Hiobsbotschaft aus den USA Er hat jetzt ein Problem
Eigentlich wollte der IT-Gigant Intel in Sachsen-Anhalt möglichst bald eine Chipfabrik bauen. Doch die Pläne sind nun vorerst gestoppt, wie der Konzern mitteilte.
Die Hiobsbotschaft für das Land Sachsen-Anhalt kam am frühen Montagabend. Da wurde bekannt, dass der IT-Gigant Intel seine Projekte in Deutschland bis auf Weiteres stoppen will. "Unsere Projekte in Polen und Deutschland werden wir aufgrund der erwarteten Marktnachfrage für etwa zwei Jahre pausieren", erklärte Konzernchef Pat Gelsinger nach Börsenschluss in New York. "Vor Kurzem haben wir unsere Kapazitäten in Europa durch unsere Produktionsstätte in Irland erhöht, die auf absehbare Zeit unser wichtigstes europäisches Drehkreuz bleiben wird."
Der Investitionsstopp gilt besonders für den Standort Magdeburg, wo Intel eigentlich noch in diesem Jahr mit dem Bau einer großen Chipfabrik beginnen wollte – und mit der Schaffung von 3.000 Arbeitsplätzen und entsprechender Infrastruktur in Sachsen-Anhalt. Der riesige, "Megafab" genannte Produktionskomplex sollte die heimische Chip-Produktion unabhängiger von Lieferungen aus Asien machen. Doch daraus wird nun vorerst nichts.
Der Konzern gab auch weitere Maßnahmen wie einen Verkauf von Immobilien bekannt. Die Ankündigungen sind Teil eines Sparkurses, den Intel ausgerufen hat. Intel befindet sich derzeit in einer schwierigen Situation, denn es handelt sich um einen hart umkämpften Markt.
Gekämpft wird nach dem Bekanntwerden der Intel-Maßnahmen auch innerhalb der Bundesregierung. Denn die hatte dem Unternehmen bereits bis zu zehn Milliarden Euro Subventionen zugesagt, sollte es sich tatsächlich in der Nähe von Magdeburg ansiedeln. Nun streitet man in der Ampel offenbar um die Verwendung der frei gewordenen Gelder. Finanzminister Christian Lindner (FDP) will die zunächst nicht benötigten Subventionen nutzen, um die Löcher im Haushalt zu stopfen. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will genau dies verhindern und die Mittel im Klimafonds KTF halten.
Habeck: Geld zum "Wohle unseres Landes einsetzen"
"Alle nicht für Intel benötigten Mittel müssen zur Reduzierung offener Finanzfragen im Bundeshaushalt reserviert werden", schrieb Lindner im Kurznachrichtendienst X. "Alles andere wäre keine verantwortungsbewusste Politik." Im Haushaltsentwurf für 2025 klafft eine Lücke von zwölf Milliarden Euro, von der die Regierung bisher nicht konkret weiß, wie sie geschlossen werden soll. Die Ampel setzt darauf, dass weniger Mittel abfließen als eigentlich geplant sind. Für Intel waren Regierungskreisen zufolge in diesem Jahr vier Milliarden der insgesamt zehn Milliarden Euro vorgesehen.
Robert Habeck hat offenbar andere Vorstellungen, was mit dem ursprünglich für die Intel-Ansiedlung vorgesehenen Geld passieren soll. "Wir werden jetzt gemeinsam beraten, wie wir mit nicht genutzten Mitteln sinnvoll und sorgsam umgehen und sie zum Wohle des Landes einsetzen", sagte er.
Im Umfeld seines Ministeriums hieß es, die Gelder müssten im KTF bleiben und könnten nicht für den Kernhaushalt verwendet werden. Aus dem KTF werden zahlreiche Klimaprojekte finanziert, die für die Grünen besonders wichtig sind. Nach einem Urteil des Verfassungsgerichts vom vergangenen Jahr wurden dort 60 Milliarden Euro gestrichen. Seitdem ringt die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP noch härter ums Geld.
Haseloff: "Plan B brauchen wir nicht"
Bitter ist die Nachricht aus den USA auch für das Bundesland Sachsen-Anhalt. Noch im August hatte sich dessen Ministerpräsident Rainer Haseloff beim Spatenstich für eine der Zufahrtsstraßen zu dem Gelände, auf dem die Fabrik entstehen sollte, zuversichtlich gezeigt, dass der Bau der Fabrik planmäßig startet. Eine erste Baugenehmigung für die Fabriken in Magdeburg war vor einigen Wochen bereits erteilt worden. Dem war eine mehrmonatige Prüfung eines rund 2.000-seitigen Bauantrages und eines Anhörungsverfahrens von Verbänden und Kommunen vorausgegangen.
Doch schon damals hatte es erste Krisensignale aus der Intel-Firmenzentrale gegeben. Die Bilanzzahlen waren zuletzt schlecht. Intel-Boss Pat Gelsinger verordnete seinem Unternehmen daraufhin den Rotstift. Demnach muss der Halbleiter-Konzern mindestens zehn Milliarden Dollar sparen und 15 Prozent der weltweit 125.000 Stellen streichen.
Haseloff zeigte sich dennoch optimistisch, dass das Gelände am Standort Magdeburg auch in dem Fall, dass Intel abspringen sollte, seine Abnehmer findet. "Einen Plan B brauchen wir nicht. So ein Filetstück würden auch Unternehmen aus anderen Branchen nirgendwo anders finden", sagte der Ministerpräsident noch im August laut MDR.
Nun übte sich sein Wirtschaftsminister in Zweckoptimismus. "Intel hält, wenn auch mit einer zeitlichen Verzögerung, weiter an dem Projekt fest. Das ist für uns alle eine wichtige Nachricht", sagte Sven Schulze (CDU). "Die Nachricht kommt für uns nicht völlig überraschend, wir waren in den vergangenen Wochen in einem engen Austausch mit Intel."
Intel hat den Boom bei Künstlicher Intelligenz (KI) verschlafen. Dem Konzern mit Sitz in Santa Clara in Kalifornien fehlt es an konkurrenzfähigen Hochleistungschips für diese rechenintensiven Anwendungen. Gleichzeitig schwindet die Nachfrage nach klassischen Prozessoren. Während Erzrivale AMD mit diversen Übernahmen zum Angriff auf den Weltmarktführer Nvidia bläst, muss Intel nun jede sechste Stelle streichen.
- tagesschau.de: Intel legt Pläne für Werk in Magdeburg auf Eis
- mdr.de: Intel-Fabrik bei Magdeburg: Neue Zufahrtsstraße sorgt für Ärger
- Nachrichtenagenturen dpa und Reuters