studie. Das bedeutet, sie wurde noch nicht von Fachkollegen begutachtet. Erst nach dieser "Peer-Review" und der Überarbeitung der angemerkten Kritik kann eine Studie veröffentlicht werden.
Was ist eine Gürtelrose?
Die Gürtelrose (Herpes Zoster) ist ein schmerzhafter Ausschlag, der sich meist auf einer Seite des Körpers oder des Gesichts entwickelt. Sie hat dieselbe Ursache wie Windpocken: Hinter beiden Erkrankungen steckt das Varicella-Zoster-Virus, auch humanes Herpes-Virus Typ 3 (HHV-3) genannt. Die Gürtelrose gehört somit zu den Herpes-Erkrankungen.
Als virale Infektion könnte eine Gürtelrose- beziehungsweise Windpocken-Erkrankung das Risiko erhöhen, eine neurodegenerative Erkrankung wie Demenz zu entwickeln. Zu diesem Ergebnis kommt eine weitere Studie aus den USA. Die Vermutung der Forschenden war daher, dass sich die Prävention von Gürtelrose positiv auf das Demenzrisiko auswirken könnte.
Vorbeugung von Gürtelrose: Impfung wird empfohlen
Eine Gürtelrose trifft etwa zwei von zehn Personen im Laufe ihres Lebens, die bereits zuvor an Windpocken erkrankt waren. Das Risiko für eine Gürtelrose steigt zudem mit dem Alter an, da das Immunsystem mit den Jahren schwächer wird.
Meist erkranken Menschen über 50 Jahre. Daher rät die Ständige Impfkommission (Stiko) Menschen über 60 Jahren und Personen ab 50 Jahren, deren gesundheitliches Risiko erhöht ist, zu einer Gürtelrose-Impfung.
Gürtelrose-Impfung unter 50 Jahren
Auch jüngere Menschen erkranken immer häufiger an Gürtelrose, sei es wegen Stress oder infolge einer schweren Infektionskrankheit. Daher raten viele Experten generell zu einer Impfung ab 50 Jahren, insbesondere bei einem geschwächten Immunsystem. Dazu gehören unter anderem Personen mit einer HIV-Infektion, rheumatoider Arthritis, systemischem Lupus erythematodes, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen oder Asthma bronchiale, chronischer Niereninsuffizienz und Diabetes mellitus.
Auch in Wales haben ältere Menschen eine Berechtigung zur Gürtelrose-Impfung – aber nur dann, wenn sie nach dem 2. September 1933 geboren wurden. Menschen, die vor diesem Datum zur Welt gekommen sind, haben kein Anrecht auf eine Impfung.
Diesen Fakt haben sich die Autoren der aktuellen Studie zunutze gemacht. Der Vorteil ist: Abgesehen von der Impfung gab es keine relevanten Unterschiede zwischen den Menschen, die kurz vor dem 2. September 1933 und solchen, die kurz danach geboren wurden. Das machte die Waliser zu einer geeigneten Studienpopulation, um die Auswirkung der Impfung auf das Demenzrisiko zu untersuchen.
Gürtelrose-Impfung kann das Demenzrisiko senken
Die Forschenden der Stanford University sowie der Universitäten Heidelberg, Mainz und Wien werteten für ihre Untersuchung die landesweiten Daten über Impfungen, Arztbesuche und Sterbeurkunden aus. Nach Abzug der Menschen, die bereits an Demenz erkrankt sind, ergab das eine Probandenzahl von über 282.000 Menschen.
Anschließend verglich das Team Menschen, die in der Woche vor dem Stichtag geboren wurden, mit solchen, deren Geburtstag in die Woche danach fällt. Bei letzteren lag die Impfquote bei etwa 47 Prozent, bei ersteren war kaum jemand geimpft.
Das Ergebnis der Studie: Eine Gürtelrose-Impfung verringerte die Wahrscheinlichkeit einer Demenz-Diagnose in den darauffolgenden sieben Jahren um 19,9 Prozent. Eine weitere interessante Entdeckung war, dass die Schutzwirkung des Impfstoffs bei Frauen deutlich stärker war als bei Männern.
"Unsere Ergebnisse deuten stark auf eine wichtige Rolle des Varicella-Zoster-Virus bei der Entstehung von Demenz hin", resümieren die Forschenden. Weitere Forschung zum Hintergrund dieses Zusammenhangs sei jedoch nötig.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- medrxiv.org: "Causal evidence that herpes zoster vaccination prevents a proportion of dementia cases". (Stand: 23. Mai 2023; englisch)
- rki.de: "Gürtelrose (Herpes zoster): Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Erkrankung und Impfung". (Stand: Februar 2023)