Fed, Delta, Lieferprobleme Dieser Mann wird kommende Woche für Anleger wichtig
Vierte Coronawelle, Lieferprobleme und ein möglicher Richtungswechsel der Fed: Die Aktienmärkte erlebten eine turbulente Woche – und die könnte sich fortsetzen. t-online erklärt, was kommende Woche wichtig wird.
Für aufmerksame Anleger häuften sich in der vergangenen Woche die Nachrichten. Die Delta-Variante breitet sich weiter aus, die Lieferketten geraten durch Infektionen und Bahnstreiks unter Druck, gleichzeitig verunsichert ein möglicher Richtungswechsel der US-Notenbank die Anleger. Protokolle der Fed legen nahe, dass diese bald ihre lockere Geldpolitik beenden könnten, indem sie ihre Anleihekäufe zurückfährt. Diese Geldpolitik der Fed hatte bislang für massenhafte Liquidität auf den Aktienmärkten gesorgt und so die jüngsten Rekorde an den Börsen beflügelt.
Für Anleger könnten diese Entwicklungen entscheidende Folgen haben. t-online erklärt die vergangene Börsenwoche und zeigt auf, was die kommende Woche für Anleger und den deutschen Leitindex Dax bringt.
Wie hat sich der Dax diese Woche entwickelt?
Der Dax konnte in dieser Woche seinen Aufwärtstrend nicht fortsetzen. Erklomm der deutsche Leitindex vergangene Woche mit über 16.000 Punkten noch ein neues Rekordhoch, verließ die Anleger der Optimismus in dieser Woche.
Am Freitag schloss der Dax nach einer schwachen Woche mit einem ganz leichten Plus von 0,27 Prozent bei 15.808,04 Punkten. Auf Wochensicht hat der Dax so insgesamt aber gut ein Prozent verloren. Der MDax legte um 0,15 Prozent auf 35 662,35 Punkte zu.
Händler und Analysten verwiesen zur Begründung für die Schwäche der vergangenen Tage auf eine künftig restriktivere Geldpolitik in den USA, steigende Corona-Infektionszahlen und Hinweise auf eine konjunkturelle Eintrübung.
Rahmenbedingungen haben sich weltweit gedreht
"Die Rahmenbedingungen für die Börse haben sich in den vergangenen Tagen um Einiges verschlechtert", resümierte Analyst Jochen Stanzl vom Handelshaus CMC Markets. Die US-Notenbank habe den Anlegern am Mittwoch vor Augen geführt, dass sie die Märkte nicht endlos mit Liquidität versorgen wird. Und die Delta-Variante des Coronavirus habe "dunkle Wolken am zuvor strahlend blauen Börsenhimmel" aufziehen lassen.
Auch die amerikanischen Börsen spürten die Verunsicherung der Anleger. Auf Wochensicht schloss der S&P 500 <US78378X107> mit 0,6 Prozent im Minus, der Dow Jones sogar mit 1,1 Prozent und der Nasdaq mit 0,7 Prozent.
Welche Aktien waren besonders betroffen?
Unter der schwachen Woche hatte in Deutschland besonders die Automobilbranche zu leiden. Die Volkswagen-Vorzugsaktie verlor innerhalb von fünf Tagen knapp sieben Prozent an Wert, die Aktie des Autobauers BMW sackte ebenfalls um sieben Prozent ab und Daimler schloss mit einem Minus von acht Prozent die Woche ab.
Hintergrund ist der weltweite Halbleitermangel und eine Hiobsbotschaft des japanischen Autobauers Toyota, die auch bei anderen Unternehmen für Schrecken gesorgt haben dürfte. Mitte der Woche wurde bekannt, dass die Japaner 40 Prozent weniger Autos im September produzieren würde, als bisher geplant. Hintergrund sei der Mangel an Halbleitern.
Die deutsche Autobauer betrifft der Materialmangel ebenfalls. So kündigte Volkswagen diese Woche für sein Stammwerk in Wolfsburg Kurzarbeit auf allen Werkslinien nach der Sommerpause an, auch die Tochter Audi werde 10.000 Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken.
