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EZB: Der Ukraine-Krieg verzögert die Zinswende


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Steigende Inflation
Der Ukraine-Krieg verzögert die Zinswende


10.03.2022Lesedauer: 3 Min.
Christine Lagarde: Der EZB-Rat bezeichnete Putins Angriff auf die Ukraine als "Wendepunkt für Europa".Vergrößern des Bildes
Christine Lagarde: Der EZB-Rat bezeichnete Putins Angriff auf die Ukraine als "Wendepunkt für Europa". (Quelle: Political-Moments/imago-images-bilder)

Einen "Wendepunkt für Europa" nannte der EZB-Rat den Angriff Putins auf die Ukraine. Auch für die Geldpolitik der Notenbank hat der Krieg Folgen. Was das nun für Sparer bedeutet.

Vor fast genau sechs Jahren hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins gesenkt. Seitdem steht hier die große Null, über die sich Sparer aufregen und Kreditnehmer freuen. Noch.

Denn mit dem heutigen Tage könnte das Ende davon eingeläutet sein. Wenngleich auch nur sehr vorsichtig – vor dem Hintergrund des Krieges.

Zwar beließen die Währungshüter den Leitzins auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Zugleich müssen Banken weiterhin Strafzinsen zahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Notenbank horten. Dieser sogenannte Einlagesatz liegt weiterhin bei minus 0,5 Prozent. Mehr zu den Zinssätzen der Notenbank lesen Sie hier.

Doch die EZB fährt ihre milliardenschweren Anleihenkäufe früher zurück als geplant und stellt deren Ende im Sommer in Aussicht. Wegen der stark gestiegenen Preise.

Rückt Zinswende näher?

Die Abkehr von den Anleihenkäufen ist ein Zeichen dafür, dass ein Ende vom Zinsdilemma bevorsteht. Die EZB hat sich bereits darauf festlegt, dass sie die Zinsen erst wieder anheben will, wenn sie kein frisches Geld mehr in den Erwerb von Wertpapieren von Staaten und Unternehmen steckt.

Da das nun geschehen soll, könnte auch die Zinswende näherrücken. So die Hoffnung.

Info: Mit Anleihenkäufen steuert die EZB die Geldmenge. Die Idee: Je weniger Geld im Umlauf ist, desto mehr ist es wert – und desto niedriger sind die Preise. Sinkt die Geldmenge also dadurch, dass die EZB weniger Geld "druckt", mit dem sie Anleihen von Staaten kauft, sollten auch die Preise fallen. Mehr dazu lesen Sie hier.

Timo Wollmershäuser, Konjunkturchef am Münchner Ifo-Institut, hält angesichts der Teuerung den Schritt der EZB für richtig. "Denn die Inflation ufert aktuell aus, in den nächsten Monaten werden wir Inflationsraten von mehr als 6 Prozent sehen", sagte er t-online.

"Im Jahresschnitt ist es wahrscheinlich, dass wir oberhalb von 5 Prozent liegen." Daher müsse die EZB ihre superexpansive Geldpolitik der vergangenen Jahre jetzt zurückfahren, so Wollmershäuser weiter.

Lagarde lässt sich nicht in die Karten schauen

Allerdings: Das zügigere Zurückschrauben der Anleihenankäufe heißt nicht zwangsläufig, dass der Leitzins im gleichen Zuge steigen muss. Das hatte auch Christine Lagarde am Donnerstag durchblicken lassen.

Die Wende könne auch erst "einige Zeit nach dem Ende" der Käufe anstehen, es könnte "eine Woche oder auch Monate" bedeuten, so Lagarde. Die EZB lässt sich damit die Möglichkeit einer Abkehr von der Nullzinspolitik offen. Wegen des Ukraine-Krieges.

Noch bis vor zwei Wochen gingen Beobachter schließlich davon aus, dass die EZB zügig handeln wird – und sie womöglich noch dieses Jahr die Zinsen anhebt.

Immerhin kletterte in Deutschland die jährliche Teuerungsrate im Februar mit 5,1 Prozent wieder über die Fünf-Prozent-Marke. Im Euroraum lagen die Verbraucherpreise im Februar um 5,8 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats.

Lagarde: Krieg werde "erhebliche Auswirkungen auf Inflation haben"

Doch der Angriff Wladimir Putins auf die Ukraine hat auch Lagarde und ihre Kollegen der nationalen Notenbanken kalt erwischt. Einen "Wendepunkt für Europa" nannte der EZB-Rat ihn.

"Der Russland-Ukraine-Krieg wird durch höhere Energie- und Rohstoffpreise, die Unterbrechung des internationalen Handels und ein schwächeres Vertrauen erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaftstätigkeit und die Inflation haben", sagte Lagarde.

Das Ausmaß dieser negativen Effekte werde davon abhängen, "wie sich der Konflikt entwickelt". Ihre Inflationsrate für 2022 hob die Notenbank schon einmal kräftig an, ihre Volkswirte erwarten für das laufende Jahr jetzt eine Teuerungsrate in der Währungsunion von 5,1 Prozent.

Noch im Dezember hatten sie 3,2 Prozent veranschlagt. 2023 soll die Teuerungsrate auf 2,1 Prozent sinken, bisher 1,8 Prozent. Die Notenbank werde alles tun, um Preis- und Finanzstabilität zu sichern.

Zu schnelle Straffung könnte Wachstum hemmen

Dazu gehört, abzuwägen, wann der richtige Zeitpunkt für die Zinsanhebung gekommen ist. Denn eine zu schnelle Straffung der Geldpolitik könnte die Wirtschaft hemmen. Die sich aktuell ohnehin noch von Corona erholen muss.

Der Mechanismus dahinter ist einfach: Werden Kredite teurer, ist es für Unternehmen unattraktiver, zu investieren. Und für Banken wird es gleichzeitig attraktiver, ihr Geld bei der EZB zu parken, anstatt es an Firmen oder Verbraucher zu verleihen.

Ifo-Ökonom Wollmershäuser erwartet wegen des Schrittes der Währungshüter keine negativen Folgen für die Konjunktur. "Ich glaube nicht, dass die EZB dadurch das Wachstum abwürgt. Mit Blick auf den Ukraine-Krieg handelt Christine Lagarde sehr vorsichtig", sagte er. "Das ist genau richtig so."

Ökonom: "Zögerliche Vorgehensweise ist riskant"

"Eine Leitzinsanhebung rückt jedoch wieder in weite Ferne", sagte er. Bis Sparer also wieder mit Zinsen rechnen können, dürfte es noch dauern. Das weiß auch Wollmershäuser. "Hier muss die EZB abwarten, wie sich die Krise in Europa entwickeln wird."

Anderen Ökonomen stößt dieses Zögern bitter auf. "Bis zur ersten Zinserhöhung ist es noch ein langer Weg", sagte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Diese "zögerliche Vorgehensweise ist mit Blick auf die massiv gestiegenen Inflationsraten riskant".

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Timo Wollmershäuser
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters
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