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Midterm-Wahlen in den USA: Das sagen Ökonomen zur Kongresswahl


Midterms
Das sagen Ökonomen zur US-Kongresswahl

dpa, rtr, Rene Wagner, Daniela Pegna, Claudia Müller

Aktualisiert am 07.11.2018Lesedauer: 5 Min.
Frankfurter Wertpapierbörse: Der Dax steigt nach den Zwischenwahlen in den USA:Vergrößern des Bildes
Frankfurter Wertpapierbörse: Der Dax steigt nach den Zwischenwahlen in den USA: (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)

Die Kongresswahlen in den USA haben auch Folgen für die Wirtschaft. Die Börse reagiert auf die Ergebnisse zunächst positiv, Wirtschaftsexperten sind uneinig.

Bei den Kongresswahlen in den USA haben die Republikaner die Kontrolle über das Repräsentantenhaus verloren. Zugleich baute die Partei von Präsident Donald Trump aber ihre Mehrheit im Senat, der zweiten Kammer des Kongresses, aus.

Aktienmarkt reagiert positiv auf Wahlen

Der deutsche Aktienmarkt ist nach den Wahlen freundlich gestartet. Der Dax gewann im frühen Handel 0,46 Prozent auf 11.537,02 Punkte. Der MDax stieg um 0,29 Prozent auf 24.272,31 Zähler und auf europäischer Bühne legte der Leitindex EuroStoxx 50 um 0,69 Prozent auf 3.229,67 Punkte zu.

Das sagen Experten zu den Kongresswahlen

"Der Erfolg der Demokraten wird Trump das Leben schwerer machen. Und er legt nahe, dass die Wähler mit seiner Regierung nicht allzu glücklich sind", sagte Experte David Madden von CMC Markets. Auch andere Ökonomen äußerten sich am Mittwoch zu den wirtschaftlichen Folgen:

Christiane von Berg, BayernLB:

"Das Wahlergebnis hat neue fiskalpolitische Impulse in den kommenden zwei Jahren unwahrscheinlich gemacht. Zwar gibt es kleinere, gemeinsame politische Anliegen, deren Umfang sollte aber nicht groß genug sein, um unser Konjunkturbild zu ändern. Daher dürfte der Impuls der letzten Steuerreform die US-Wirtschaft noch bis zum Frühjahr 2019 tragen, danach sollte jedoch die Konjunkturdynamik an Fahrt verlieren.

Durch die Reform wurden in erster Linie Investitionen und Konsumausgaben vorgezogen, es deutet aber wenig auf nachhaltig höhere Investitionen hin, die das Potenzialwachstum der US-Wirtschaft steigern. Eine erhöhte Unsicherheit um die US-Politik dürfte bleiben. Zum einen steigt mit einem gespaltenen Kongress die Wahrscheinlichkeit für hitzige Budgetverhandlungen und die Gefahr eines Regierungsstillstands. Zum anderen ändert sich die Handels- und Außenpolitik der USA nicht, da diese allein vom Präsidenten gestaltet wird."

Clemens Fuest, Ifo-Präsident:

"Es wird ungemütlich für Trump, aber Verbesserungen für Europa im Streit über Zölle und Militärausgaben erwarte ich nicht. Die demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus hat meines Erachtens drei Konsequenzen. Erstens wird Trump weitere Steuersenkungen, die er plant, nicht durchsetzen können. Zweitens muss im März 2019 die Obergrenze für die Staatschulden erhöht werden. Die Demokraten könnten dafür Maßnahmen zum Abbau des Budgetdefizits verlangen, also eventuell Steuererhöhungen. All das bedeutet, dass der schuldenfinanzierte Boom in den USA schneller enden könnte als bislang erwartet. Drittens werden die Demokraten Trump mit Untersuchungsausschüssen unter Druck setzen, eventuell sogar ein Verfahren zur Amtsenthebung einleiten. Wirklich stürzen können sie den Präsidenten nicht, weil die Republikaner den Senat beherrschen.

Prinzipiell wären die Demokraten wie Trump daran interessiert, ein Investitionsprogramm für die US-Infrastruktur auf den Weg zu bringen. Das könnte ein gemeinsames Projekt sein. Aber einen solchen Erfolg werden die Demokraten Trump kaum gönnen, deshalb wird das wohl nichts. In der Handelspolitik wird sich wenig ändern. Viele Demokraten sind eher protektionistisch orientiert. Es kann sogar sein, dass Trump gegenüber Europa und China noch aggressiver wird, um davon abzulenken, dass er innenpolitisch unter Druck gerät und nicht mehr viel bewegen kann."

