Gewerkschaft kritisiert scharf Continental plant Verkauf und möchte sich verkleinern

Reifenhersteller Continental will zu seinem ursprünglichen Kerngeschäft zurückkehren. Die Anleger scheint die Ankündigung zu freuen.
Der vor der Aufspaltung stehende Autozulieferer und Reifenhersteller Continental, kurz Conti, will sich nun auch noch von seiner Kunststofftechniksparte Contitech trennen. Der Vorstand habe in einer Grundsatzentscheidung die Verselbstständigung des Unternehmensbereichs Contitech beschlossen, teilte der Konzern aus Hannover mit. Über die genaue Ausgestaltung soll erst später entschieden werden. Nach aktuellem Stand sehe Continental einen Verkauf als wahrscheinlichste Option an. Die Conti-Aktie zog am Dienstag deutlich an.
Das Papier lag um den Mittag mit einem Plus von vier Prozent auf 61,12 Euro in der Dax-Spitzengruppe. Europaweit kamen Autohersteller und -zulieferer gemessen am Branchenindex Stoxx Europe 600 Automobiles & Parts dagegen kaum vom Fleck. Auch die Conti-Aktie hatte in den vergangenen Wochen unter den US-Zöllen von Präsident Donald Trump gelitten und war von über 70 Euro auf wenig mehr als 55 Euro abgerutscht.
Verkauf für 2026 angepeilt
Continental plant bereits die Abspaltung seiner Autozuliefersparte, die als eigenständiges Unternehmen via reinem Spin-off an die Börse kommen soll – also als abgespaltener Konzernteil, um gezieltes Anlegen zu vereinfachen und der Unternehmenssparte mehr Freiheit zu geben. Wenn die Aktionäre Ende April zustimmen, soll der Börsengang der Sparte unter neuem Namen im September erfolgen.
Ein möglicher Verkauf von Contitech solle erst danach erfolgen, hieß es. Vorbehaltlich notwendiger Beschlüsse könnte eine Verselbstständigung im Laufe des Jahres 2026 erfolgen. Einen Spin-off schließt das Unternehmen hier derzeit aus – mit dem Verkauf der Sparte soll also Geld ins Haus der zukünftigen Rest-Conti kommen. Bei Conti verbleiben soll nach dem Verkauf nur noch das angestammte Reifengeschäft. Der Zulieferer werde damit wieder ein "fokussiertes globales Reifenunternehmen", hieß es in der Mitteilung.
Ziel: Drittgrößter Reifenhersteller der Welt
Für den Konzern bedeutet das eine massive Schrumpfkur: Auf das verbleibende Reifengeschäft entfiel 2024 nur ein Drittel des Konzernumsatzes, 57.000 der insgesamt rund 190.000 Mitarbeiter sind hier beschäftigt. Reifenchef Christian Kötz sah in einer Pressekonferenz am Dienstag Chancen, dass Contis Reifengeschäft auch ohne Zukäufe vom viert- zum drittgrößten Reifenanbieter weltweit aufsteigen könne. Er wolle sich aber auch nach sinnvollen Zukäufen umsehen.
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Continental hatte bisher bereits geplant, diejenigen Teile von Contitech, die an die Autoindustrie liefern, zu verkaufen. Daran will der Konzern festhalten und danach auch das verbleibende Industriegeschäft abgeben. Hierzu will der Konzern Finanzchef Olaf Schick zufolge sowohl mit strategischen Partnern sprechen als auch mit Finanzinvestoren.
Contitech beschäftigt den Angaben zufolge rund 39.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2024 einen Umsatz in Höhe von rund 6,4 Milliarden Euro. Damit entfiel knapp ein Sechstel des Konzernumsatzes und jeder fünfte Beschäftigte auf die Sparte. Die Sparte liefert unter anderem Schläuche, Antriebsriemen und Förderbänder für die Industrie.
Gewerkschaften kritisieren Pläne
Die Gewerkschaften IG Metall und IG Bergbau, Chemie, Energie (BCE) übten scharfe Kritik an den Plänen. "Die Trennung von Contitech in diesen Zeiten weltwirtschaftlicher Unsicherheit ist sozial unverantwortlich, ökonomisch waghalsig und technologisch unsinnig", kritisierte Francesco Grioli, Mitglied des geschäftsführenden IGBCE-Hauptvorstands.
Grioli forderte eine langfristige Beschäftigungs- und Standortsicherung sowie eine Investitionsoffensive für Contitech. Der bisher vereinbarte Kündigungsverzicht bis Ende 2026 reiche nicht aus. "Ohne eine deutliche Ausweitung dieser Garantien und eine verlässliche Beschäftigungssicherung werden wir dieser Abspaltung nicht zustimmen." Auch IG-Metall-Chefin Christiane Benner forderte für die Mitarbeiter "belastbare Zusagen für ihre Arbeitsplätze".
Abspaltung während Cornoa
Conti sei in den vergangenen Jahrzehnten durch Zukäufe stark gewachsen, sagte Vorstandschef Nikolai Setzer. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt für eine tiefgreifende Neuaufstellung. "Wir schaffen drei starke, unabhängige Champions, die ihr volles Wachstums- und Wertschaffungspotenzial als selbstständige Unternehmen entfalten werden."
Conti hatte 1871 zunächst mit Pferdeschuhen und Reifen begonnen, damals noch für Kutschen und Fahrräder. Später kamen Autoreifen hinzu. Durch mehrere Übernahmen wie 2007 die von VDO wuchs Conti schließlich zum drittgrößten Autozulieferer der Welt. 2021 hatte Conti bereits die Antriebssparte Vitesco abgespalten.
- Nachrichtenagentur dpa