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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Methoden im Vergleich Welche Wärmedämmung ist die beste?
Wer die Wärmeverluste in seinem Haus verringern möchte, sollte nicht blind Handwerker-Empfehlungen oder den Tipps von Nachbarn folgen. Wie Sie die passende Dämmtechnik finden und wann sie überhaupt sinnvoll ist.
Inhaltsverzeichnis
Vor der Winterkälte noch schnell dämmen: Im Spätsommer und Herbst sind die Briefkästen wieder voll mit den Angebotsflyern der Baumärkte – und häufig preisen sie darin ihre Wärmedämmsysteme an. Mittlerweile werden Heimwerkern aber nicht nur dicke Rollen Mineralwolle für die Dachdämmung, sondern auch sogenannte Wärmedämmverbundsysteme für die Fassadendämmung angeboten. Im Vergleich zur Komplettverarbeitung durch einen Handwerker-Profi ist das natürlich konkurrenzlos günstig. Aber ist es auch sinnvoll?
Do-it-yourself mag für Sparfüchse eine attraktive Alternative zur Beauftragung eines Fachbetriebs sein. Aber kaum eine Dämmvariante ist in Eigenregie risikolos umsetzbar. Denn der falsche oder unsachgemäße Einbau einer Wärmedämmung, gerade an schwierigen Stellen wie Wand- oder Dachanschlüssen, Balkonen, Fensterlaibungen oder Öffnungen für Rohre und Leitungen, kann durch Kondenswasser und Schimmel zu Bauschäden führen. Übersehene Kältebrücken können den Dämmeffekt zunichtemachen. Eine Nachbesserung oder gar der Neuaufbau der Dämmung machen so ein Vorhaben dann endgültig zum Geldgrab.
Methode, Material und Macher sind erfolgsentscheidend
Eine Dämmmaßnahme ist, vereinfacht ausgedrückt, dann sinnvoll, wenn sie vier Kriterien erfüllt: Sie muss erstens technisch machbar sein, zweitens effizient Energie einsparen, drittens ökologisch möglichst unbedenklich sein und viertens nicht zuletzt so kalkuliert, dass sich die Kosten in einem annehmbaren Zeitraum durch die Energieersparnis amortisieren.
Das Problem: Es gibt geschätzt 200 verschiedene Dämmmaterialien; allein für die nachträgliche Wärmedämmung von Altbauten sind rund 80 Verfahren im Einsatz. Ohne fundiertes Hintergrundwissen, handwerkliche Praxiserfahrung und realistische Kalkulation ist es sehr schwer, die richtige Lösung für ein einzelnes Objekt auszumachen.
Die verschiedenen denkbaren Maßnahmen zur Wärmedämmung müssen dafür auf jedes Gebäude individuell zugeschnitten werden, ausgehend von dessen baulichem Zustand und den Ansprüchen der Bewohner. Es hilft also, zumindest fachkundigen Rat hinzuzuziehen und sich schon vor Beginn der Wärmedämmmaßnahme über verschiedene Methoden, Materialien und Kosten zu informieren. So vorbereitet führen auch die Gespräche mit Handwerksfirmen oder Energieberatern eher zum Erfolg.
Eine erste Orientierung bietet unser Überblick über verschiedene Dämmtechniken für Wände, Decken und Dach (siehe Tabelle am Ende des Artikels). Einen Austausch alter Fenster oder der – oft besonders wirtschaftliche – Umstieg auf eine moderne Heizungsanlage bleiben hier unberücksichtigt. Nur so viel: Heizung und Fenster sollten passend zum bereits gedämmten Gebäude ausgewählt werden, sonst ist die Heizung womöglich überdimensioniert oder die neuen Fenster schützen besser vor Kälte als die sie umgebenden Wände – was neue Probleme mit Kondenswasser verursacht.
Methoden: Außen-, Innen- und Kerndämmung
Um die Wärmeverluste in Gebäuden zu senken, kommen grundsätzlich drei verschiedene Methoden infrage. Generell ist die Außen- von der Innendämmung zu unterscheiden, zudem gibt es noch die Kerndämmung, auch Einblasdämmung genannt. Jede Methode bietet Vor- und Nachteile.
Außendämmung
Geht es um die Dämmung von Fassade oder am Dach, ist bauphysikalisch eine Außendämmung zu bevorzugen, bei der Dämmstoff auf Außenwänden oder Dachstuhl des Gebäudes angebracht wird. Der Grund: Die Kälte dringt erst gar nicht in dem Umfang in das Gebäude ein, vielmehr kann das Mauerwerk die Innenraumwärme aufnehmen und länger halten. Voraussetzung ist allerdings, dass von außen keine Nässe eindringen kann. Eine komplette und fachgerechte Versiegelung der Außenhülle, eine sogenannte Wetterschutzschicht, ist daher ein Muss.
