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Hilmar Kopper: Aus armen Elternhaus zum Prototyp eines Bankers


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Zum Tod von Hilmar Kopper
Der Mann, der durch "Peanuts" berühmt wurde


Aktualisiert am 12.11.2021Lesedauer: 4 Min.
Hilmar Kopper im Jahr 2018: Der Top-Manager war jahrzehntelang einer der wichtigsten deutschen Wirtschaftsbosse.Vergrößern des Bildes
Hilmar Kopper im Jahr 2018: Der Top-Manager war jahrzehntelang einer der wichtigsten deutschen Wirtschaftsbosse. (Quelle: Stefan Zeitz/imago-images-bilder)
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Seine Äußerung zur Schneider-Affäre war legendär. Nun ist der Ex-Chef der Deutschen Bank im Alter von 86 Jahren gestorben – und mit ihm ein Teil der alten Bankerschule. Dabei wollte er so nie werden.

Im Jahr 1994, Hilmar Kopper war bereits fünf Jahre Vorstandschef der Deutschen Bank, fiel ein Ausdruck, mit dem sich der Top-Manager wie kaum ein anderer Wirtschaftsboss bei Millionen Deutschen unbeliebt gemacht haben dürfte.

Denn: Kopper tat offene Handwerkerrechnungen in zweistelliger Millionenhöhe im Zusammenhang mit der Pleite des Baulöwen Jürgen Schneider als "Peanuts" ab. Schließlich war die Deutsche Bank mit immerhin 1,2 Milliarden Mark Hauptgläubiger des umstrittenen Immobilienimperiums. Nicht nur bei Handwerkern, die wegen solcher "Kleinigkeiten" ihren Betrieb dichtmachen mussten, erntete der Banker Unverständnis.

Nun ist Hilmar Kopper, der mit Brigitte Seebacher, Witwe von Willy Brandt, verheiratet war, im Alter von 86 Jahren in einem 900-Seelen-Dorf im Westerwald gestorben. Und mit ihm stirbt ein Teil der alten Bankerschule, die viele Menschen bis heute mit Geldgier und Großspurigkeit verbinden.

Kopper hat nie studiert

Dabei war Kopper in der Szene eigentlich ein Sonderling, schließlich absolvierte er nie ein Studium. Dafür fehlte schlichtweg das Geld. Am 13. März 1935 als Sohn eines Landwirts im westpreußischen Oslanin geboren, musste er früh lernen, für sich selbst zu sorgen.

Seine Familie wurde im Krieg vertrieben – und Kopper stahl Kartoffeln, wie er später berichtete. Seine Kindheitserfahrung in Armut dürfte ihn ein Leben lang geprägt haben. Umso erstaunlicher wirkte später die "Peanuts"-Äußerung; zwei Welten, die aufeinandertreffen.

Lange Zeit keine Ambitionen

Koppers Laufbahn begann jedenfalls unspektakulär: als Lehrling in einer Filiale der Rheinisch-Westfälischen Bank in Köln-Mülheim, die später in der Deutschen Bank aufging. "Entsetzlich" habe er die ersten Tage als Auszubildender im April 1954 gefunden, er wollte eigentlich gar kein Banker werden. Sein Vater drängte ihn aber dazu.

Ambitionen im Bankgeschäft entwickelte Kopper erst, als er 1957 als Trainee nach New York ging. Nach der Rückkehr begann sein Aufstieg bei der Deutschen Bank. 1977 rückte Kopper in deren Vorstand auf – eine Karriere mit Seltenheitswert.

Zwölf Jahre später berief der Aufsichtsrat Kopper dann zum Vorstandssprecher der Deutschen Bank; sein Vorgänger Alfred Herrhausen war im November 1989 von Terroristen der linksextremen RAF ermordet worden.

Er verteidigte das Investmentbanking

Kopper führte nicht nur die Boni für Banker ein, sondern setzte die von Herrhausen angestoßene Internationalisierung der Bank in die Praxis um – ein entscheidender Schritt für Deutschlands führendes Geldhaus. Durch diverse Übernahmen trieb Kopper den Ausbau des Investmentbankings voran: der Gewinnmaschine, die sich Jahre später, in der Finanzkrise 2007/2008, als teures Risiko entpuppen sollte.

Boni-Exzesse und Milliardenstrafen brachten ein ganzes Geschäftsfeld in Misskredit. Inzwischen hat die Deutsche Bank die Sparte eingedampft. Zum Investmentbanking zählen der Handel mit Wertpapieren und Devisen sowie die Betreuung von Firmenübernahmen, Fusionen und Börsengängen.

Noch vergangenes Jahr verteidigte er dieses Geschäftsfeld. "Wir brauchten das unbedingt, Investmentbanking war für uns ein Lebenselixier", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. "Wir hatten in Deutschland im Geschäft mit großen Firmen gar keine Chance mehr, ohne das Investmentbanking zu beherrschen. Die gingen alle zu den Amerikanern."

