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Nobelpreisträger kritisiert Deutschland scharf – "mitschuldig am Massenmord"


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Paul Krugman
Ökonom kritisiert Deutschland scharf – "mitschuldig am Massenmord"


08.04.2022Lesedauer: 3 Min.
Paul Krugman (Archivbild): Er gilt als einer der bedeutendsten Ökonomen der Welt.Vergrößern des Bildes
Paul Krugman (Archivbild): Er gilt als einer der bedeutendsten Ökonomen der Welt. (Quelle: ZUMA Press/imago-images-bilder)

Kaum eine Frage spaltet die deutschen Ökonomen so sehr wie die nach einem Gasembargo. Nun meldet sich der US-Nobelpreisträger Krugman – und wirft dem Bund vor, "Wegbereiter Putins" zu sein.

Die Debatte um ein Importstopp von russischem Gas nimmt weiter Fahrt auf, besonders nachdem die EU am Donnerstag ein Kohleembargo verhängt hat. Jetzt schaltet sich der US-Ökonom Paul Krugman ein – und kritisiert Deutschland scharf.

Die deutsche Haltung gegen ein Gasembargo mache Deutschland "praktisch zu Putins wichtigstem Wegbereiter", schreibt er in seiner Kolumne der "New York Times". "Das ist beschämend", so Krugman, der zu den wichtigsten Wirtschaftswissenschaftlern der Welt zählt und 2008 den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften erhalten hat.

Seine Kritik: Durch die Gaslieferungen finanziere Deutschland den Krieg gegen die Ukraine mit. Die Haltung sei angesichts der jüngeren Geschichte "unglaublich heuchlerisch", schreibt Krugman, und zieht einen Vergleich zur Eurokrise vor knapp zehn Jahren.

"Verantwortungslosigkeit seiner früheren Energiepolitik"

Mitglieder der deutschen Regierung hätten die Staaten, die damals mit hohen Schulden kämpften, für ihre eigene Notlage verantwortlich gemacht – was sich im Nachhinein aber als größtenteils falsch herausstellte, so Krugman. Gemeint sind etwa Griechenland oder Portugal.

Während Deutschland diesen Ländern "eine wirtschaftliche und soziale Katastrophe" auferlegt habe, sei es nicht bereit, selbst viel geringere ökonomische Kosten zu tragen. Und das trotz der "Verantwortungslosigkeit seiner früheren Energiepolitik", die unbestreitbar sei, so Krugman weiter. Deutschland messe mit zweierlei Maß, die Moral in der Wirtschaftspolitik lege es nur an andere Länder an.

Der Ökonom geht sogar noch weiter und schreibt, Deutschland mache sich "de facto mitschuldig am Massenmord". Vielleicht reiche diese Erkenntnis aus, damit Deutschland seine Haltung ändere und härtere Maßnahmen beschließe, so Krugman.

Krugman: "Diese Situation hätte niemals eintreten dürfen"

Die Regierung befürchtet gravierende Auswirkungen auf die Industrie und in der Folge steigende Arbeitslosigkeit und soziale Verwerfungen durch ein Gasembargo. Scholz sagte am Mittwoch: "Diese Abhängigkeiten sind über Jahrzehnte gewachsen, und sie lassen sich nicht von einem Tag auf den anderen beenden."

Schon vor einer Woche schrieb Krugman, US-Regierungen hätten Deutschland schon seit den 1980er-Jahren vor einer Abhängigkeit von Russland gewarnt. "Diese Situation hätte niemals eintreten dürfen."

Twitter-Streit über Gasembargo

Tatsächlich sind sich Deutschlands Ökonomen uneins über die Folgen eines Gasembargos. Eine Gruppe von Ökonomen um Karen Pittel, Moritz Schularick und Rudi Bachmann geht davon aus, dass ein Stopp der russischen Energieimporte bis zu drei Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung kosten könne. Diese Berechnungen nannte Scholz jüngst "unverantwortlich".

Andere Ökonomen, etwa Sebastian Dullien, Leiter des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), oder Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), fürchten deutlich schlimmere Folgen, samt hohen Arbeitslosenquoten.

Über die Frage, welche Konsequenzen ein Gasembargo wirklich nach sich ziehen würde, ist ein regelrechter Streit auf Twitter entbrannt. Mehr dazu lesen Sie hier. Krugman hat sich nun klar auf die Seite von Bachmann und seinen Ökonomen-Kollegen geschlagen, bezeichnete Scholz als "Panikmacher".

Diskussionen über Importstopp

Laut Bundeswirtschaftsministerium ist der Anteil russischer Gaslieferungen von über 50 Prozent 2021 auf inzwischen gut 40 Prozent gesunken – erst bis zum Sommer 2024 könne es gelingen, weitgehend unabhängig von Russland zu werden.

In der EU wird derzeit heftig diskutiert, in welchem Umfang und welchem Tempo die Einfuhr russischer Energie wegen des Kriegs gestoppt werden sollte.

Schätzungen des Ökonomen Simone Tagliapietra von der Denkfabrik Bruegel zufolge gibt die EU derzeit täglich 15 Millionen Euro für Kohle, etwa 400 Millionen Euro für Gas sowie 450 Millionen Euro für Öl aus Russland aus.

EU-Außenbeauftragter Joseph Borrell bekräftigte, dass ein Ölembargo wohl früher kommen werde als ein Gasembargo. Beim EU-Außenministertreffen am Montag werde das Thema der Energie-Sanktionen auf dem Tisch liegen.

Verwendete Quellen
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