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BASF-Chef warnt vor der schlimmsten Wirtschaftskrise seit 1945


Angst um Gasversorgung
Firmenchefs warnen vor größter Wirtschaftskrise seit 1945

Von dpa, neb

01.04.2022Lesedauer: 3 Min.
Martin Brudermüller: Als CEO des Chemiegiganten BASF warnt er eindrücklich vor den Konsequenzen eines Endes der russischen Energielieferungen. Die Chemieindustrie ist der Sektor, der am meisten auf Erdgas angewiesen ist.Vergrößern des Bildes
Martin Brudermüller: Als CEO des Chemiegiganten BASF warnt er eindrücklich vor den Konsequenzen eines Endes der russischen Energielieferungen. Die Chemieindustrie ist der Sektor, der am meisten auf Erdgas angewiesen ist. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)
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Deutsche Wirtschaftsbosse fürchten einen Stopp russischer Gaslieferungen. BASF-Chef Martin Brudermüller warnt: Die härteste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg könnte bevorstehen.

Bei der deutschen Gasversorgung herrscht noch immer viel Unklarheit und versetzt die Chefs der größten deutschen Unternehmen in Alarmbereitschaft. Seit Russland vor knapp einer Woche angekündigt hat, "unfreundliche" – also westliche Staaten wie Deutschland – müssten zukünftig ihre Gasrechnungen in Rubel begleichen, fürchten viele Unternehmer einen Lieferstopp.

So warnte BASF -Chef Martin Brudermüller für den Fall eines Importstopps oder längerfristigen Ausfalls von Gas- und Öllieferungen aus Russland vor beispiellosen wirtschaftlichen Schäden. "Das könnte die deutsche Volkswirtschaft in ihre schwerste Krise seit Ende des Zweiten Weltkriegs bringen", sagte Brudermüller der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Die Chemiebranche, zu der auch BASF zählt, wäre der Industriezweig, den ein Lieferstopp des russischen Gases wohl am drastischsten treffen würde. Doch auch andere Branchen würden die Konsequenzen deutlich spüren und müssten teilweise Verluste in Millionenhöhe hinnehmen (mehr dazu lesen Sie hier).

Bundesregierung beharrt auf Euro-Zahlungen

Am Donnerstag gab Russland weitere Details zur Rubel-Umstellung bekannt. Nach russischer Darstellung müssen westliche Staaten von Freitag an Konten bei der Gazprombank eröffnen, um weiter Gas zu erhalten. Andernfalls würden die Lieferungen eingestellt, hatte Präsident Wladimir Putin angekündigt.

Die Staaten müssen demnach über die Konten, die einen Bereich für Valuta – also Euro oder Dollar – und einen für Rubel haben, eine Zahlung in russischer Währung sicherstellen. Laut dem von Putin unterzeichneten Dekret können weiter in Euro oder Dollar auf das russische Konto eingezahlt werden. Die Gazprombank tauscht das Geld dann in Rubel und überweist den Betrag an Gazprom . Warum Russland nun so dringend Rubel vom Westen braucht, lesen Sie hier.

Die Bundesregierung beharrt darauf, Zahlungen müssten wie vereinbart in Euro oder Dollar erfolgen. Die genauen Auswirkungen der geänderten Modalitäten sind unklar. Analysten in Moskau gehen davon aus, dass das System erst im April und Mai zur vollen Wirkung kommt. Fachleute erwarten nicht, dass die Änderungen große Konsequenzen für deutsche Firmen mit sich bringen.

Es droht der Dominoeffekt

In der deutschen Wirtschaft gibt es große Befürchtungen, dass die Bundesrepublik in eine schwere Krise stürzen könnte, sollte Moskau die Gaslieferungen einstellen oder der Westen Russland mit einem Energieembargo belegen.

Auch die Bau- und Energieexpertin Lamia Messari-Becker, die die Bundesregierung berät, warnte für den Fall eines Stopps russischer Gaslieferungen vor verheerenden Folgen. "Wenn Grundstoff-Industrien zum Erliegen kämen, würde ein Dominoeffekt entstehen, der nicht mehr aufzuhalten und nur schwer reparabel wäre", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

Messari-Becker betonte, die Bauwirtschaft hänge an gasintensiven Industrien wie der Chemie-, Stahl- und Zementindustrie. "Im Hauptbaugewerbe wären knapp eine halbe Million Jobs betroffen." Sie forderte die Politik auf, alle nationalen Reserven zu mobilisieren und notfalls auch Laufzeitverlängerungen konventioneller Kraftwerke, etwa von Kohlekraftwerken, zu erwägen.

VW und Mercedes sind im ständigen Austausch mit Behörden

Siemens-Energy- Chef Christian Bruch sagte dem "Handelsblatt", bei einem kurzfristigen Boykott seien die negativen Auswirkungen für Deutschland größer als der Effekt auf Russland. Für manche Branchen sei die Gasversorgung existenziell. "Nehmen Sie nur die Glasindustrie. Wenn die Anlagen einmal kalt fallen, sind sie hinüber."

Volkswagen teilte mit, dass die Versorgung mit Gas derzeit für die Werke der VW sowie der Marken in Deutschland gesichert sei. Das Unternehmen ist einem Sprecher zufolge im regelmäßigen Austausch mit Behörden, Netzbetreibern und Lieferanten.

Bei Mercedes-Benz hieß es, man beobachte die Lage und stehe im engen Austausch mit der Bundesregierung. Die Stuttgarter prüfen einer Sprecherin zufolge ständig Möglichkeiten, Energie einzusparen, und verstärken diese Bemühungen.

Expertin: "Triage" in der Wirtschaft muss verhindert werden

Das Bundeswirtschaftsministerium hatte am Mittwoch die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas ausgerufen, die erste von drei Stufen. Damit soll die Vorsorge für einen Lieferstopp gestärkt werden (mehr dazu lesen Sie hier). An Verbraucher und Firmen ging der Appell, Energie zu sparen.

Oberstes Ziel müsse es sein, mit allen Mitteln eine "Wirtschaftstriage" zu verhindern, sagte Expertin Messari-Becker. Damit meint die Expertin ein Szenario, bei dem im Falle von Engpässen gewisse Unternehmen und Einrichtungen bevorzugt mit Gas versorgt würden – in Anlehnung an den medizinischen Begriff "Triage". Solch eine Priorisierung würde etwa greifen, wenn in Deutschland die höchste Stufe des Notfallplans Gas ausgerufen würde.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Nachrichtenagentur dpa
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