Eine Außendämmung bietet sich vor allem für Dach und Fassade an, ist aber kostspielig. Je nach Dämmmaterial, Dämmstoffdicke, baulichen Voraussetzungen und Einbauaufwand durch einen Handwerksbetrieb liegen die Kosten pro Quadratmeter in einer Bandbreite von 60 bis 160 Euro pro Quadratmeter gedämmter Fläche. Als wirtschaftlich gilt sie in der Regel nur, wenn Dach oder Fassade ohnehin sanierungsbedürftig sind, denn dann sind beispielsweise Gerüst oder die Abdeckung des Dachs sowieso unumgänglich. Dann müssen sich nur die zusätzlichen Kosten der Dämmmaßnahmen über die Energieersparnis amortisieren.
Oft aber ist eine Außendämmung nicht möglich oder nicht gewünscht, etwa weil das Gebäude unter Denkmalschutz steht, die schöne Klinkerfassade verdeckt würde oder das Dach die Außenwand nicht weit genug überragt, um eine möglicherweise dicke Dämmstoffschicht abzudecken.
Innendämmung
Dann bleibt oft nur die Innendämmung der Außenwände beziehungsweise der oberen Geschossdecke oder des Dachs. Beim Dach ist noch eine Zwischensparrendämmung möglich, die ebenfalls von innen erfolgt. Die Innendämmung von kalten Außenwänden hat aber zwei wesentliche Nachteile: die Dämmschicht verkleinert den Wohnraum und der Taupunkt wandert weiter in das Gebäudeinnere. Somit besteht bei unsachgemäßer Anbringung das Risiko, dass unterhalb der Dämmschicht warme feuchte Luft auf das kalte Mauerwerk trifft und sich Kondenswasser bildet. Da sie technisch anspruchsvoll ist, sollte einen Innendämmung nur durch Fachbetriebe durchgeführt werden, da ansonsten Bauschäden drohen. Zudem stellt eine Innendämmung höhere Anforderungen an das Dämmmaterial und macht das Vorhaben verhältnismäßig teuer. Im Durchschnitt kostet sie 200 Euro und mehr pro Quadratmeter.
Kerndämmung
Eine dritte Methode füllt sozusagen die Lücke zwischen Außen- und Innendämmung: die Kerndämmung. Dabei werden Flocken eines Dämmstoffs durch Bohrungen in Hohlräume geblasen, weshalb auch von einer Einblasdämmung gesprochen wird. Diese Methode bietet sich prinzipiell überall da an, wo Hohlräume im Gebäude sind. Ideal ist diese Technik für Außenwände in zweischaligem Aufbau, bei denen im Abstand von einigen Zentimetern zur tragenden Außenmauer eine zweite Außenwand, meist aus Klinkersteinen, die eigentliche Fassade bildet.
Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen 20 und 30 Prozent der Altbauten in Deutschland für diese Technik geeignet sind. Die Vorteile: Kalte Luft kann nicht mehr in der Außenwand zirkulieren, die verwendeten Dämmstoffe wie Zellulose oder Holzfasern sind umweltfreundlich und günstig. Zudem ist diese Dämmung durch den geringen Arbeitsaufwand schnell erledigt, vergleichsweise preiswert und amortisiert sich über die eingesparte Energie deutlich schneller als Außen- oder Innendämmung. Der Nachteil: Dämmwerte wie bei einer Außendämmung der Fassade sind wegen der geringeren Dämmstoffdicke kaum erreichbar.
Christoph von Stein, Inhaber der Schöne alte Häuser GmbH, hat sich mit seiner Firma auf Einblasdämmung in Dächern, Geschossdecken und zweischaligem Mauerwerk spezialisiert. "Gerade im Altbau ist die Dämmung im Einblasverfahren mit Kosten von 20 bis 40 Euro pro Quadratmeter die kostengünstigste Methode, weil wir die Bauteile nicht aufreißen, sondern über kleine Öffnungen minimalinvasiv die passenden Dämmstoffe einbringen", sagt von Stein.
Systematisch zur passenden Dämmmethode
Arnold Drewer hat 30 Jahre praktische Erfahrung in der Wärmedämmung von Altbauten. Der Geschäftsführer des Instituts für preisoptimierte energetische Gebäudemodernisierung (IpeG), das sich auf Entwicklung, Verbreitung und fachliche Ausbildung effektiver und wirtschaftlicher Dämmtechniken spezialisiert hat, hält nur wenige grundsätzliche Überlegungen und Maßnahmen für nötig, um die richtige Dämmtechnik im Einzelfall zu finden.