"Peanuts" wurde zum "Unwort des Jahres"

In seiner Zeit als Vorstandschef der Deutschen Bank fiel auch die legendäre "Peanuts"-Äußerung. "Peanuts" wurde zum "Unwort des Jahres" 1994, die Jury rügte: "Eine derartige abschätzige Bewertung von Geldsummen, von denen Durchschnittsbürger und -bürgerinnen nur träumen können, ist in Finanzkreisen leider gar nicht so selten."

Später nahm Kopper diese Äußerung selbstironisch. So ließ er sich für die "FAZ"-Werbekampagne "Dahinter steckt immer ein kluger Kopf" auf einem Berg Erdnüsse ablichten. Und in einem "Spiegel"-Interview zwei Jahre später sagte er: "Ich hätte ein anspruchsvolleres Wort benutzen sollen, vielleicht wäre Coconuts besser gewesen."

Nach acht Jahren übergab Kopper den Chefposten im Mai 1997 an Rolf Breuer und wechselte an die Spitze des Deutsche-Bank-Aufsichtsrates. Dort blieb er bis 2002.

Zwischen 1990 und 2007 war Kopper zudem Chefaufseher des Autobauers Daimler. In seine Zeit fiel die Fusion von Daimler-Benz und Chrysler. Die unterbreitete ihm der damalige Autoboss Jürgen Schrempp 1998 persönlich bei einem Hausbesuch. Kopper stimmte zu und entkorkte zur Feier des Tages eine Flasche 1975er Château Lafite. Als Schrempps Pläne einer "Welt AG" platzten, verteidigte Kopper den Manager gegen Kritik.

Vom Ruheständler zum Aufsichtsratschef

Die Bundesländer Schleswig-Holstein und Hamburg aktivierten den Manager im Ruhestand wieder – und holten ihn im Juli 2009 an die Spitze des Aufsichtsrates ihrer taumelnden Landesbank HSH Nordbank. Kopper wollte die Bank nach eigener Aussage "wieder zu einem funktionierenden Kreditinstitut" machen. Bei einer Bank ohne Zukunft hätte er nie angeheuert, betonte er: "Niemand braucht die WestLB" – wieder eines dieser deutlichen Kopper-Worte.

Doch Kopper fremdelte speziell mit den Grünen, die zu Beginn seiner Amtszeit bei der HSH in Hamburg und zum Ende in Schleswig-Holstein in den jeweiligen Landesregierungen saßen. Im Februar 2013 gab Kopper den HSH-Aufsichtsratsvorsitz vorzeitig ab. Die HSH in ihrer damaligen Form ist mittlerweile Geschichte.

Kopper lobte Umbau der Deutschen Bank

Seinem langjährigen Arbeitgeber, der Deutschen Bank, blieb Kopper jedoch noch bis zu seinem Tod verbunden. Das Kreditinstitut, das jahrelang in einer Verlustserie steckte, befindet sich seit 2019 in einem tiefgreifenden Umbau. So fallen Hunderte Filialen der Postbank-Tochter als auch der Deutschen Bank selbst weg – und mit ihnen Tausende Jobs.

Den Umbau lobte Kopper noch vergangenes Jahr als "außerordentlich", wie er dem "Spiegel" sagte. "Ein solcher Umbau ist immer schmerzhaft – und das muss schnell gehen. Sie müssen relativ hart vorgehen."

Aber er traue das dem jetzigen Konzernchef Christian Sewing zu. Sewing wiederum lobte den verstorbenen Kopper als "Vorbild für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter". Er habe das Geldhaus "strategisch geprägt".

"Die ganze Welt läuft dem Geld hinterher"

Kopper, der aus armen Hause stammte, entwickelte sich zu einem knallharten Banker, der Milliarden verantwortete, zur Leitfigur der Deutschland AG. Selbstreflektiert, wie er war, sagte Kopper dem "Spiegel" vor zehn Jahren, in seiner Zeit als Banker habe er Illusionen verloren.

"Ich habe früher gedacht, die Welt würde von der Liebe geprägt", sagte er. "Sorry, aber das ist Quatsch. Sie wird vom Geld geprägt. Geld, Geiz, Gier – das sind die drei großen Konstanten. Diese ganze Nation, die ganze Welt läuft letztlich dem Geld hinterher."

Bemerkenswert deutliche Worte für einen Mann, der sein ganzes Leben an diesem System mitarbeitete.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Mitteilung der Deutschen Bank
  • Der Spiegel: "Investmentbanking war unser Lebenselixier"
  • Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Der erste Banker"
  • Der Spiegel: "Ex-Deutsche-Bank-Chef fordert schärfere Regulierung"
  • Der Spiegel: ""Mr. Peanuts" hängt an der Macht"
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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