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Neue Lockdowns: Chinas Omikron-Strategie gefährdet uns alle


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Neue Lockdowns
Chinas Omikron-Strategie gefährdet uns alle

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

18.01.2022Lesedauer: 3 Min.
Zahlreiche Fahrgäste mit Mund-Nasen-Schutz warten am Südbahnhof in Peking auf ihren Zug (Symbolbild): China meldet neue Corona-Rekorde – und fährt einen harten Kurs.Vergrößern des Bildes
Zahlreiche Fahrgäste mit Mund-Nasen-Schutz warten am Südbahnhof in Peking auf ihren Zug (Symbolbild): China meldet neue Corona-Rekorde – und fährt einen harten Kurs. (Quelle: Ng Han Guan/ap)

China ist jetzt von der hochansteckenden Omikron-Variante betroffen. Das Land reagiert mit harten Lockdowns – und gefährdet die Erholung der gesamten Weltwirtschaft.

Im November war es die "Sansibar", Ende Dezember musste der "Club Rotes Kliff" dichtmachen, im Januar folgten einige Restaurants der Kette "Gosch". In diesem Winter zeigt die Insel Sylt im Kleinen, was die besonders ansteckende Omikron-Variante des Coronavirus anrichten kann: Weil sich Beschäftigte infizieren oder in Quarantäne müssen, bleibt der Laden zu.

Es wird kein Geschäft gemacht, kein Geld verdient, Kapazitäten liegen brach. Das Schicksal der nordfriesischen Insel bewegt vor allen anderen die eingefleischten Fans – doch dieselbe Geschichte im Großen hat das Zeug, die Weltwirtschaft ins Straucheln zu bringen. Weil Omikron sich auch auf dem chinesischen Festland einzunisten droht, tritt die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt auf die Bremse.

Konzerne hatten neue Hoffnung geschöpft

Nach einem Jahr des Missvergnügens hatten die Großunternehmen in den USA und Europa gehofft, dass sich nun die Lieferengpässe auflösen, die Energiepreise sinken, und die Weltwirtschaft in ihren normalen Takt zurückfinden würde.

China als der wichtigste Produzent von Industrieprodukten und Mikrochips würde wieder pünktlich liefern. Rund ein Drittel der Welt-Industrieproduktion stammt mittlerweile aus dem staatskapitalistischen Land. Läuft es hier gut, schöpft der Rest der Welt Hoffnung.

Chinas Impfstoff hilft nicht gegen Omikron

Es könnte sein, dass die westlichen Partner ihre Geschäftspläne schon bald umschreiben müssen. Auch wenn sie selbst mit dem Omikron-Virus weniger Probleme haben als mit der vorherigen, besonders gefährlichen Delta-Variante: In China ist es umgekehrt.

Denn im Gegensatz zu den westlichen Volkswirtschaften, in denen die Impfung Infektionen meist verhindert, wenigstens aber vor einem schweren Verlauf schützt, trifft Omikron in China auf eine weitgehend ungeschützte Bevölkerung.

Der chinesische Impfstoff ist zu schwach, die Geimpften haben in aller Regel auch nach dreimaliger Impfung zu wenig Antikörper, um eine Infektion zu vermeiden (mehr dazu lesen Sie hier).

Häfen könnten bald wieder schließen

Die Folge: Wird ein neuer Corona-Fall entdeckt – das Land erreicht in dieser Woche mit mehr als 220 neuen Fällen am Montag den höchsten Stand seit März 2020 – werden Fabriken rigoros geschlossen, Stadtviertel abgesperrt und Verkehrswege unterbrochen. Gelingt es in den nächsten Tagen nicht, die Verbreitung von Omikron zu stoppen, wird es wohl wieder zu großen Lockdowns kommen.

Dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch die ersten Häfen die Arbeit wieder einstellen. Schon jetzt sind Industriegüter aus China im Durchschnitt mehr als 100 Tage unterwegs, bis sie an der amerikanischen Westküste ausgeladen werden. Vor Corona schafften die Container-Schiffe die Routen in geschmeidigen 50 Tagen.

Analysten erwarten weniger Wachstum

Die chinesische Wirtschaft wird von dem Bremsmanöver besonders betroffen sein. 20 Millionen Chinesen mussten in den vergangenen Tagen in den Lockdown, Corona-Ausbrüche werden in den wichtigsten Wirtschaftszentren des Landes gemeldet, unter anderem in Peking, Shanghai, Shenzhen.

Die ersten Regionen warnen ihre Bürger vor den traditionellen Heimreisen zur Familie zum chinesischen Neujahrsfest Ende Januar, die Konsumenten halten sich in Erwartung einer noch tieferen Krise zurück.

Analysten amerikanischer Investmenthäuser haben die Wachstumsaussichten für das Land in den vergangenen Tagen deutlich zurückgenommen: von knapp fünf Prozent auf etwas mehr als vier Prozent. Die Regierung selbst rechnet für dieses Jahr mit 5,6 Prozent.

Für China ist das erbärmlich wenig. Wie alarmiert die politische Führung von den mageren Aussichten ist, zeigt die überraschende Leitzinssenkung vom gestrigen Montag. Sie soll Wirtschaft und Konsumenten befeuern, neue Kredite aufzunehmen und Investitionen zu planen.

Für die Weltwirtschaft bedeutet das nichts Gutes

Sylt hatte Glück. Omikron traf die Touristeninsel im traditionell geschäftsschwachen Januar, in dem ohnehin viele Restaurants schließen, um die Gasträume zu renovieren.

Auch das ist in China anders. Sollte das Virus dort Fuß fassen, ist der Februar am stärksten betroffen – der Monat, in dem die Volkswirtschaft nach dem Neujahrsfest eigentlich alle Rückstände aufholen wollte, die im vergangenen Jahr entstanden sind.

Für die Weltwirtschaft bedeutet das nichts anderes als neue Risiken, fortgesetzte Lieferengpässe, möglicherweise noch höhere Preise.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Ihr neuer Bestseller heißt: Die Kanzlerin. Porträt einer Epoche. Sie können ihn jetzt bestellen.

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