Thomas Meißner, LBBW:

"Trump dürfte von nun an das Regieren deutlich schwerer gemacht werden. Seine fiskalpolitische Agenda mit Steuersenkungen und erhöhten Ausgaben für Rüstung und eine Mauer gegenüber Mexiko wird kaum in der gesehenen Form weiterlaufen können. Im Gegenteil: Es droht für die kommenden zwei Jahre durchaus einmal mehr Stillstand, nicht nur im übertragenen Sinn, sondern auch ganz wörtlich. Ein 'Government Shutdown' könnte wieder Wirklichkeit werden, wenn die Demokraten bei den anstehenden Haushaltsberatungen auf stur stellen. Die Republikaner im Parlament wiederum könnten entweder versuchen, sich von Trump abzusetzen oder sich noch enger um ihn scharen."

Thomas Altmann, QC Partners:

"Die Börsen sollten mit diesem Wahlergebnis ganz gut leben können. Eine weitere Steuerreform dürfte damit zwar vom Tisch sein. Dafür wird Donald Trump zumindest innenpolitisch berechenbarer. Auf den Handelsstreit mit China hat das Ergebnis keine unmittelbaren Auswirkungen. Hier kann Donald Trump ohne den Kongress handeln und verhandeln."

Holger Schmieding, Chefvolkswirt Berenberg Bank:

"Das Ergebnis ist ein klares Unentschieden ohne große Folgen für die amerikanische Wirtschaftspolitik oder für Finanzmärkte. Da die beiden Häuser des Kongresses sich gegenseitig blockieren, läuft es auf eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners hinaus. Große Initiativen dürfte es nicht geben. Die großen Probleme des Landes – Gesundheitswesen, Medicare und das ausufernde Staatsdefizit – wird dieser Kongress kaum angehen. Harte Entscheidungen wird es nicht geben. Höchstens kann es einige Initiativen von Trump gemeinsam mit den Demokraten geben, die über ein Infrastrukturprogramm auf ein noch höheres Staatsdefizit hinauslaufen.

In der Außen- und Handelspolitik ändert sich nichts. Trump rechtfertigt seinen Protektionismus mit sicherheitspolitischen Argumenten. Dort kann ihn der Kongress kaum einhegen. In der Politik gegenüber Europa ändert sich wohl nichts. Das Unentschieden erlaubt keine Rückschlüsse auf die Präsidentenwahl 2021. Trump kann seine Wirtschaftspolitik fortführen mit einigen weiteren Deregulierungen."

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank:

"Da große Überraschungen ausblieben, nimmt man den Wahlausgang an den Finanzmärkten gelassen. Deutliche Kursreaktionen sind bislang nicht auszumachen. Der Euro kann gegenüber dem US-Dollar leichte Zugewinne verbuchen. US-Staatstitel notieren ebenfalls etwas im Plus.

Die Demokraten werden nun versuchen, das Leben des Präsidenten so schwer wie möglich zu machen. Viele Gesetze bedürfen der Zustimmung beider Häuser des Kongresses. So ungern Donald Trump Kompromisse eingeht, spätestens bei der Verabschiedung neuer Haushaltsgesetze braucht er die Zustimmung der Demokraten. Die laxe Finanzpolitik des US-Präsidenten kann von den Demokraten ausgeschlachtet werden. Aber auch neue Untersuchungsausschüsse können den Chef des Weißen Hauses in Bedrängnis bringen. Es brechen also ungemütlichere Zeiten in der Regierungszentrale an."

Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank:

"Für uns bedeutet das Wahlergebnis kein Aufatmen im Handelskonflikt mit den USA. Wenn Trump künftig innenpolitisch weniger frei agieren kann, dann ist es nicht ausgeschlossen, dass er im Bereich der Außenwirtschaftspolitik - wo er weitgehend freie Hand hat - umso entschiedener auftritt. So kann er die geringer gewordenen Handlungsoptionen in der Innenpolitik ausgleichen. Die Risiken für Deutschland und Europa im Handelskonflikt haben nicht abgenommen, sie sind sogar eher etwas gestiegen.

Ich rate dazu, Trump den Wind aus den Segeln zu nehmen. Dazu muss die EU bereit sein, Zölle deutlich zu senken. So könnten die Autozölle auf das niedrige amerikanische Niveau gedrückt werden. Auch könnten die Nato-Verpflichtungen, wonach zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgegeben werden sollten, erfüllt werden. Das wäre ein wichtiges Signal, um Trump den Wind aus den Segeln zu nehmen."

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Nächste wichtige Themen

Nach den Midterms rückt als nächstes Thema bereits die US-Notenbank in den Fokus, die – anders als sonst – erst am Donnerstag über ihre weitere Geldpolitik informieren wird. Wesentlich Neues wird jedoch nicht erwartet. Vielmehr gilt eine weitere Zinsanhebung im Dezember als wahrscheinlich.

Außerdem dürfte alles, was mit dem von Trump geführten Handelsstreit mit China zu tun hat, die Märkte bewegen und auch das hoch verschuldete Italien mit seiner Haushaltspolitik bleibt ein wichtiges Thema.

Verwendete Quellen
  • dpa
  • Reuters
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