Im ersten Schritt geht es darum Hohlschichten und Hohlräume zu identifizieren, da sie immer Luft- und damit Wärmeaustausch ermöglichen. "Hohlräume machen eine außenliegende Dämmung unwirksam", weiß Drewer aus Erfahrung. "Eine Hohlschichtendämmung durch Einblasen eines geeigneten Dämmstoffs ist bis zum Faktor zehn günstiger als andere Dämmverfahren", ist er überzeugt. Hohlschichten fänden sich etwa in Wänden, in zweischaligen Außenmauern, in Fußböden, oberen Geschossdecken, Flach- und Giebeldächern, nicht gedämmten Drempeln am Dachüberstand oder auch zwischen Reihenhäusern.
Das Verfüllen von Hohlräumen bietet sich auch für eine vergleichsweise kleine, aber oft sehr wirksame Maßnahme an: die Dämmung der obersten Geschossdecke. Sie ist inzwischen laut Energieeinsparverordnung (EnEV) sogar vorgeschrieben, wenn das Dach ungedämmt ist und der Wohnraum darunter mindestens an vier Monaten im Jahr beheizt wird. Eine gedämmte oberste Geschossdecke begrenzt das zu beheizende Wohnraumvolumen und mindert die Wärmeverluste über den Dachboden erheblich.
"Allerdings haben wir im Betrieb die Erfahrung gemacht, dass ein Großteil der Dämmungen von obersten Geschossdecken falsch durchgeführt werden", sagt von Stein. So sei es in Altbauten typisch, dass zwischen den Balken der Geschossdecke Hohlräume blieben, in denen kalte Außenluft zirkulieren kann. Würden diese Hohlräume nicht fachgerecht mit Dämmstoff gefüllt, brächte auch eine dicke Dämmschicht auf der Geschossdecke nichts, weil die Wärme der darunter liegenden Wohnräume durch die durchlüfteten Hohlräume abgeführt werde, bevor sie die Dämmschicht überhaupt erreiche. Die Verfüllung aller Hohlräume bezeichnet von Stein als die "tief hängenden Früchte" für Altbaubesitzer mit Dämmabsichten.
Der richtige Dämmstoff
Im nächsten Schritt müsste der geeignete Dämmstoff gefunden werden. "Es gibt keinen Universaldämmstoff", erklärt Drewer. Die Wahl müsse daher aufgrund der baulichen Gegebenheiten und des gewünschten Dämmeffektes erfolgen. "Vakuumpaneele sind beispielsweise 500-mal teurer als Zellulose, aber mit nur ein bis zwei Zentimetern Dicke hocheffizient und geeignet, bei sehr beengten Verhältnissen Probleme zu lösen." Als Faustregel gilt, je mehr Platz die Dämmung einnehmen darf, umso günstiger und dafür dicker kann der Dämmstoff sein.
Hinsichtlich des Einspareffekts ist bei Dämmstoffen der Wärmedurchgangskoeffizient, der sogenannte U-Wert entscheidend. Er gibt den Energiebedarf an, der für ein Bauteil nötig ist, um einen Temperaturunterschied von einem Grad zwischen beiden Seiten des Dämmstoffs aufrecht zu erhalten. Der U-Wert wird in Watt pro Quadratmeter und Kelvin (W/m²K) angegeben. Je niedriger der U-Wert eines Dämmstoffs ist, umso besser verhindert er also Wärmeverluste und umso weniger muss geheizt werden.
Da, wo die EnEV eine Dämmung bei Sanierung vorschreibt, soll ein U-Wert von 0,24 W/m²K für das Bauteil erreicht werden. Das bedeutet zum Beispiel für eine einschalige Außenwand, die ohne Dämmung einen U-Wert von 0,87 W/m²K hat, dass zum Erreichen dieses Ziels eine Wärmedämmverbundsystem mit 14 Zentimeter dicken Polystyrolplatten mit einem U-Wert von 0,032 W/m²K angebracht und anschließend dünn verputzt werden muss. Dann sinkt nach IpeG-Angaben der Heizenergiebedarf um 60 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr und es werden in typischen Ein- und Mehrfamilienhäusern 16 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter und Jahr eingespart. Allerdings ist solch eine Maßnahme mit durchschnittlich 100 Euro pro Quadratmeter schon recht teuer und mit eingesparten Energiekosten von nur 4,40 Euro pro Quadratmeter und Jahr wirtschaftlich nur dann auch attraktiv, wenn die Fassade ohnehin saniert werden muss.
