Schaden von 400.000 Euro Verdacht auf Untreue am Flughafen Hahn
Am insolventen Flughafen Frankfurt-Hahn gibt es den Verdacht auf bandenmäßige Untreue. Bereits zwei Razzien wurden durchgeführt, die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen fünf Personen.
Am inzwischen insolventen Hunsrück-Flughafen Hahn gibt es laut Staatsanwaltschaft Koblenz Verdacht auf bandenmäßige Untreue, Subventionsbetrug und Insolvenzverschleppung. Unabhängig davon hat die Lufthansa vor dem höchsten EU-Gericht jetzt eine Niederlage erlitten, bei der es ebenfalls um den Hahn ging – allerdings nicht unter strafrechtlichen Vorzeichen.
Schon zweimal gab es am Flughafen eine Razzia. Die Ermittler haben insgesamt vier Verantwortliche von insgesamt sechs Firmen sowie einen Geschäftspartner im Visier. Das Land Rheinland-Pfalz soll bei dem mutmaßlichen Subventionsbetrug einen Schaden von mindestens 400.000 Euro erlitten haben, wie die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mitteilte.
Verdacht auf Insolvenzverschleppung
Vier der fünf beschuldigten Männer werden verdächtigt, mit einem "gemeinsamen Tatplan" zwischen Juli 2017 und Mai 2020 mit Untreue und bandenmäßiger Untreue bei Firmen "Vermögensverluste großen Ausmaßes" verursacht zu haben. Drei dieser Beschuldigten sollen laut Staatsanwaltschaft in zwei Fällen Einnahmen von Gesellschaften entnommen und für sich selbst verwendet haben.
Sie sollen auch zweimal Rechnungen an eine Firma bezahlt haben – im Wissen um fehlende Leistungen dafür. Mieteinkünfte eines Unternehmens seien nicht verbucht worden. Die Schadenshöhe der Untreue könne noch nicht beziffert werden, hieß es weiter.
Bei dem mutmaßlichen Subventionsbetrug von vier Beschuldigten geht es laut Staatsanwaltschaft um eine teils zu Unrecht beantragte staatliche Zahlung. Mit Blick auf fünf Hahn-Firmen bestehe zudem bei drei Beschuldigten der Anfangsverdacht der Insolvenzverschleppung im Sommer und Herbst 2021.
Flughafen befindet sich in der Insolvenz
Der Flughafen Hahn meldete im Oktober 2021 Insolvenz an. Der inzwischen ebenfalls angeschlagene chinesische Konzern HNA hatte 2017 für rund 15 Millionen Euro 82,5 Prozent des Flughafens vom Land Rheinland-Pfalz erworben. Das Land Hessen hält noch 17,5 Prozent. Die Suche nach Investoren läuft.
Die Lufthansa verlor unterdessen endgültig einen jahrelangen Streit über Millionenhilfen für den Hahn. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wies am Donnerstag eine Klage des Konzerns gegen die Unterstützung des Landes Rheinland-Pfalz zurück. Dabei ging es unter anderem um eine Kreditlinie – vergleichbar mit einem Dispokredit auf einem Girokonto – von 45 Millionen Euro. Zudem entschied das höchste EU-Gericht, dass die Lufthansa die Verfahrenskosten des Landes und der EU-Kommission tragen muss (Rechtssache C-594/19).
Hintergrund des Urteils sind Beihilfen für den Hahn von 2009 bis 2011, die die EU-Kommission 2014 genehmigte. Die Lufthansa klagte dagegen bereits vor dem Gericht der Europäischen Union und scheiterte. Sie hat Hahn nie regelmäßig angeflogen und betrachtet Subventionen für den ehemaligen US-Militärflughafen schon deshalb kritisch, weil hier der Billigkonkurrent Ryanair startet.
Wie der EuGH nun befand, hat die Vorinstanz keinen Fehler begangen und zu Recht entschieden, dass die Lufthansa von dem Beschluss der EU-Kommission nicht individuell betroffen war. Auch die weiteren Gründe, mit denen die Lufthansa ihren Einspruch gegen das Urteil der Vorinstanz begründet hatte, wies der EuGH zurück.
Lufthansa nach EuGH-Urteil enttäuscht
In anderen Rechtsstreitigkeiten mit der Frage, ob staatliche Zahlungen für den Flughafen Hahn wettbewerbsverzerrend waren, hatte die Lufthansa einen Prozess gewonnen – aber auch welche verloren. Nun bedauerte sie, "dass das Gericht in diesem Verfahren unserer Argumentation nicht gefolgt ist". Die Lufthansa bleibt nach eigenen Worten "davon überzeugt, dass bestimmte Zuwendungen an den Flughafen Hahn sowie Verträge des Flughafens mit Ryanair nicht mit dem europäischen Beihilferecht vereinbar sind". Sie werde sich weiter für faire Rahmenbedingungen im Wettbewerb einsetzen.
Der Mainzer Innenstaatssekretär Randolf Stich sprach von einem Rechtsstreit zwischen der Lufthansa und EU-Kommission, "bei dem das Land Rheinland-Pfalz als sogenannter Streithelfer beteiligt war. Die Entscheidung bestätigt nun endgültig, dass die untersuchten Maßnahmen des Landes rechtskonform erfolgt sind."
Name ist ein Marketingtrick
Am Hunsrück-Airport, der aus Marketinggründen Flughafen Frankfurt-Hahn heißt, blickt die Belegschaft mit Spannung auf den laufenden Verkaufsprozess. Der vorläufige Insolvenzverwalter Jan Markus Plathner hatte kürzlich mitgeteilt: "Es besteht nach wie vor reges Interesse." Konkrete Aussagen seien noch nicht möglich. In der Luftfahrtbranche heißt es, unter den Interessenten seien auch Bewerber, die den Flugbetrieb fortführen wollten und nicht etwa eine Umwandlung in einen besseren Gewerbepark anstrebten.
Nach dem Ende einer ersten Frist am 20. Dezember für Interessenbekundungen von Investoren endet dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden Karl-Heinz Heinrich zufolge am 26. Januar eine zweite Frist für die Vorlage konkreter Konzepte. Er sei vorsichtig optimistisch.
Die Zeit drängt. Spannend bleibt, ob ein Verkauf rechtzeitig unter Dach und Fach gebracht werden kann. Plathner zeigte sich erneut optimistisch, den Betrieb auch im Februar aufrechterhalten zu können. Eine dauerhafte Fortführung hänge aber von einer Verringerung der Verluste ab – und dass "der Investorenprozess auch mit Blick auf notwendige behördliche Genehmigungen zeitnah abgeschlossen werden kann".
Am 1. Februar soll das eigentliche Insolvenzverfahren eröffnet werden. Das zeitlich befristete Insolvenzgeld für die Mitarbeiter wird dann schon drei Monate lang geflossen sein. Die Februar-Löhne und -Gehälter müsste der Flughafen wieder selbst zahlen.
- Nachrichtenagentur dpa