Viel gehandelt: Die Varta-Aktie
Ebenfalls viel Trubel gab es um die Varta-Aktie : Das Papier des Batterieherstellers war eine der meistgehandelten Aktien der Woche an der Börse Stuttgart. Die Aktie hat turbulente Wochen hinter sich. Nach den Quartalszahlen vorletzte Woche am Freitag, 13. August, musste Varta schwere Verluste bei seinem Aktienkurs hinnehmen – diese konnte die Aktie in der vergangenen Woche nun zum Teil wieder einholen. Dennoch steht der aktuelle Kurs immer noch knapp 17 Prozent unter dem Wert vor den Quartalszahlen.
Die Aktie der Telekom < DE0005557508> konnte in der vergangenen Woche mit 18,91 Euro pro Schein sogar ein Mehrjahreshoch erreichen. Besonders das US-Geschäft beschert dem Telekommunikationsunternehmen aus Bonn ein großes Wachstum. Zeitgleich könnte sich das US-Geschäft aber auch zum Sorgenkind der Telekom entwickeln. Denn: T-Mobile US ist in das Visier der US-Behörden geraten. Die US-Telekomaufsicht untersucht ein Datenleck bei der US-Tochter, von dem knapp 47 Millionen Kunden betroffen sein. Diese Nachricht beendete den Höhenflug, die Aktie endete am Freitag bei 18,81 Euro.
Interesse an Biontech und Curevac bleibt hoch
Weiterhin war an der Börse Stuttgart auch das Interesse an dem Impfaktien hoch – obwohl es auch hier kurz nach den fantastischen Quartalszahlen für Biontech nach einem Höhenflug abwärts ging. Auch Moderna verlor kurz nach dem Quartalsbericht an Momentum. Dennoch verzeichnet die Börse Stuttgart für Biontech in der vergangenen Woche ein großes Handelsvolumen, aktuell steht das Papier aber immer noch rund 15 Prozent leichter bei rund 300 Euro.
Auch Curevac wurde an der Börse Stuttgart viel gehandelt, auf die Quartalszahlen reagierte die Aktie hier aber kaum. Besonders überraschend sind die Prognosen einiger Experten für den Impfhersteller, der in der Pandemie bisher weit hinter den Erwartungen der Anleger zurückblieb. Analysten der Privatbank Berenberg belassen ihr Kursziel für die Aktie bei 123 Euro. Aktuell notiert CureVac bei rund 54 Euro. Legt man das Kursziel von Berenberg zu Grunde, sehen die Analysten ein Kurspotenzial von fast 130 Prozent.
Was wird kommende Woche an den Aktienmärkten wichtig?
Mit einer plötzlicher Rückkehr der Rekordjagt sollten Anleger in der kommenden Woche nicht rechnen. Vielmehr dürfte weiterhin eine Kultur der Vorsicht und des Abwartens herrschen – zumindest solange bis die Fed klare Verhältnisse schafft. Mit Spannung dürften Anleger daher in der neuen Woche auf den kleinen Ort Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming schauen.
Dort treffen sich ab Donnerstag führende Notenbanker zum jährlichen geldpolitischen Austausch und Ausblick, am Freitagnachmittag (Ortszeit) spricht Fed-Chef Jerome Powell zur Konjunkturentwicklung. "Gerne haben US-Notenbankchefs diese Konferenz zum Anlass genommen, um eine Wende in ihrer Geldpolitik anzukündigen", schreibt Volkswirt Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank.
Die Hoffnung der Marktakteure bei diesem Treffen: Klarheit über den Zeitplan der Fed, wann diese ihre extrem lockere Geldpolitik zurückfährt – hierbei dürfte vor allem die Geschwindigkeit entscheidend sein. Kommt ein sanfter Ausstieg oder eher eine Hauruck-Methode? Im Dezember könnte die Notenbank mit einer Reduzierung der Anleihekäufe beginnen und diese in den kommenden zehn bis zwölf Monaten fortführen. "Mit einem derartigen Vorgehen dürfte es der Fed gelingen, eine sanfte Wende einzuleiten, statt mit einer Powerhalse erneute Turbulenzen an den Märkten zu riskieren", so Analyst de la Rubia.
EZB könnte Anleihekäufe zurückfahren
Die Entscheidung der Fed ist auch für europäische Anleger wichtig. Zum einen dürfte ein Wandel der US-Geldpolitik den Aktienmarkt weltweit beeinflussen, zum anderen hat die renommierte Notenbank eine Signalwirkung. Experten rechnen damit, dass auch die Europäische Zentralbank (EZB) auf die Entwicklungen der Fed reagieren wird, Anfang September steht hier der nächste Zinsentscheid an.