Benjamin Weismann vom Energieberaterverband GIH, in dem sowohl Handwerker als auch Ingenieure und Architekten organisiert sind, gibt keinem Dämmstoff pauschal den Vorzug, eine Energieberatung sei unbedingt produktneutral und unabhängig. Entscheidend ist vielmehr, dass der Dämmstoff zum Einsatzzweck passt und beispielsweise Kondenswasserbildung hemmt.
Styropor und ökologische Dämmstoffe
Das weit verbreitete und vielfach kritisierte Polystyrol, auch unter dem Produktnamen Styropor bekannt, werde vor allem von kostensensiblen Sanierern nachgefragt. "Polystyrol ist 15 bis 20 Prozent günstiger als andere konventionelle Dämmstoffe und brandsicher, wenn es verputzt wird. Für die jetzt erhältlichen Dämmplatten ist auch die Entsorgung geregelt, so dass die Befürchtung, es müsse als Sondermüll entsorgt werden, unbegründet ist", erklärt Weismann.
Ökologische Dämmstoffe würden zwar immer stärker nachgefragt, blieben aber bislang noch ein Nischenprodukt. Öko-Dämmstoffe aus Pflanzen- oder Holzfasern punkten zwar durch die Verwendung nachwachsender Rohstoffe und umweltfreundliche Entsorgung, haben aber schlechtere Dämmeigenschaften und sollten dann entsprechend dicker ausfallen. Zudem erfordern sie teilweise chemische Zusätze, um die Entflammbarkeit herabzusetzen oder die Feuchtigkeitsregulierung zu verbessern. Das Angebot ist aber so groß, dass jeder Sanierer gemäß seinen Vorlieben, Prioritäten und für den gewünschten Einsatzzweck fündig wird.
Wichtig sei allerdings auch die Qualität des gewählten Dämmstoffs. "Generell habe ich bei geprüften Dämmstoffen aus deutscher Herstellung keine Bauchschmerzen. Aber wir stellen fest, dass gerade im Onlinehandel vermehrt ungeprüfte Dämmstoffe minderer Qualität aus dem Ausland angeboten werden. Verbraucher sollten hier vorsichtig sein", rät Weismann.
Drewer rät dazu, beim Dämmstoff nicht zu sparen, denn richtig angebracht könne eine Dämmschicht durchaus 50 bis 60 Jahre lang halten. Es sei also möglicherweise eine Entscheidung für die restliche Lebensdauer eines Gebäudes. "Da die verwendeten Dämmstoffe oft nur ein Fünftel der Gesamtkosten ausmachen, lohnt es sich, gleich das am besten geeignete Material ausreichend dick zu verbauen, damit sich die Dämmung über die Energieersparnis schneller amortisiert", lautet Drewers Rat.
coremedia:///cap/blob/content/86525944#dataDieser Text erscheint in Kooperation mit der WirtschaftsWoche www.wiwo.de und wurde erstmals am 12. November 2019 veröffentlicht.
Von einer Umsetzung in Eigenregie rät auch Weismann Hausbesitzern dringend ab, höchstens die Dämmung der Kellerdecke sei für Laien mit handwerklichem Geschick und Fachwissen relativ problemlos machbar. Die fachgerechten Umsetzung sei eine Herausforderung. "Sofern eine staatliche Förderung durch die KfW gewünscht ist, ist derzeit noch ein Energieberater für Planung und Bestätigung der Dämmmaßnahme für die Hauseigentümer Pflicht. Auch die Baubegleitung können Energieberater übernehmen. Sie wird derzeit sogar zu 50 Prozent gefördert", sagt Weismann. "Aber wenn keine staatliche Förderung im Spiel ist, fehlt meist die Kontrolle durch einen unabhängigen Fachmann."
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Wärmedämmung zählt also durchaus zu den fehleranfälligen Bauvorhaben. Die häufigsten Fehler bei der Wärmedämmung sind laut Drewer die Verwendung ungeeigneter Dämmstoffe, etwa teure, "überqualifizierte" Dämmstoffe für die obere Geschossdecke, die fehlende Verfüllung von Hohlräumen und die Dämmung unbeheizten Wohnraums, zum Beispiel eine Dämmung des kompletten Dachs trotz eines unbeheizten und nicht begehbaren Spitzbodens über der obersten Geschossdecke. Das aber ist weder wirtschaftlich noch umweltfreundlich.
Tabelle: Dämmstoffe im Vergleich
Weiterführender Link auf wiwo.de:
Die Bundesregierung will Wohnhäuser klimaneutral machen. Dafür subventioniert sie das Sanieren von Altbauten. Dämmen lohnt sich für Eigentümer jedoch nur, wenn sie ein paar entscheidende Punkte beachten. Weiterlesen auf wiwo.de (Bezahlangebot)