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Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Unzulässige Gebühren Einige Banken werden dieses Urteil nicht überleben
Bisher teilten viele Geldhäuser ihren Kunden einfach mit, dass ihr Konto teurer wird. Das ist vorbei. Banken müssen sich nun einer Disziplin widmen, die ihnen gar nicht liegt: Kunden für sich gewinnen.
Sie können einem schon fast leidtun. Viele Banken, Sparkassen und Raiffeisenbanken verdienen kaum noch Geld. Das Aufbewahren und Verleihen von Geld wirft nichts mehr ab, für den Kauf und den Verkauf von Anlagen vertrauen die Anleger immer öfter anderen Anbietern. Und jetzt auch noch das.
In der vergangenen Woche hat der Bundesgerichtshof ihnen verboten, die allgemeinen Geschäftsbedingungen einfach per Mitteilung an die Kunden zu ändern. Preiserhöhungen dürfen nicht mehr verfügt werden – das Unternehmen muss seine Kunden davon überzeugen und um ihr ausdrückliches Einverständnis bitten.
Das bedeutet: Die Banken müssen sich künftig einer Disziplin widmen, die ihnen gar nicht liegt. Sie müssen ihre Kunden wieder für sich gewinnen. Einige Geldhäuser werden das nicht überleben. Denn jetzt trocknet womöglich eins der letzten Labsale der Privatkunden-Banken aus. Das sind die immer ausgebuffteren Gebühren, die sie für die Kontoführung und Dienstleistungen rund um das Girokonto erheben.
Banken wurden bei Gebühren zuletzt sehr kreativ
Weil die Kunden sie entweder zähneknirschend hinnehmen, sich nur gelegentlich darüber ärgern, oder sie gar nicht erst bemerken, konnten sie in den vergangenen Jahren ein fantasievolles Eigenleben entwickeln: Verwahrgebühren für Geldbeträge zum Beispiel. Kostenpflichtige Belege für Überweisungen. Vielleicht auch einfach nur Partnergebühren für die Kreditkarte, oder eine Extra-Rechnung bei Bargeldeinzahlung. Dienstleistungen, die es bislang kostenlos gab, sind nach und nach zu teuren Extras geworden.
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Das funktionierte vor allem deshalb, weil die Geldhäuser ihren Kunden bisher nur mitteilten, dass neue Gebühren fällig werden. Nach dem Motto "Wer nicht widerspricht, ist einverstanden" setzten sie die neuen Konditionen durch.
Das geht so nicht mehr. Für Privatkunden ist das eine gute Nachricht. Sie können nun sogar einen Teil ihrer Kontogebühren zurückfordern, wenn die Hausbank nicht ausdrücklich gebeten darum hat, den neuen Geschäftsbedingungen zuzustimmen. Im Einzelfall kommen dreistellige Summen zusammen, haben die Verbraucherverbände ausgerechnet. Lesen Sie hier, wie Sie sich zu viel gezahlte Bankgebühren erstatten lassen.
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Banken könnten wichtigen Geschäftszweig verlieren
Für die Banken dagegen ist die Botschaft aus zwei Gründen schlimm. Zum einen müssen sie unter Umständen viel Geld zurückzahlen, vor allem dann, wenn sie ein starkes Privatkundengeschäft haben. Zum anderen aber können sie sich nicht mehr darauf verlassen, auch in Zukunft von der Bequemlichkeit der langjährigen Kunden zu profitieren. Wer nämlich einer Veränderung zustimmen muss, kündigt im Anschluss den Vertrag öfter.
Damit gerät der Geschäftszweig in Gefahr, der im Augenblick der Strohhalm ist, an den sich die Privatkunden-Banken klammern. Während Firmen wie die Deutsche Bank im vergangenen Jahr im Investmentbanking ordentlich verdient haben, profitieren Sparkassen und Genossenschaftsbanken von diesem Geschäft kaum.
Sie brauchen die Gebühren und Provisionen aus dem Privatkundengeschäft mit den meist älteren Kunden. Dieser Posten macht insgesamt, so berichtet die Bundesbank, inzwischen mehr als ein Viertel der Erträge der deutschen Banken aus – je mehr Privatkunden die Bank hat, desto höher der Anteil.
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Dass der Bundesgerichtshof die Sache nun deutlich gebremst hat, ist vernünftig. Denn nun müssen sich diese Banken endlich um ihre Kunden kümmern. Sie müssen ausrechnen, wie viele Filialen sie sich leisten können, und welche Mitarbeiter sie noch brauchen. Sie müssen echte Leistungen wie faire Beratung, personengebundene Dienstleistungen und ordentliche Betreuung entwickeln.
Viele Banken können das schon heute. Sie werden ihre Kunden eher behalten als solche, die sich bisher darauf verlassen haben, dass der Brief von der Bank einen ähnlichen Rang hat wie der vom Finanzamt. Man zahlt und schweigt.
Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Gemeinsam mit t-online und der Leibniz-Gemeinschaft produziert sie den Podcast .