Dass die Notenbank der Eurozone an der Zinsschraube dreht, ist unwahrscheinlich. Doch gut möglich ist, dass auch sie die Anleihekäufe zurückfährt und so der Entscheidung der Fed folgt. Das könnte mittelfristig die Luft aus dem Aktienmarkt nehmen.
Lieferketten unter Druck
Hinzu kommen steigende Corona-Infektionszahlen in vielen Teilen der Welt. Hierzulande steigt die Sieben-Tage-Inzidenz ebenfalls rasch. "Auch in Deutschland wird der Ruf nach einer dritten Impfung immer lauter. Die sich aufbauende vierte Infektionswelle wird sich damit aber kaum stoppen lassen", prognostiziert der Volkswirt Christoph Weil von der Commerzbank.
Die steigenden Ansteckungszahlen belasteten die wirtschaftlichen Perspektiven. Besonders bleibt abzuwarten, wie lange das Hafenterminal von Ningbo, dem drittwichtigsten Hafen der Welt, noch geschlossen bleibt. Dort war vorige Woche ein Corona-Ausbruch gemeldet worden, die chinesischen Behörden machten ein Terminal daraufhin dicht.
Experten warnen davor, dass die durcheinandergewirbelten Lieferketten noch weiter unter Druck geraten – was den wirtschaftlichen Aufschwung lähmen könnte. Lieferengpässe und stark steigende Kosten für Logistik, Vorprodukte und Rohstoffe bremsten zudem die industrielle Produktion.
Bahnstreik verschärft Lieferengpässe
Schon jetzt berichtet ein Großteil der Unternehmen der deutschen Industrie, dass sie unter den Lieferengpässen und dem damit verbundenen Preisanstiegen leiden. Bei einer Umfrage der DIHK gaben 83 Prozent an, Probleme in diesen Bereichen zu haben. In manchen Branchen wie dem Baugewerbe waren es sogar 94 Prozent der befragten Unternehmen.
Der Streik der Deutschen Bahn verschärft diese Lage weiter, davor warnt etwa der Verband der Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME). Seit Samstag steht ein Großteil des Güterverkehrs still. Die Lokführer bestreiken den Güter- sowie den Personenverkehr noch bis Mittwoch, 2 Uhr nachts. "Das dürften früher oder später auch die Verbraucher spüren, etwa beim Bau oder dem Autokauf", sagte der Leiter der Verbandssektion Logistik, Carsten Knauer. Ähnlich hatte sich bereits Ende der Woche der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) geäußert.
Diese Probleme werden sich wahrscheinlich auch beim Blick auf das Ifo-Institut erhobene Geschäftsklima für Deutschland spiegeln. Auch die steigenden Corona-Daten dürften die Konjunkturagenda beeinflussen.
Delivery Hero bis Fielmann: Diese Quartalszahlen kommen
Zudem warten noch die Bilanzen einiger Nachzügler in der kommenden Woche auf die Anleger. Am Mittwoch präsentiert etwa der deutsche Autovermieter Sixt seine Zahlen. Für Anleger, die auch international investieren, dürfte zudem der Bericht des chinesischen Elektronikherstellers Xiaomi interessant sein. Das Unternehmen produziert von der Smartwatch bis zum Staubsauger bis zum Top-Smartphone alles an Elektronik und ist seit Mitte des Jahres sogar der größte Smartphonehersteller der Welt.
Am Donnerstag folgen zudem die Zahlen des Lieferdienst-Betreibers Delivery Hero, der mit seinen Bericht beweisen kann, ob der Dax-Nachzügler tatsächlich würdig ist, in der ersten Liga mitzuspielen. Auch der Brillenhersteller Fielmann stellt zudem seine Zahlen vor, ebenso wie die US-Modemarke GAP, die vor Kurzem beschlossen hat, sich aus dem europäischen Markt zurückzuziehen.
Mit dem Ticketvermarkter CTS Eventim, dem Arzneihersteller Dermapharm (beide am Dienstag) und dem Immobilienkonzern Aroundtown (am Mittwoch) legen zudem noch ein paar kleinere Firmen ihre Zahlen vor.
- Eigene Recherche
- Mit Material der Börse Stuttgart
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters
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